"Die CDU wird mit ihrer Liste für eine Überraschung gut sein"
Die Stadt an den Fluss bringen, Kinderbetreuung ausbauen, Schulen sanieren und den Mittelstand stärken. Das sind die Prioritäten der CDU bei der Kommunalwahl.

Von Sarah Hinney
Heidelberg. Die Atempause für die Heidelberger Kommunalpolitik ist kurz. Nach der Oberbürgermeisterwahl im vergangenen Herbst folgt schon die Gemeinderatswahl am 9. Juni 2024. Wie bereiten sich die Parteien und Wählerinitiativen darauf vor? Wie weit sind sie mit der Aufstellung der Listen und mit ihren Programmen? Die Stadtredaktion hat sich bei den Kreisvorsitzenden und Vorständen umgehört. Den Treffpunkt durften die Interviewten selbst aussuchen.
Hintergrund
> Kommunalwahl 2019:
15 Prozent
> Sitze im Gemeinderat:
7 von 48 (bis 2019: 10)
> Fraktionschefin:
Nicole Marmé
> Weitere Stadträte:
Werner Pfisterer, Martin Ehrbar, Thomas Barth, Jan
> Kommunalwahl 2019:
15 Prozent
> Sitze im Gemeinderat:
7 von 48 (bis 2019: 10)
> Fraktionschefin:
Nicole Marmé
> Weitere Stadträte:
Werner Pfisterer, Martin Ehrbar, Thomas Barth, Jan Gradel, Matthias Kutsch, Otto Wickenhäuser
Alexander Föhr (CDU) traf die RNZ an der MS Wissenschaft, die vergangene Woche am Neckarufer Station machte. Föhr war seit 2014 Stadtrat in Heidelberg, seit 2015 Kreisvorsitzender der CDU Heidelberg und ist Mitglied im Bezirksvorstand der CDU Nordbaden. Seit 1. März ist er Mitglied im Deutschen Bundestag.
Herr Föhr, warum haben Sie sich für diesen Treffpunkt entschieden?
Ich finde, das Schiff MS Wissenschaft verbindet zwei ganz wichtige Punkte für Heidelberg. Zum einen das Thema Wissenschaft, das prägend ist für die Stadt – allein schon durch das Aushängeschild Universität. Zum anderen ist es das Thema Fluss. Die Hälfte der Stadtteile Heidelbergs liegen am Neckar. Unser Anliegen als CDU ist es deshalb, das Ufer noch weiter erlebbar für die Menschen zu machen und den Fluss mehr ins Stadtgeschehen mit einzubeziehen. Man merkt auch, dass die Menschen danach dürsten.
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Wie möchten Sie das konkret angehen?
Wir haben ja schon viele kleine Dinge umgesetzt, die Schlierbacher Wasserschachtel an der Adlerüberfahrt etwa. Die CDU hat auch das Thema Liegewiese auf der anderen Seite in Ziegelhausen vorangetrieben. Beides wird stark genutzt. Gleichzeitig haben wir im Zentrum der Altstadt das Problem, dass das Verweilen am Fluss kaum möglich ist. Unser Wunsch, unser Ziel bleibt deshalb die Stadt am Fluss.
Also halten Sie an der Tunnel-Idee fest?
Wir sind überzeugt, dass der Tunnel die beste Lösung ist. Ich weiß, dass andere Fraktionen lieber längerfristig die Straße sperren möchten. Aber die Strecke ist eine wichtige Verbindungsstraße. Auch deshalb ist der Tunnel das große Ziel. Bis dahin wird es aber noch ein weiter Weg sein. Alles, was drumherum möglich ist, unterstützen wir. Warum nicht etwa eine Art Flussschwimmbad? Natürlich nicht mit Neckarwasser. Aber in Paris und Zürich gibt es beispielsweise Pontonlösungen. Wir müssen kreativ sein. Der Neckar ist ein Schatz, den müssen wir heben.
Welche weiteren Themen haben für die CDU Priorität?
Ganz weit oben steht Kinderbetreuung. Wir müssen es ermöglichen, dass Familien ihr Leben selbst gestalten können, und wir haben einen Arbeitskräftemangel. Interessant ist, dass in Deutschland deutlich mehr Frauen arbeiten als in Frankreich. Aber sie arbeiten kürzer. Und das liegt an der nicht ausreichenden Kinderbetreuung. Das ist für uns das Megathema. Wir benötigen verlässliche Zeiten, und die Betreuung muss wohnortnah sein.
Aber das Problem hierbei ist vor allem das fehlende Betreuungspersonal. Wie wollen Sie das lösen?
Wir müssen an das Thema Bezahlung ran. Es gibt Personal, aber die Menschen müssen von ihrem Beruf auch leben können. Zweites Riesenthema ist die Schulsanierung, wohlwissend, dass wir da auch als Stadt an unsere Grenzen bei Bau und Planung stoßen. Schulqualität, Schulsanierung und Kinderbetreuung sind ganz zentrale Bausteine für die Entwicklung der Stadt in den nächsten Jahren.
Warum ist bei den Schulsanierungen denn so lange nichts passiert?
Das stimmt so nicht, wir haben investiert, aber wir müssen schneller werden.
Welche Themen brennen der CDU noch unter den Nägeln?
Für uns steht das Thema Wirtschaft/Mittelstand in Heidelberg zu wenig im Fokus. Gewerbe und Mittelstand haben es schwer in der Stadt. Dabei ist die Gewerbesteuer unglaublich wichtig für die Leistungsfähigkeit des städtischen Haushalts. Wir leisten uns viel, und das ist auch gut so, aber dann müssen wir auch gucken, wo das Geld reinkommt.
Also auch neue Gewerbegebiete erschließen?
Wir wollen zuerst schauen, wo man in bestehenden Strukturen etwas machen kann. Ein Gewerbegebiet zum Beispiel neu strukturieren. Denn es geht immer auch darum, so wenig wie möglich Flächen zu versiegeln. Aber für uns ist auch ein neues Gewerbegebiet nicht ausgeschlossen. Und was der CDU ebenfalls stark am Herzen liegt, ist die Gestaltung des öffentlicher Raums.
Inwiefern?
Uns geht es dabei neben Sicherheit auch um Sauberkeit. Die Qualität einer Stadt und das Wohlbefinden der Bürger hängen ganz wesentlich davon ab, wie der öffentliche Raum gestaltet ist. Ob er gepflegt ist, ist dabei ganz entscheidend. Ich weiß, es wird viel gemacht, aber noch nicht genug. Wir müssen Wert darauf legen, dass wir dafür mehr Personal haben. Da spüre ich ein Grummeln in der Bürgerschaft. Durch die Konversionsflächen haben wir in der Vergangenheit viel Geld in neue Stadtteile investiert, etwa in die Bahnstadt und in die Südstadt. Bei alledem sind uns ein bisschen die alten Stadtteile aus dem Blick geraten. Für die CDU wird es daher in den nächsten fünf bis zehn Jahren auch ein Thema sein, zu schauen, was in den Stadtteilen liegen geblieben ist.
Im Moment haben Sie sieben Sitze im Gemeinderat, wie viele hätten Sie denn gern?
Wir wollen mehr. Es waren mal zehn, und natürlich möchten wir wieder in diese Richtung gehen.
Haben Sie da auch ein bisschen die Hoffnung, dass Sie von der schlechten Stimmung in der Ampel-Regierung profitieren?
Eins ist klar, dass sich Bundespolitik auf Kommunalpolitik auswirkt. Einerseits ist es dann schön, wenn wir von der schlechten Performance der Ampel profitieren. Andererseits sind wir auch Staatsbürger, und da muss man sagen, das ist momentan alles andere als erfreulich, was da politisch passiert. Das tut uns allen nicht gut.
Nun ist die CDU-Fraktion im Gemeinderat nicht sonderlich weiblich und auch nicht sonderlich jung. Wird sich das ändern?
Ohne zu viel zu verraten: Die CDU wird mit ihrer Liste für eine Überraschung gut sein, gerade auch beim Thema Frauen. Nicht mehr antreten werden Otto Wickenhäuser, Werner Pfisterer und ich aufgrund meines Bundestagsmandats.
Das sind wir gespannt.
Ja, wir planen, soweit möglich, Parität auf der Liste. Wir freuen uns über engagierte Frauen, die uns unterstützen möchten.
Wann geht der Wahlkampf der CDU los?
Die Nominierung wird Ende Oktober sein, zwei Wochen vorher kommt das Programm. Das wird kurz und knackig. Kein Mensch liest 40 Seiten. Ich gehe davon aus, dass der heiße Wahlkampf dann nach Fastnacht losgeht.
Auch wenn es uns in Heidelberg nicht so stark betrifft, Aussagen von CDU-Chef Friedrich Merz im ZDF-Sommerinterview zur Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene haben für heftige Diskussionen gesorgt. Was sagen Sie dazu?
Die AfD spielt in Heidelberg keine Rolle, das ist gut so und soll auch so bleiben. Und es ist selbstverständlich, dass es von der CDU null Zusammenarbeit mit der AfD gab und auch nicht geben wird.
Ganz aktuell hat sich die CDU gegen Windkraft auf dem Lammerskopf ausgesprochen. Wird Windkraft auch Wahlkampfthema sein?
Nein, es ging uns um diesen Standort im FFH-Schutzgebiet. Wir werden die nächste Diskussion in Dossenheim mit dem Weißen Stein erleben. Da werden wir uns neu damit befassen. Was uns aber auch wichtig ist, ist das Thema Fotovoltaik. Da sind wir in Heidelberg noch nicht weit genug. Wir sind davon überzeugt, dass wir bei diesem Thema in einer so sonnenreichen Stadt wie Heidelberg noch eine Schippe drauflegen können, und ich finde, auch das Land könnte das tun.
Stichwort Klima. Oberbürgermeister Eckart Würzner ist überzeugt davon, dass Heidelberg 2030 klimaneutral wird. Glauben Sie, dass das klappt?
Wir sollten dran glauben, und wir sollten uns anstrengen. Wenn wir knapp am Ziel vorbei schrammen, aber schon ganz viel Strecke zurückgelegt haben, dann ist das auch ein Erfolg. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir viele kleine Lösungen brauchen, etwa Flusswärmepumpen und eben Fotovoltaik, beispielsweise auf Supermarktparkplätzen. Wir haben viele Möglichkeiten und Potenziale und sollten versuchen, den Menschen die passgenauen anzubieten.