Wie viele Hotels verträgt die Stadt?
Mit einem Beherbergungskonzept will die Stadt Heidelberg die Entwicklung besser steuern - Bis 2022 entstehen 2900 zusätzliche Betten in der Stadt

Vor einem Jahr wurde das "Star Inn" an der Speyerer Straße - unweit der Bahnstadt und damit vom geplanten Konferenzzentrum - eröffnet. Es beherbergt 215 Zimmer; im Nebengebäude gibt es 84 weitere Suiten für einen längeren Aufenthalt. Foto: Rothe
Von Timo Teufert
Heidelberg. Die Zahl der Hotelbetten ist in Heidelberg in den vergangenen zehn Jahren um fast 70 Prozent gestiegen. Vor allem in den letzten Jahren haben zahlreiche Hotelketten Heidelberg als attraktiven Standort ausgemacht, schließlich lag die Zahl der Übernachtungen 2018 erstmals bei 1,5 Millionen. Die massive Ausweitung der Bettenkapazitäten macht aber vielen Hoteliers, die mittelständische Häuser betreiben, zunehmend Sorgen. Und auch bei der Stadtverwaltung hat man erkannt, dass der Markt nicht unkontrolliert wachsen kann. Um ihn künftig besser steuern zu können, hat die Beratungsgesellschaft CIMA für die Stadt ein Beherbergungskonzept erstellt; sie wird damit zum Vorreiter auf diesem Gebiet.
"Das Beherbergungskonzept zeigt deutlich, dass der Hotelmarkt mittlerweile an seine Grenzen stößt und der Bedarf für die kommenden Jahre nahezu gedeckt ist", sagt Marc Massoth, der Leiter der städtischen Wirtschaftsförderung. Zwar war die Auslastungsquote der Heidelberger Hotels mit 55,8 Prozent im letzten Jahr die höchste in ganz Baden-Württemberg. "Doch die bereits erfolgten und noch geplanten Angebotsausweitungen werden vermutlich bis zum Jahr 2027 zu durchschnittlichen Auslastungsquoten führen, die unterhalb des heutigen Niveaus liegen", erklärte Uwe Mantik von der CIMA im Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss.

Allein durch die Zunahme der Betten in den bereits geplanten oder derzeit im Bau befindlichen Betriebe - zwischen 2017 und 2022 werden 2900 Betten hinzukommen - wird es bis 2027 zu einem Sinken der Auslastungsquote kommen, weil nach den Berechnungen der CIMA die Kapazitäten stärker steigen werden als die Nachfrage nach den Betten. Zumal derzeit auch in Mannheim sieben neue Hotels mit insgesamt 1100 Betten entstehen.
"Wir wollen Überkapazitäten entgegenwirken und den Spagat zwischen Übertourismus und einer Unterentwicklung des Marktes schaffen. Unser Ziel ist eine gesunde Weiterentwicklung mit einer Mischung aus großen Hotels und kleineren, inhabergeführten Betrieben sowie mit punktuellen Neuansiedlungen in einzelnen Bereichen, wo Bedarf besteht", sagt Massoth. Diesen Bedarf sieht er etwa in Hinblick auf das neue Konferenzzentrum in der Bahnstadt oder auf die Großsporthalle auf dem Gelände der ehemaligen Patton Barracks an der Speyerer Straße in Kirchheim. Dadurch werden in den kommenden Jahren weitere Zuwächse bei den Übernachtungszahlen erwartet.
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Dabei ist in Heidelberg die Anzahl der Übernachtungen zwischen 2006 und 2017 deutlich stärker angestiegen als im Landesdurchschnitt: Während sie in der Neckarstadt um 50,8 Prozent zugenommen hat, waren es im Land nur 39,6 Prozent. Zugleich sind im gleichen Zeitraum die Zahl der Beherbergungsbetriebe um 20 Prozent auf 84 Betriebe und die Zahl der Betten um 33 Prozent auf 7555 Schlafgelegenheiten gestiegen.
Hintergrund
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Die Hotel-Neubauten konzentrieren sich vor allem auf den Bereich um den Hauptbahnhof, wo das neue Kongresszentrum entsteht. Mit 430 Betten im Hotelbereich (Drei-Sterne-Premium) und 180 Betten im angegliederten Boardinghaus ist das "Star
Hintergrund
Die Hotel-Neubauten konzentrieren sich vor allem auf den Bereich um den Hauptbahnhof, wo das neue Kongresszentrum entsteht. Mit 430 Betten im Hotelbereich (Drei-Sterne-Premium) und 180 Betten im angegliederten Boardinghaus ist das "Star Inn", Speyerer Straße 9, seit April 2018 der größte Beherbergungsbetrieb der Stadt. Bis dahin war es das "Marriott" mit 496 Betten. Direkt angrenzend in der Carl-Benz-Straße entsteht das "Meininger"-Low-Budget-Hotel mit 331 Betten. Die Eröffnung ist für Anfang 2020 geplant. Am heutigen Dienstag öffnet das "Ninety Nine Hotel" (drei Sterne) mit 214 Betten am Czernyring seine Pforten. Das Rafaela-Hotel am Neuenheimer Marktplatz mit 57 Betten hat im Dezember 2018 aufgemacht. Im "Qube-Hotel Bahnstadt" (vier Sterne) an der Ecke Grüne Meile/Da-Vinci-Straße werden Ende 2019 die ersten Gäste übernachten können, im "Plaza Premium" (Vier-Sterne-Superior) im ehemaligen Fernmeldeamt in der Sofienstraße soll es im März 2020 soweit sein. Gebaut wird auch am Königstuhl-Hotel, dort ist die Fertigstellung für Ostern 2020 geplant. In Planung sind zudem das Intercity-Hotel (vier Sterne) am Bahnhof mit 198 Zimmern und angeschlossenem Boardinghouse (Eröffnung: Anfang 2021), das "Grand Hotel" in der Rohrbacher Straße (Umbau ab 2022), das Kongress-Hotel am Europaplatz und die Erweiterung des "Marriott"-Hotels. (tt)
"Ich habe Zweifel, ob der Markt in so kurzer Zeit so viele neue Häuser aufnehmen kann. Die Überkapazitäten sind deshalb eine reelle Gefahr, die zu Lasten der kleinen und mittleren Betriebe sowie der Hotels am Stadtrand gehen wird", warnte Melanie von Görtz, Heidelberger Dehoga-Geschäftsführerin, schon vor zwei Jahren. Denn Heidelbergs Hotellandschaft sei bislang von kleinen, inhabergeführten Häusern geprägt. Doch in der massiven Zunahme lasse sich der Trend zu größeren, meist nicht inhabergeführten Hotelbetrieben und eine Verschiebung zu Lasten des Umlandes erkennen. Schon heute spüren die Hoteliers die Auswirkungen der Markteintritte der großen Mitbewerber: "Wir merken es an den Buchungszahlen in Kirchheim, wenn das ,Star Inn’ seine Preise senkt", sagte ein Hotelier im Arbeitskreis, der die Erstellung des Beherbergungskonzepts begleitete.
Mit dem aktuellen Konzept will die Stadt den Bettenzuwachs nun sowohl quantitativ als auch qualitativ dem Bedarf entsprechend lenken und eine nachhaltige Entwicklung des Marktes im gesamten Stadtgebiet sicherstellen. Zu den Zielen gehören unter anderem auch der Erhalt der gemischten Betriebsstruktur mit inhabergeführten und mittleren Betrieben sowie die Sicherung der Versorgung auch in den Stadtteilen, die von der Altstadt weiter entfernt liegen.



