Heidelberg

Das müssen Sie zum Wildcampen wissen

Nach der Nacht im Freien droht das böse Erwachen - Legal darf man nur auf dem Campingplatz zelten - Eine Nacht im Wohnmobil ist zulässig

30.08.2018 UPDATE: 31.08.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden

Für eine Nacht darf man im Wohnwagen schlafen. Das nutzen Camper in der Uferstraße regelmäßig aus. Foto: Rothe

Von Denis Schnur

Heidelberg. Eigentlich war Ordnungsbürgermeister Wolfgang Erichson am Montag am Philosophenweg unterwegs, um sich Spuren von Vandalismus anzusehen. Doch alles, was er und seine Kollegen fanden, war ein Pärchen mit Hund, das auf der Eichendorff-Anlage sein grünes Zelt aufgeschlagen hatte - illegalerweise.

Auch wenn die beiden zunächst einfach davon gingen, wurden später ihre Personalien festgestellt. Auf sie kommt nun ein Bußgeld zu. Denn: Wildes Campen ist auf öffentlichen Flächen in Deutschland - im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern - nicht erlaubt und kann teuer werden. Die RNZ beantwortet die wichtigsten Fragen dazu:

Hintergrund

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Von Anica Edinger

Überfüllte Campingplätze mit schmutzigen Sanitäranlagen für viel zu viel Geld: Gerade in den Sommermonaten macht campen oftmals keinen Spaß. Auf die besten Plätze - etwa direkt an einem See oder in unserem Fall am

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PRO

Von Anica Edinger

Überfüllte Campingplätze mit schmutzigen Sanitäranlagen für viel zu viel Geld: Gerade in den Sommermonaten macht campen oftmals keinen Spaß. Auf die besten Plätze - etwa direkt an einem See oder in unserem Fall am Neckar - hat man sowieso meist keine Chance: Denn die sind Monate oder gar Jahre vorher entweder von Dauercampern oder Stammgästen reserviert worden. Für Spontanität ist kein Platz. Und so endet es oft damit, dass man dicht an dicht neben vielen anderen Campern sein Zelt aufschlagen muss.

Dabei sehnt man sich gerade als Camper nach dem genauen Gegenteil: nach Freiheit, Natur, Feld und Wiesen. Gerade davon gibt es im Land genug. Nur: Man darf es nicht nutzen. Was für eine Verschwendung! Schließlich gibt es kaum etwas Schöneres, als sein Zelt an einem einsamen Fleckchen Erde aufzuschlagen, für ein oder zwei Nächte im Einklang mit sich und der Natur zu sein - und nur den Wind in den Bäumen singen zu hören. Vorbei wäre die Zeit, in der man morgens von Nachbar-Campern geweckt wird. Vorbei die Zeit, in der die Musik anderen einen nachts wachhält. Und vorbei die Zeit, in der die schönsten Flecken der Stadt ungenutzt bleiben.

Natürlich müssen gewisse Regeln gelten, etwa: kein Feuer bei Dürre und keinen Müll zurücklassen. Halten sich alle daran, tut Wildcampen keinem weh. Genau genommen ist der öffentliche Raum genau dafür gedacht: Um von den Bürgern genutzt zu werden - jederzeit. In vielen nordischen Ländern nennt sich das "Jedermannsrecht". Dahinter steckt ein sympathischer Grundgedanke: Dass alle Menschen grundlegende Rechte bei der Nutzung der Wildnis haben. Dazu zählt auch zelten. Und das ist gut so. 

CONTRA

Von Micha Hörnle

Nein, Bürgermeister Wolfgang Erichson hat nicht unbescholtenen Bürgern aufgelauert, um sie bloßzustellen. Im Gegenteil: Er hat ein unfassbar dreistes Verhalten per Zufall entdeckt, und die Wildcamper hatten noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen, dass sie in einer Parkanlage übernachtet und sogar Feuer gemacht haben. Dass auch nur halbwegs hinnehmen zu wollen, dafür fehlt mir jedes Verständnis.

Erstens ist die deutsche Gesetzeslage klar. Da muss mir niemand mit Schweden kommen. Wenn das Land Vorbild sein soll, dann gäbe es auch bei uns bald Tempo 110 auf den Autobahnen und Alkoholverkauf in staatlichen Läden. Vielmehr gibt es gute Gründe dafür, weswegen wildes Campen nicht erlaubt ist: Ich rede hier nicht vom Lagerfeuer, was gerade in diesem Dürresommer extrem gefährlich ist. Ich rede auch nicht von der Hygiene, wenn sich die Leute in den Büschen erleichtern. Nein, ich rede vielmehr davon, wie solche Camper auf die Idee kommen, fremdes Land für sich in Beschlag zu nehmen.

Welche Geisteshaltung haben diese Leute? Für mich ist das nicht freie Entfaltung freier Menschen in freier Natur, sondern schlicht Egoismus an Orten, die allen gehören. Warum sollen auf öffentlichem Grund andere Regeln gelten als auf Privatgelände, wo niemand auf die Idee kommen würde, ungefragt sein Zelt aufzuschlagen?

Daher mein Vorschlag an alle, die den Wildcampern am Philosophenweg so viel Verständnis entgegenbringen: Heißen sie diese freiheitsliebenden Leute willkommen, öffnen Sie ihnen Hof und Garten! Ermöglichen Sie es ihnen, sich auf Ihrem Gelände auszuleben - und verschonen Sie bitte den öffentlichen Raum.

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Wenn ich schon nicht im Wald campen darf, wo dann? Das Zelten im Stadtgebiet ist im öffentlichen Raum generell nicht erlaubt. Legal darf also nur auf privaten Grundstücken gecampt werden. "Wer im Zelt übernachten will, muss einen Campingplatz aufsuchen", sagt auch eine Sprecherin der Stadt. Im eigenen Garten darf das Zelt natürlich ebenfalls aufgeschlagen werden.

Und wenn ich einfach doch auf dem Heiligenberg zelte? Dann kann es schnell ziemlich teuer werden. Bei einem einfachen Verstoß wird laut Stadtverwaltung ein Verwarnungsgeld in Höhe von 50 Euro fällig. Wer sich mehrmals erwischen lässt oder sich daneben benimmt, muss mehr zahlen: "Bei fehlender Einsicht kann ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden. Hier können dann 100 Euro verhängt werden", so die Sprecherin. Das hänge unter anderem davon ab, wie lange man an dem Ort zelte und wie sehr man ihn verschmutzt hat. Wer außerdem noch ein Feuer im oder am Wald macht, muss mit weiteren Kosten rechnen: Hier sieht der Bußgeldkatalog Strafen zwischen 50 und 150 Euro vor.

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Aber kontrolliert das denn im Wald überhaupt irgendjemand? Ja, wenn auch nicht besonders regelmäßig. Dazu sind nach dem Waldgesetz für Baden-Württemberg die Forstschutzbeauftragten zuständig. Die kontrollieren auch und leiten bei Verstößen Bußgeldverfahren ein - laut Stadt aber "bislang nur punktuell und nicht zielgerichtet". Das könnte sich bald ändern: "Das Thema hatte in der Vergangenheit keine allzu große Bedeutung. Es deutet sich aber an, dass sich dies geändert haben könnte."

Und wie sieht es im Stadtgebiet aus? Hier kontrolliert der Kommunale Ordnungsdienst die Einhaltung der Straßen- und Anlagenpolizeiverordnung im öffentlichen Raum, darunter auch Parks und öffentliche Anlagen. Auch die Polizei kümmert sich um Vergehen, wenn sie diese bemerkt.

Wie viele Wildcamper werden dabei so erwischt? In diesem Jahr waren es laut Stadtverwaltung bislang nur vier Stück. Diese wurden dafür an sehr unterschiedlichen Orten gefunden: Einer hatte sein Zelt in der Gneisenaustraße aufgeschlagen, ein anderer nutzte die Neckarwiese unerlaubterweise als Campingplatz. Auch ein Kinderspielplatz in der Weststadt wurde zwischenzeitlich bewohnt. Noch dreister war ein Camper, der im Anatomiegarten mitten in der Innenstadt gefunden wurde.

Was ist mit den Wohnwagen und -mobilen, die eigentlich immer unter der Ernst-Walz-Brücke stehen? Darin darf zunächst einmal übernachtet werden - jedoch nur für eine Nacht. "Längere Aufenthalte oder die Nutzung der öffentlichen Fläche für Vorzelte, Bestuhlung etc. sind unzulässig", erklärt die Stadtsprecherin. All das darf man wiederum nur auf Privatgrundstücken oder auf dem Campingplatz. Außerdem muss das Fahrzeug ordnungsgemäß abgestellt werden, was in Neuenheim häufig nicht der Fall ist.

Der betroffene Teil der Uferstraße liegt nämlich im Bereich des Zonenhalteverbotes. Das bedeutet, dass dort montags bis samstags von 7 bis 19 Uhr lediglich für maximal zwei Stunden mit Parkscheibe geparkt werden darf. Ausnahmen gelten lediglich für Bewohner mit Bewohnerparkausweis oder Besucher mit Besucherkarte. "Sofern der Gemeindevollzugsdienst Verstöße feststellt, werden diese beanstandet", so die Sprecherin.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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