Bündnis fordert - Alle Standorte nochmal prüfen
Am heutigen Donnerstag entscheidet der Gemeinderat, ob er das Ergebnis des Bürgerentscheids anerkennt - Großer Ochsenkopf keine schnelle Lösung?

An der Stelle der Ochsenkopfwiese zwischen Gneisenaustraße und Wieblinger Weg befand sich früher der Güterbahnhof der Oberrheinischen Eisenbahngesellschaft (OEG). Geht es nach dem Willen der Stadt, soll an dieser Stelle der neue Betriebshof der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH gebaut werden. Foto: Alfred Gerold
Von Timo Teufert
Heidelberg. Wird der Gemeinderat das Ergebnis des Bürgerentscheids zur Verlagerung des Betriebshofes für Busse und Straßenbahnen auf den Großen Ochsenkopf akzeptieren, auch wenn das Quorum bei der Abstimmung im Juli nicht erreicht wurde? Um diese Frage geht es am heutigen Donnerstag in der Gemeinderatssitzung, die ab 16.30 Uhr im Großen Saal des Rathauses, Marktplatz 10, stattfindet.
Bereits im Haupt- und Finanzausschuss hatten sich die Stadträte darauf geeinigt, dass sie über die Frage abstimmen werden, die auch den Bürgern gestellt wurde: "Sind Sie dafür, dass die Grünfläche Großer Ochsenkopf erhalten bleibt und dort kein Betriebshof gebaut wird?" Das Bündnis Bürgerentscheid Klimaschutz kritisiert dieses Vorgehen.
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"Formal werden zwar alle Vorgaben der Gemeindeordnung erfüllt. Wir kritisieren jedoch, dass die Abstimmung ohne jegliche inhaltliche Behandlung und nochmalige Abwägung erfolgen wird", sagte Karin Weber bei einem Pressegespräch. Aus Sicht des Bündnisses vergeben Verwaltung und Gemeinderat damit zum Beispiel die Chance, falsche Informationen zu korrigieren. "Denn die Skizze für den Betriebshof am Großen Ochsenkopf enthält falsche Angaben über die Kapazitäten", sagt Weber. Statt 44 werden dort 46 Bahnen angegeben. Damit sei die Abstellkapazität am Großen Ochsenkopf nur so groß wie am derzeitigen Standort in der Bergheimer Straße.
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Hintergrund
Stimmen vor der Abstimmung
Im Vorfeld der Gemeinderatssitzung haben sich verschiedene Akteure zur Betriebshofverlagerung zu Wort gemeldet.
> Stadtteilverein Kirchheim: "Wir wünschen uns eine sachliche und ergebnisoffene
Stimmen vor der Abstimmung
Im Vorfeld der Gemeinderatssitzung haben sich verschiedene Akteure zur Betriebshofverlagerung zu Wort gemeldet.
> Stadtteilverein Kirchheim: "Wir wünschen uns eine sachliche und ergebnisoffene Diskussion ohne Denkverbote, bei der die landwirtschaftlichen Flächen in Kirchheim mindestens gleichrangig wie andere Grünflächen in der Stadt angesehen werden."
> Nabu, BUND und Landesnaturschutzverband: "Die Ochsenkopfwiese ist für die Biodiversität im Innenbereich von Heidelberg die wertvollste Fläche mit dem größten ökologischen Entwicklungspotenzial. Sie ist ein struktur- und artenreiches Biotop mit 240 Blühpflanzenarten, großem Baumbestand und kurzfristig, das heißt innerhalb von 15 Jahren, nicht regenerierbar. Die Ochsenkopfwiese ist für den Klimaschutz im Innenbereich der Stadt von herausragender Bedeutung. Aus Sicht der Umweltverbände muss diese Fläche erhalten und darf keinesfalls bebaut werden."
> Bürger für Heidelberg: "Wir haben den Bürgerentscheid zur Ochsenkopfwiese nicht unterstützt, da für uns eine Verlegung des Betriebshofs aus Sicht einer Stadtentwicklung seit Jahren eine sehr hohe Priorität hat. Wir möchten einen breiten Konsens in der Stadtgesellschaft zur Notwendigkeit des massiven Ausbaus des öffentlichen Nahverkehrs erreichen und zeitgleich die konkreten alternativen Standorte für den Betriebshof untersuchen und miteinander vergleichen (dazu gehört auch die Ochsenkopfwiese). Dazu gehört auch eine Bürgerbeteiligung, um die die Gründe für die getroffene Entscheidung transparent und damit nachvollziehbar zu machen. Darin geht es auch um eine Zusammenlegung der Gelände der Alten Feuerwache mit dem derzeitigen Betriebshof zu einem Gebäudekomplex mit bezahlbarem Wohnen und kreativem Arbeiten mit Park. Und falls gegen die Ochsenkopfwiese als Standort entschieden wird, schlagen wir eine konsequente Bewaldung für das Gelände vor." (tt)
Erfreulich für das Bündnis ist, dass Stadträte fast aller politischen Gruppierungen, mit denen man in den letzten Wochen Gespräche geführt hat, die Bedeutung des Großen Ochsenkopfs als Grünfläche anerkennen. "Das Dilemma ist, dass sie sogar die Grünfläche am Großen Ochsenkopf erhalten würden, wenn es eine greifbare Alternative gäbe", sagt Weber. Die Stadträte scheuten ein "Ja" nicht, weil der Große Ochsenkopf die optimale Lösung darstelle, sondern weil sie eine erneute langwierige Standortsuche fürchteten, so Weber.
"Wir appellieren deshalb an die Stadträte: Ein ,Ja’ bedeutet nicht zwangsläufig einen nennenswerten Aufschub", erklärt Weber. Sie glaubt, dass man auch schneller zu dem Bau eines Betriebshofes an einem anderen Standort kommen könnte. Zumal auch der Ochsenkopf aus ihrer Sicht keine schnelle Lösung darstellt: "Das Planfeststellungsverfahren für die Gneisenaubrücke hat länger als zwei Jahre gedauert. Damit ist auch beim Betriebshof zu rechnen", so Weber. Schließlich müsse die Stadt auch für ökologische Ausgleichsflächen sorgen. "Und bei der Brücke gab es schon nicht ausreichend Flächen in der Umgebung."
Sie verweist auf die Landesrichtlinien zur Förderung von Betriebshöfen: "Eine Maßgabe ist ein möglichst sparsamer Flächenverbrauch, eine andere, dass möglichst keine Grünflächen versiegelt werden." Letzteres könnte zumindest beim Großen Ochsenkopf Probleme geben, auch wenn das Land bei der Entscheidung einen Ermessensspielraum habe.
Alle derzeit in Betracht kommenden Standorte - der Altstandort an der Bergheimer Straße, der Große Ochsenkopf, der Recyclinghof an der Speyerer Straße und der Messplatz in Kirchheim - hat das Bündnis noch einmal erfasst und in einer Entscheidungsmatrix bewertet. "Aus unserer Sicht wurde zum Beispiel der Messplatz nicht hinreichend geprüft", sagt Weber. Deshalb fordert Rainer Zawatzky, der zusammen mit Weber zu den Vertrauensleuten beim Bürgerentscheid gehörte: "Wir sollten uns die Zeit nehmen, und noch einmal alle Standorte prüfen." Man habe für einen zukunftsfähigen Nahverkehr in der Stadt und dem damit einhergehenden Ausbau mehrere Vorschläge für eine klimafreundliche und praktikable Lösung gemacht, die keine weitere Flächenversiegelung erfordere.