Heidelberg

Im Uni-Campus "darf nicht alles zubetoniert werden"

Universitätsrektor Bernhard Eitel im RNZ-Interview - Ein Busshuttle durch das Neuenheimer Feld sei besser als gar nichts

21.01.2019 UPDATE: 22.01.2019 06:00 Uhr 4 Minuten, 1 Sekunde

Gestenreich zeigte Bernhard Eitel im Jahresgespräch mit der RNZ, was er vom Masterplanprozess hält. Fotos: Rothe

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Diplomatisch und gut gelaunt gibt sich Universitätsrektor Bernhard Eitel im Jahresinterview mit der RNZ. Er will den Ergebnissen des Masterplanprozesses für das Neuenheimer Feld nicht vorgreifen, pocht aber auf eine schnelle Lösung der Verkehrsprobleme.

Gestenreich zeigte Bernhard Eitel im Jahresgespräch mit der RNZ, was er vom Masterplanprozess hält. Fotos: Rothe

Aktuell wird der Shuttle-Bus durch das Handschuhsheimer Feld heiß diskutiert. Wollen Sie diesen Nordzubringer Light ins Neuenheimer Feld?

Die Frage ist doch: Wie schaffen wir eine vernünftige Anbindung des Neuenheimer Feldes? Wir wollen dem Masterplanprozess nicht vorgreifen, unterstützen aber schnelle Übergangslösungen. Deshalb begrüßen wir den Vorschlag des Oberbürgermeisters, auf einer Landesfläche an der Grenze zu Dossenheim einen Schotterparkplatz einzurichten und einen Bus bis ins Neuenheimer Feld fahren zu lassen. Auch wenn das nur eine Interimslösung ist, ist das besser als nichts.

Dabei geht es um 400 Stellplätze. Nach den Berechnungen des Umwelt- und Prognoseinstituts (UPI) würde der Verkehr in der Dossenheimer Landstraße damit um nur zwei Prozent reduziert. Wäre es das wert, die Straßen im Naherholungsgebiet Handschuhsheimer Feld so massiv auszubauen?

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Das UPI vertritt eine allen bekannte, nicht neutrale Position. Aber es stimmt, der Parkplatz und der Shuttlebus sind sicherlich nicht die einzige Möglichkeit, um die Verkehrsprobleme zu lindern. Die geplanten zusätzlichen Fahrradwege und -straßen sind eine weitere. Das sind Schritte in die richtige Richtung.

Könnten Sie sich langfristig einen richtigen Nordzubringer durch das Handschuhsheimer Feld vorstellen?

Vorstellen kann ich mir das genauso wie eine Fünfte Neckarquerung nach Wieblingen. Diese Dinge sind ja schon hundertmal diskutiert. All das wird im Masterplanverfahren ein Thema sein. Es gibt keine Denkverbote.

Umweltschützer kritisieren, dass die Uni immer noch auf den Autoverkehr setzt. Dabei hat die Uni ihr eigenes Forschungsmagazin gerade schwerpunktmäßig dem Klimawandel gewidmet.

Auch mit dem Klimawandel im Blick werden wir in absehbarer Zukunft mit Individualverkehr leben müssen, die Frage ist nur, wie er angetrieben wird. Viele Patienten und Besucher der Kliniken, aber auch Beschäftigte kommen nicht aus Heidelberg, sondern von außerhalb und sind auf ihr Auto angewiesen. Dasselbe gilt für den Springer-Verlag und den Zoo, für viele Einrichtungen, die im Westen des Neuenheimer Feldes liegen. Wir als Kernuniversität sind hier nicht der Hauptverursacher, denn die Uni hat dort nur ihre Sportinstitute.

Gestenreich zeigte Bernhard Eitel im Jahresgespräch mit der RNZ, was er vom Masterplanprozess hält. Fotos: Rothe

Was halten Sie von einer Seilbahn?

Bisher hat diese Idee mich noch nicht überzeugt. Wo sollen denn die Park-and-Ride-Plätze sein? In Wieblingen? Da würden die Bürger auch auf die Barrikaden gehen. Zudem fährt so eine Seilbahn immer nur zwischen einzelnen Punkten hin und her und ist nicht gerade ästhetisch.

Die Planungsteams haben im Masterplan-Prozess endlich ihre ersten Ideen vorgestellt. Welches Konzept für das Neuenheimer Feld gefällt Ihnen denn am besten?

Sie wissen doch, dass ich zum Lenkungskreis für den Masterplanprozess gehöre. Dort haben wir vereinbart, dass wir die Entwürfe jetzt noch nicht bewerten. Der Gemeinderat wird darüber entscheiden und die Anzahl der Entwürfe reduzieren. Nur so viel: Einige der Konzeptideen müssen nachgeschärft werden. Wir pochen darauf, dass die Rahmenvereinbarung zum Masterplanprozess, die vom Gemeinderat, dem Land und allen Akteuren beschlossen wurde, eingehalten wird. Diese Vorgaben werden leider nicht von allen vorgestellten Ideen erfüllt.

Können Sie das konkretisieren?

Einige Planungsteams wollen zum Beispiel das Hühnerstein-Gelände außen vorlassen oder den Botanischen Garten überbauen. Beides können wir nicht akzeptieren. Zudem dürfen die naturwissenschaftlichen Institute nicht neuen Kontaminationen ausgesetzt werden. Da geht es um Elektrosmog, ferromagnetische Einflüsse, Erschütterungen. Solche Dinge sind in den ersten groben Szenarien, die die Planungsteams vorgestellt haben, noch nicht hinreichend berücksichtigt.

Die Universität möchte in Zukunft den Hühnerstein bebauen. Als Alternative schlägt das Planungsteam Astoc vor, den Zoo zu verlegen.

Das ist eine Überlegung von vielen. Ich stelle eine Gegenfrage: Woher will die Stadt eine halbe Milliarde Euro nehmen, um den Zoo zu verlegen, der ja zudem über Eigentumsrechte im Neuenheimer Feld verfügt? Und wohin in welcher Zeit? Über dieses Thema müssen Sie mit anderen reden.

Wie gefallen Ihnen die Ideen zur Nachverdichtung im Neuenheimer Feld?

Der Campus muss ein Campus bleiben. Es darf nicht alles zubetoniert werden, sonst bekommen wir Probleme mit Hitze und der verkehrlichen Erschließung. Wir wollen zudem, dass man auch künftig im Neuenheimer Feld lebenswert studieren und arbeiten kann, dass sich die Studenten auch im Sommer auf Grünflächen vor ihren Instituten zusammensetzen können.

Gestenreich zeigte Bernhard Eitel im Jahresgespräch mit der RNZ, was er vom Masterplanprozess hält. Fotos: Rothe

Man könnte doch nicht nur in die Breite, sondern auch in die Höhe bauen.

Das ist eine Möglichkeit, aber die ist sehr teuer. Das Finanzministerium steht auf dem Standpunkt: Ohne Nutzungsanforderung finanzieren wir nichts. Wenn ein Institut nur fünf Stockwerke braucht, wieso sollten dann 25 auf Vorrat gebaut werden? Zudem schwanken Hochhäuser, was empfindliche Messungen unmöglich macht. Nicht ohne Grund gehen wir ja heute schon in vielen Fällen mit unseren Apparaturen und Messinstrumenten in den Keller. Außerdem steigen Infrastrukturkosten überproportional. Wir haben es hier mit Forschungsgebäuden und nicht mit Wohn- oder Bürohäusern zu tun.

Laut Aufgabenstellung für die Planungsteams benötigt die Wissenschaft im Neuenheimer Feld 800.000 Quadratmeter neue Nutzfläche. Warum so viel?

Bei dieser Größe geht es um die Anforderungen aller wissenschaftlichen Einrichtungen zusammengerechnet - inklusive Krebsforschungszentrum, der Max-Planck-Institute und der Kliniken. Allein die Bauten, die konkret anstehen und auf den vorhandenen Flächen bereits geplant sind, machen von der Gesamtzahl um die 100.000 Quadratmeter aus. Aber es gibt keinen Zweifel, wir werden auch in Zukunft weitere Flächen benötigen und nicht alle Entwicklungen lassen sich voraussehen. Die Kliniken denken zum Beispiel darüber nach, große Teile der Orthopädie aus Schlierbach ins Neuenheimer Feld zu verlagern. Und was machen wir, wenn irgendwann die Thoraxklinik in Rohrbach erweitert werden muss? Das jetzt erfreulicherweise ein Herzzentrum gebaut wird, wusste vor zehn Jahren noch niemand.

Im Mai ist Kommunalwahl. Was wünschen Sie sich vom neuen Gemeinderat?

Ich wünsche mir weise Entscheidungen mit Blick auf den Masterplan und alles, was anschließend kommt. Und dass die Stadträte noch besser verstehen, dass es das ureigene Interesse der Stadt Heidelberg und die Verantwortung und Pflicht des Gemeinderates ist, für einen guten Interessenausgleich zu sorgen und dabei die Belange der wissenschaftlichen Einrichtungen zu berücksichtigen. Wir erwarten nicht, dass der Gemeinderat uns nach dem Munde redet. Aber wir wünschen uns im gegenseitigen Interesse, dass die Bedeutung der Wissenschaft für den Wohlstand und die internationale Reputation der Stadt in den Entscheidungen im Gemeinderat angemessene Berücksichtigung findet.

Info: Der zweite Teil des Jahresinterviews mit Rektor Eitel erscheint in einer der nächsten Ausgaben der RNZ.

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