Heidelberg lebt auf Pump und OB Würzner will die Gewerbesteuer senken
OB Würzner bringt Haushaltsentwurf ein. Er plant neue Schulden und eine Entlastung für Unternehmen. Mehrere Schulen gehen an städtische Gesellschaft.

Von Holger Buchwald
Heidelberg. Die Diskussion um den nächsten Doppelhaushalt ist eröffnet. Oberbürgermeister Eckart Würzner stellte am Dienstag seinen Entwurf im Gemeinderat vor. Es ist kein ausgeglichener Haushalt: Selbst nach der Einrechnung der Sparvorschläge und der geplanten Tourismusabgabe liegen die städtischen Einnahmen nach Würzners Plänen in den nächsten beiden Jahren rund 72 Millionen Euro unter den laufenden Ausgaben. Vor dem Hintergrund, dass allein im vergangenen Jahr die Gewerbesteuereinkünfte um 30 Millionen Euro eingebrochen sind, will der OB mit einer klaren Wirtschaftsförderung die Einnahmesituation Heidelbergs mittelfristig verbessern.
> Heidelberg lebt auf Pump. Um das Defizit im Ergebnishaushalt ausgleichen zu können, will Stadtkämmerer Wolfgang Polivka Kassenkredite in Höhe von 72 Millionen Euro aufnehmen. Fast alle Investitionen – immerhin noch 187,5 Millionen Euro für die beiden Jahre 2025 und 2026 zusammen – sind ebenfalls kreditfinanziert. Dadurch steigt Heidelbergs Schuldenstand bis zum Ende des nächsten Jahres laut der aktuellen Prognose auf 467,9 Millionen Euro. "Hier stoßen wir an die Grenze unserer Leistungsfähigkeit und auch an die Grenzen der Genehmigungsfähigkeit", warnte Polivka in seiner Haushaltsrede. Nur wenn die Verwaltung und der Gemeinderat belegen könnten, dass sie stringent an der Konsolidierung des Haushaltes arbeiten, werde das Regierungspräsidium dem Entwurf zustimmen.
Hintergrund
> Die Einbringung des Haushaltsentwurfs im Gemeinderat bildet nun den Beginn der Haushaltsberatungen. Mehr als 1,6 Milliarden Euro Einnahmen generiert die Stadt Heidelberg laut dem Haushaltsentwurf von Oberbürgermeister Eckart Würzner in den nächsten beiden Jahren. Doch da
> Die Einbringung des Haushaltsentwurfs im Gemeinderat bildet nun den Beginn der Haushaltsberatungen. Mehr als 1,6 Milliarden Euro Einnahmen generiert die Stadt Heidelberg laut dem Haushaltsentwurf von Oberbürgermeister Eckart Würzner in den nächsten beiden Jahren. Doch da die Schlüsselzuweisungen des Landes und die Gewerbesteuereinnahmen eingebrochen sind, steigt der Schuldenstand trotzdem von aktuell 326,3 Millionen auf 467,9 Millionen Euro bis Ende 2026.
> Die Bürger können ab diesem Mittwoch bis einschließlich Freitag, 21. März, online Anregungen zum Haushalt abgeben. Dort stehen im Laufe dieses Mittwochs auch der Haushaltsentwurf und die Haushaltsreden von OB Würzner und Stadtkämmerer Wolfgang Polivka zur Verfügung.
> Nach der Einbringung der Änderungsanträge durch den Gemeinderat am 9. April folgen am 7. Mai die erste und am 22. Mai die zweite Beratung im Haupt- und Finanzausschuss. Der Haushalt soll am 5. Juni vom Gemeinderat verabschiedet werden und gilt bis Ende 2026.
> Fast 60 Millionen Euro sind schon eingespart. Zwischenzeitlich sah es so aus, als ob die Deckungslücke zwischen laufenden Ausgaben und Einnahmen sogar 130 Millionen Euro betragen könnte. Mit dem Haushaltsentwurf sei es der Stadtverwaltung aber in einer gemeinsamen Kraftanstrengung gelungen, diese Summe auf 72 Millionen Euro zu drücken, so Würzner. Dabei dankte der OB dem Gemeinderat, der bereits Sparpakete für den öffentlichen Nahverkehr und das Theater verabschiedet hat. Darüber hinaus will Würzner den Personalzuwachs begrenzen. 270 neue Stellen hatten die Ämter für den neuen Doppelhaushalt angemeldet, davon werden nun aber nur 45 pro Jahr freigegeben. Dabei habe man sich auf die rechtlich gebotenen Posten – zum Beispiel bei der Feuerwehr und in der Kinderbetreuung – beschränkt. In diesem Zusammenhang bat Würzner den Gemeinderat, das bestehende Verwaltungspersonal nicht durch ständig neue Projekte zu überlasten.
> Würzner will bei der Förderung von Projekten klare Prioritäten setzen. Dabei nimmt er die Zuschussempfänger in die Pflicht. Ehrenamtliches Engagement solle eher gefördert werden als hauptamtliches. Zudem verstehe sich die Stadt als Co-Finanzierer. Das heißt, wenn ein Projekt eine Bundes- oder Landesförderung erhalte, könnte sich auch die Stadt beteiligen, eine hundertprozentige Finanzierung durch die Stadt solle es aber nicht mehr geben. Alle Leistungen müssten zudem einen klaren Mehrwert bringen und dürften keine Konkurrenzveranstaltung zu privaten Initiativen sein. Damit begründete der OB zum Beispiel, dass es vorerst weder einen "Sommer am Fluss" noch einen "Lebendigen Neckar" geben solle, Kerwen und Stadtteilfeste wie das Fischerfest wolle man aber nach wie vor fördern. Ziel der staatlichen Unterstützungsleistungen sei es zudem, eine Vielfalt zu ermöglichen. So leiste etwa das städtische Theater im Kulturbereich mit 3,5 Millionen Euro einen relativ hohen Sparbeitrag. Alle anderen Kultureinrichtungen müssten hingegen insgesamt "nur" mit Kürzungen von 650.000 Euro für die nächsten beiden Jahre zusammen rechnen.
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> Die Wirtschaft soll entlastet werden. "Wir wollen unsere Unternehmen nicht noch weiter belasten. Im Gegenteil, wir möchten den Hebesatz für die Gewerbesteuer von 400 auf 390 absenken", sagte Würzner: "Das ist ein wichtiges Signal für den Standort Heidelberg, auch wenn es kurzfristig etwas paradox erscheint." Der OB möchte neuen Unternehmen Gewerbeflächen zur Verfügung stellen, auch in Kooperation mit den Nachbarkommunen wie beim interkommunalen Gewerbegebiet Heidelberg-Leimen. Im Heidelberg Innovation Park (HIP) und im Neuenheimer Feld sollte die Stadt Flächen mieten oder Gebäude kaufen, um sie in einem "Health and Life Science Park" an junge Unternehmen weiterzuverpachten. Ebenfalls im HIP plant Würzner ein "Business House", in dem die Wirtschaftsbetriebe vom Start-up bis zum Gastronomen und Handwerksbetriebe alle Ansprechpartner von der Wirtschaftsförderung bis zum Gewerbeamt unter einem Dach finden. Vorbild ist Estland, wo es laut Würzner möglich sein soll, ein neues Unternehmen in 24 Stunden zu gründen.

> Fünf Schulen werden an eine städtische Gesellschaft übertragen. Für den nächsten Doppelhaushalt sind zwar immerhin noch Investitionen in Höhe von 187 Millionen Euro vorgesehen. Davon fließen aber zum Beispiel 54 Millionen Euro in die Straßen- und Brückensanierung, in den öffentlichen Nahverkehr, Radwege oder in das Fahrradparkhaus Hauptbahnhof, 42 Millionen Euro in die Kitas, 19,4 Millionen Euro in die Bahnstadt und die Konversionsflächen. Für die Schulen blieben letztlich "nur" noch 11,7 Millionen Euro übrig. Daher sollen fünf Schulen an die Bau- und Service-Gesellschaft Schule (BSG Schule), eine Untergesellschaft der städtischen Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz (GGH), übertragen werden. Diese wäre dann für die anstehenden Sanierungsarbeiten zuständig. Die Stadt würde die Gebäude von ihr zurückmieten. Das Modell wurde bereits bei der Internationalen Gesamtschule Heidelberg (IGH) und beim Bahnstadt-Zentrum B3 erprobt. Um welche fünf Schulen es sich handelt, sagte Würzner nicht.
> Die Tourismusabgabe kommt. Sie soll laut den Plänen von Kämmerer Wolfgang Polivka fünf Millionen Euro pro Jahr in die städtische Kasse spülen. Heidelberg habe viel für den Tourismus getan in den letzten Jahren, zum Beispiel auch den Bau des neuen Kongresszentrums, begründete Würzner die neue Einnahmequelle: "Wir machen nur das, was andere Städte schon längst gemacht haben." Die geplante Verpackungssteuer bringe hingegen keine Mehreinnahmen. Der Ertrag werde vom Aufwand aufgefressen.