Die GAL will von den "Wechselbürgern" profitieren
Die Grün-Alternative Liste will beides: ökologischen Flächenerhalt und bezahlbares Wohnen.

Von Holger Buchwald
Heidelberg. Die Atempause für die Heidelberger Kommunalpolitik ist kurz. Nach der Oberbürgermeisterwahl im vergangenen Herbst folgt schon die Gemeinderatswahl am 9. Juni 2024. Wie bereiten sich die Parteien und Wählerinitiativen darauf vor?
Gerd Guntermann von der Grün-Alternativen Liste (GAL) erklärt die Schwerpunkte seiner Wählervereinigung. Der Rentner, der vor Kurzem seinen 71. Geburtstag feierte, ist Mitglied im Bezirksbeirat Altstadt und teilt sich den GAL-Vorstand mit Martina Weihrauch-Löffler und Ernest Kellner. Als Treffpunkt hat sich Guntermann die als Gewerbefläche ausgewiesene Streuobstwiese in der Nähe des S-Bahnhofs Pfaffengrund-Wieblingen ausgesucht.
Hintergrund
Die GAL im Gemeinderat
> Kommunalwahl 2019: 4,7 Prozent
> Sitze im Gemeinderat: 2 von 48
> Stadträte: Judith Marggraf (Fraktionsvorsitzende), Michael Pfeiffer
> In Fraktionsgemeinschaft mit den Freien Wählern
Die GAL im Gemeinderat
> Kommunalwahl 2019: 4,7 Prozent
> Sitze im Gemeinderat: 2 von 48
> Stadträte: Judith Marggraf (Fraktionsvorsitzende), Michael Pfeiffer
> In Fraktionsgemeinschaft mit den Freien Wählern (ein Stadtrat, Frank Beisel)
Herr Guntermann, warum treffen wir uns ausgerechnet hier?
Weil diese Streuobstwiese in der Mitte zwischen der Ochsenkopfwiese und den Wolfsgärten liegt, die beide durch bürgerschaftliches Engagement gerettet wurden, was die GAL sehr begrüßt. Bei den Wolfsgärten spielten sowohl ökologische Gründe eine Rolle, um eine Agrarfläche zu erhalten, wie auch soziale, denn sonst wäre dort das Ankunftszentrum für Flüchtlinge vom Patrick-Henry-Village hin verlagert worden, zwischen Bahngleise und Autobahn, fern vom Stadtzentrum, unzumutbar für die Bewohner.
Auch interessant
Und jetzt wollen Sie auch diese verwilderte Fläche hier neben dem S-Bahnhof retten?
Hier handelt es sich um eine ökologisch hochwertige Streuobstwiese. Die Stadt behauptet, dass das Haus auf dem ehemaligen Grundstück der Villa Nachttanz baufällig wäre, und will es zugunsten einer Neubebauung abreißen. Der Naturschutzbund hat aber alternative, fundierte Ideen für das Gelände. Das Gebäude könnte ökologisch als Naturschutzzentrum saniert werden. Die Streuobstwiese könnte erhalten bleiben und ein alternativer Baumarkt Platz finden. Für die GAL ist das sehr unterstützenswert.
Sind der Flächen- und Biotoperhalt also Ihr zentrales Thema im kommenden Wahlkampf?
Es ist eines der wichtigsten. Klimakrise und Zerstörung der Biodiversität sind die alles überschattenden Probleme der Zukunft, global wie lokal, es muss ihnen also auch auf Heidelberger Ebene begegnet werden. Die Böden sind wichtig für unseren Lebensunterhalt und dürfen nicht zerstört werden. Unser Ziel wäre unter anderem eine Schwammstadt Heidelberg, die das Wasser speichert – durch Sickerflächen, Regentonnen und Zisternen. Und wir brauchen eine Verpackungssteuer. Bei diesem Thema wünschte ich mir hier dasselbe Tempo wie in Tübingen.
Wofür setzen Sie sich sonst noch ein?
Bezahlbarer Wohnraum und sozialer Wohnungsbau haben für uns ebenfalls eine starke Vorrangstellung. Heidelberg ist eine der teuersten Städte. Da könnten wir uns einiges von Österreich abschauen. Wir brauchen hier einen grundlegenden Neuanfang mit Bürgerbeteiligung. Die letzte große Flächenchance Patrick-Henry-Village darf nicht vergeigt werden, wie das bei der Bahnstadt geschehen ist. Eine gerechtere Flächenaufteilung weg vom Auto- und hin zum Fuß- und Radverkehr und mehr Tempo bei der Schulsanierung liegen uns ebenfalls am Herzen.
Die GAL war auch immer eine der treibenden Kräfte, wenn es darum ging, die Zufahrt zur Heidelberger Altstadt mit Pollern zu beschränken.
Dafür wollen wir uns weiter einsetzen. Vor fünf Jahren wurde das Verkehrsberuhigungskonzept Altstadt mit einer mehrmonatigen Bürgerbeteiligung erarbeitet. Alle sprachen sich für die Poller aus, doch seither ist außer drei Hochsicherheitspollern nichts passiert. Und die sind noch meistens runtergefahren. Es ist für mich unverständlich, warum man nicht einfach das funktionierende Salzburger Konzept kopiert oder verbessert. Es ärgert mich, dass es in Heidelberg immer wieder schöne Ankündigungen von Projekten gibt, es aber dann an der Umsetzung hapert.
Zum Beispiel?
Ich denke da auch an den Ausbau der Radwege, den versprochenen Verkehrsversuch in der Mittermaierstraße und die Umsetzung des Sicherheitsaudits für eine Verbesserung der Verkehrssicherheit für Kinder. Ich denke aber auch an die Platz- und Fassadenbegrünung. Schauen Sie sich doch mal die Bahnstadt-Plätze oder den Marlene-Dietrich-Platz in der Südstadt an!
Vier Fünftel der aktuellen Legislaturperiode sind vorbei. Was waren ihre größten Erfolge?
Besonders hat mich gefreut, dass unsere Anträge auf eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung und zur Unterstützung von Balkonkraftwerken innerhalb von drei Monaten durchgegangen sind.
Wie sieht Ihr Zeitplan für den Kommunalwahlkampf aus?
Im Herbst klären wir bei einer Mitgliederversammlung, wer sich aufstellen lässt. Wir haben eine offene Liste und hoffen, viele engagierte Leute für die GAL zu gewinnen. Es gibt so viel bürgerschaftliches Engagement in der Stadt. Doch manchmal fehlt noch das Bewusstsein, dass dieses Engagement direkt in den Gemeinderat hineingetragen werden muss, um mehr zu bewegen. Es reicht nicht, nur außerparlamentarisch zu agieren.
Früher war die GAL der kommunalpolitische Arm der Grünen. Heute treten Sie als Konkurrenten gegeneinander an. Warum wird Ihre Wählervereinigung noch gebraucht?
Dass wir gebraucht werden, hat sich ja im OB-Wahlkampf gezeigt, als einige politisch engagierte Menschen aus dem Umfeld der GAL die Initiative der Wechselbürger initiiert und organisiert haben, und zwar recht erfolgreich, auch wenn es nicht zu einem Wechsel an der Stadtspitze gereicht hat. Wir hoffen, diesen Schwung mit in die Kommunalwahl zu nehmen.
Und was ist Ihr Wunschergebnis für die Wahl?
Wir haben ja aktuell nur zwei Sitze plus einen der Freien Wähler in der Fraktionsgemeinschaft. Jeder Zuwachs ist erstrebenswert. Mit mehr Leuten lässt sich mehr bewegen.