Heidelberg

Rückzug des Marriott-Hotels war nur eine Drohkulisse

Der Standort ist für Regional Vice President Lehnert sehr attraktiv. "Wenn ein Pferd tot ist, sollte man absteigen".

01.07.2021 UPDATE: 02.07.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 17 Sekunden
Zunächst war es das „Penta-Hotel“, heute das Marriott: Mit seinen 248 Zimmern und Suiten ist das Haus am Bergheimer Neckarufer für die internationale Kette ein attraktiver Standort – obwohl der geplante Neubau nebenan am Veto des Gemeinderates scheiterte. Foto: Philipp Rothe

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Enttäuscht zeigt sich Markus Lehnert darüber, dass der Gemeinderat den Neubau des Heidelberger Marriott-Hotels auf einer Teilfläche des Penta-Parks in Bergheim abgelehnt hat. Der 55-jährige Regional Vice President ist von Zürich aus für die Entwicklung der Marriott-Standorte in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika zuständig. Anders als vor Wochen angedroht, will sich die internationale Hotelkette nicht aus der Stadt zurückziehen. Ein Gespräch über verpasste Chancen, Drohkulissen und die Attraktivität Heidelbergs für Touristen.

Markus Lehnert. Foto: Marriott

Herr Lehnert, der Gemeinderat hat gegen die Erweiterung des Heidelberger Marriott gestimmt – hat Sie die Entscheidung überrascht?

Es gab ja schon einige Anzeichen, dass es in diese Richtung gehen wird. Das hat man in den letzten drei bis vier Wochen kommen sehen. Erstaunlich ist aber, dass nach so langer Zeit, in der an den Plänen gearbeitet wurde, und in der sie auch immer wieder verändert wurden, das Projekt am Ende doch nicht genehmigt wurde. Bis zuletzt hatten wir die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wir bauen dürfen.

Teilen Sie nicht die Meinung von Oberbürgermeister Würzner, dass der Heidelberger Hotelmarkt überhitzen könnte?

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Nein, ich teile sie nicht. Zumindest nicht durch das von uns geplante Residence Inn. Es war für Langzeitgäste gedacht. Und gerade für dieses Segment gibt es eine große Nachfrage. Es hat an unseren anderen Standorten während der Corona-Krise noch mit am besten funktioniert. Der Standort in Heidelberg, mit Blick auf den Neckar und der Nähe zum Campus, wäre für so ein ergänzendes, spezifisches Angebot ideal gewesen.

Was bedeutet die Gemeinderatsentscheidung nun für die Zukunft des Marriott in Heidelberg?

Das bestehende Marriott in Heidelberg ist ein existierendes Hotel, das seit vielen Jahren sehr erfolgreich am Markt ist. Daher wird es, so nehme ich an, auch bleiben. Durch die Entscheidung des Gemeinderates wurden wir aber um eine Chance gebracht, unser Portfolio in Heidelberg zu erweitern.

Projektentwickler Roland Ernst warnte davor, dass Marriott bei einer Ablehnung des Erweiterungsbaus auch den 2026 auslaufenden Pachtvertrag für das Bestandshotel möglicherweise nicht verlängern wolle.

Das ist eine etwas andere Thematik. Natürlich ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass man ein bestehendes Hotel nicht aufgibt, wenn nebenan etwas Neues mit einem Pachtvertrag für 20 Jahre gebaut wird. Aber wir wollen uns derzeit noch nicht festlegen, wie es nach 2026 weitergehen wird. Das Heidelberger Marriott ist für uns ein wichtiges Hotel in Deutschland. Wir wollen in Heidelberg präsent bleiben. Natürlich müssen sich dafür aber auch alle Parteien auf einen neuen Pachtvertrag einigen. Momentan ist es noch zu früh, darüber zu spekulieren.

Ernst betonte auch, dass man in den Bestandsbau zehn Millionen Euro investieren müsse. Können Sie diese Summe bestätigen?

Die genauen Kosten kann ich Ihnen nicht nennen. Klar ist aber, dass man in ein 30 Jahre altes Gebäude trotz guter Pflege investieren muss – ob das nun die Fenster, die Fassade oder die Heizung ist. Das müssen wir uns aber im Detail anschauen. Ich würde da derzeit ungern mit einer Zahl hantieren.

Den ursprünglichen Bebauungsplanbeschluss für die Marriott-Erweiterung fällte der Gemeinderat im Dezember 2015. Erst jetzt, fünfeinhalb Jahre später, wurde er aufgehoben. Sie hätten also genügend Zeit gehabt, um das Residence Inn voranzutreiben. Warum haben Sie das nicht getan, wenn es Ihnen so wichtig ist?

Wir sind in diesem Punkt auf die Bauträger und Projektentwickler angewiesen. Es stimmt schon, in Heidelberg ist sehr viel Zeit vergangen. Und dadurch haben wir sicherlich eine große Chance vertan. In der Zwischenzeit haben wir in München, Hamburg, Frankfurt oder Wien gesehen, wie sehr ein Residence Inn unsere Standorte bereichern kann. Wir wissen aber auch, dass es nicht einfach ist, eine Grünfläche zu bebauen. Es ist sicher richtig, dass eine Stadt wie Heidelberg sehr umsichtig mit dieser Frage umgeht.

Könnte man nicht auch aus dem bestehenden Marriott ein Hotel für Langzeitgäste machen, wenn dieses Konzept so gut funktioniert?

Da gibt es zwei Komplikationen: Wir trennen uns ungern von Hotels, die den Namen unseres Gründers tragen, da sind wir halt doch noch ein Familienbetrieb. Zudem sind die Zimmer in einem Residence Inn ganz anders geschnitten – sie sind eher quadratisch als rechteckig und haben eine Kitchenette. Außerdem ist es ja nicht so, dass wir das Heidelberger Marriott nicht mehr für zeitgemäß halten. Wir wollten nur das bestehende Angebot durch etwas Neues ergänzen.

Angesichts Ihrer Niederlage im Gemeinderat wirken Sie auf mich gerade sehr entspannt. Das hat sich in Ihrem Brief an Heidelberg-Marketing vor ein paar Wochen noch anders angehört.

Solange die Möglichkeit besteht, Einfluss zu nehmen, sollte man das tun. Wenn man aber weiß, dass man nichts mehr verändern kann, macht das keinen Sinn mehr. Wenn ein Pferd tot ist, sollte man absteigen.

Was wünschen Sie sich für den Tourismusstandort Heidelberg?

Die Stadt sollte daran denken, welches herausragende Image sie hat. Die Amerikaner kennen in Deutschland Heidelberg, Neuschwanstein und vielleicht noch das Oktoberfest. Daher wäre es vielleicht zu empfehlen, sich über die Hotellandschaft in der Zukunft, zum Beispiel für die Jahre ab 2030, Gedanken zu machen. Diese Frage sollte Heidelberg vielleicht etwas strukturierter angehen. Wenn eine Stadt beispielsweise den Fokus auf Budget- und Tagungshotels setzt, wird sie wohl keine Fünf-Sterne-Gäste anziehen. Mit der Hotelpolitik kann man also den Standort sehr stark beeinflussen.

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