Betriebsratswahl bei ProMinent

Belegschaft entscheidet sich für Neuanfang

Neue Liste "Pro Prominent", die der Geschäftsführung nahestehen soll, gewinnt die Wahl – mit sechs Stimmen Vorsprung.

06.04.2022 UPDATE: 07.04.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 4 Sekunden
Das Archivbild zeigt Demonstranten mit Fahnen der IG Metall vor einem ProMinent-Gebäude in Heidelberg. Foto: zg

Von Matthias Kros

Heidelberg. Die Belegschaft von ProMinent in Heidelberg, einem Hersteller von Dosieranlagen und Systemen für die Wasseraufbereitung, wünscht sich mehrheitlich einen Neuanfang im Betriebsrat. Bei der Wahl der Vertreter des Arbeitnehmergremiums Anfang dieser Woche setzte sich mit knappem Vorsprung die erst kürzlich gebildete Liste "Pro ProMinent" durch, die – anders als der bisherige Betriebsrat – der Geschäftsführung nahestehen soll. Das verlautete am Mittwoch aus dem Unternehmen.

Danach erhielt die Liste "Pro Prominent" 223 Stimmen, die Liste 2, die den bestehenden Betriebsrat repräsentiert, holte 217 Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 81 Prozent – ein vergleichsweise hoher Wert. Die Betriebsratswahl bei ProMinent war in diesem Jahr erstmals als Listenwahl durchgeführt worden. Zuvor gab es Persönlichkeitswahlen, die bei größenmäßig vergleichbaren Unternehmen eigentlich üblich sind.

Im Vorfeld der Abstimmung hatte es bei ProMinent einen offenen Machtkampf um die Zukunft des Gremiums gegeben. Die Rede war von einer "Einschüchterung der Belegschaft". Die Geschäftsführung soll mit Verlagerungen von Produktion gedroht haben, wenn die ungeliebte Liste 2 an die Macht komme. Außerdem soll es zu Diffamierungen einzelner Listen-Mitglieder gekommen sein. Das Unternehmen nahm am Mittwoch nicht zu der Betriebsratswahl Stellung.

Die Liste "Pro Prominent" war unter dem Motto "Gemeinsam für Veränderung!" angetreten und steht nach eigenem Bekunden für eine "konstruktive Zusammenarbeit und Diskussion, respektvollen Umgang und langfristige Standortsicherung". Der bestehende Betriebsrat hatte die Listengründung als Reaktion auf ein Schreiben von Geschäftsführer Andreas Dulger gewertet, in dem er die Beschäftigten im Januar indirekt aufgerufen hatte, die etablierten Mitglieder der Arbeitnehmervertretung abzuwählen und sich stattdessen selbst zur Wahl zu stellen.

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Der Betriebsrat spiele eine wichtige Rolle, wenn es darum gehe, an den wichtigen Zukunftsthemen zu arbeiten, schrieb er in einem Aushang. "Wie viele von Ihnen sicher mitbekommen haben, gelingt dies mit dem aktuellen Betriebsrat zu häufig nicht", so Dulger, Bruder des Arbeitgeberpräsidenten Rainer Dulger, der ebenfalls Geschäftsführer von ProMinent ist. Er werde immer wieder von Mitarbeitern angesprochen, "die mir ihre Unzufriedenheit mit dieser unsäglichen Situation übermitteln". Die Betriebsratswahl biete eine Chance, "etwas daran zu ändern", so Andreas Dulger.

Das Verhältnis von Geschäftsführung und Betriebsrat bei ProMinent gilt schon seit längerem als zerrüttet. Immer wieder war man zuletzt vor Arbeitsgerichten gelandet. Im vergangenen Sommer stritten beide Parteien beispielsweise darum, ob Sätze wie "Der Betriebsrat verbringt durch seine Aktionen viel Zeit mit Sitzungen und Besprechungen. Die anfallenden Arbeiten der Betriebsratsmitglieder müssen dann die anderen Kollegen mittragen" oder "Der Betriebsrat riskiert mit seinen Forderungen einen Stellenabbau in Deutschland" unter die Meinungsfreiheit fallen oder eine Behinderung der Betriebsratsarbeit sind.

An dem Aufruf von Geschäftsführer Dulger hatte es viel Kritik gegeben, die IG Metall Heidelberg sprach sogar vom Überschreiten einer "roten Linie", da es sich um einen unerlaubten Aufruf an die Beschäftigten zur Gegenkandidatur und um Wahlbeeinflussung handele. Die Unternehmensleitung sprach dagegen vom Recht Dulgers auf freie Meinungsäußerung.

Am Mittwoch wollte Mirko Geiger, Chef der IG Metall in Heidelberg, aber kein weiteres Öl ins Feuer gießen. "Die Belegschaft hat entschieden und wir schauen uns das jetzt an und entscheiden, wie wir jetzt damit umgehen", sagte er. Generell biete man einem Betriebsrat immer Unterstützung "im Sinne der Beschäftigten" an. Aus der ProMinent-Belegschaft verlauteten aber auch Zweifel. Die in der Betriebsratsarbeit relativ unerfahrene neue Liste müsse jetzt zeigen, wie ernst sie es mit ihrem Versprechen der Standortsicherung meine.

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