Heideldruck-Chef schickt Hilferuf an Bundesregierung (Update)
Eigenkapitalquote des Druckmaschinenbauer bedenklich niedrig - Schlechtes Ergebnis im "Handelsblatt"-Bilanz-Stresstest

Heidelberg. (dpa-lsw) Rainer Hundsdörfer, Vorstandschef der Heidelberger Druckmaschinen AG, fordert von der Bundesregierung schnellere Soforthilfen für von Corona-Pandemie betroffene Druckereien. Das bringt der Manager in einem offenen Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zum Ausdruck. Hundsdörfer handelt dabei natürlich nicht uneigennützig. Heideldruck ist weltweiter Marktführer bei Druckmaschinen und kämpft derzeit mit Absatzproblemen.
"Wie Sie wissen, stellt die Corona-Pandemie letztlich die gesamte deutsche Wirtschaft vor eine gewaltige Herausforderung", schreibt Hundsdörfer an den Politiker. Die Druckindustrie bilde dabei keine Ausnahme. Wichtige Veranstaltungen und Fachmessen wie die drupa in Düsseldorf seien abgesagt, Großaufträge lägen auf Eis oder fielen ganz weg. "Schätzungen zufolge sind über 7500 Unternehmen aus unserer Branche in Deutschland von der Corona-Pandemie betroffen. Die große Mehrheit davon sind kleine und mittelständische Betriebe". Diese seien für diverse Wirtschaftszweige und insbesondere die gewerbliche Wirtschaft von großer Bedeutung. Sie produzierten Verpackungen, Gebrauchsanweisungen, Formulare, Berichte, Plakate, Flyer, Etiketten und vieles mehr.
Grundsätzlich begrüße man das wirtschaftspolitische Maßnahmenpaket der Bundesregierung zur Verbesserung der Liquiditätslage von Unternehmen, schreibt Hundsdörfer weiter. "Dennoch scheint der jetzt vorliegenden Gesetzesentwurf noch nicht ausreichend sicherzustellen, dass die Hilfe auch unkompliziert bei den betroffenen Betrieben ankommt. Daher bitte ich Sie – auch im Namen der vielen Unternehmen der deutschen Druckindustrie: Die Unternehmen benötigen in der jetzigen schwierigen Situation die Hilfe sofort, sprich: zügig das Geld auf ihren Konten, damit sie in der Lage sind, ihre kurzfristigen Liquiditätsengpässe durch die dramatischen Umsatzrückgänge aufgrund der Corona-Auswirkungen auffangen zu können".
Auch Heideldruck selbst kämpft derzeit mit Liquiditätsproblemen. Zu möglichen Staatshilfen gebe es aber noch keine Überlegungen, sagte ein Unternehmenssprecher, "und derzeit auch keinen Bedarf". das Unternehmen hatte sich in der vergangenen Woche Geld aus einem eigenen Pensionsfonds geholt, um ein fälliges Sanierungsprogramm bezahlen zu können.
Update: Mittwoch, 25. März 2020, 19.20 Uhr
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Von Matthias Kros
Heidelberg. Die Corona-Auswirkungen treffen die Unternehmen in Deutschland mit voller Wucht. Die Ausstattung mit Liquidität wird dabei zu einem der wichtigsten Krisenfaktoren. Das "Handelsblatt" hat deshalb die 100 größten deutschen Börsengesellschaften einem Bilanz-Stresstest unterzogen. Zehn Unternehmen fallen dabei besonders ins Auge, weil sie eine niedrige Eigenkapitalquote aufweisen – was in Krisenzeiten erfahrungsgemäß schwierig ist. Zu ihnen gehört auch die Heidelberger Druckmaschinen AG.
Die Eigenkapitalquote ist ein wichtiger Indikator für die Bonität eines Unternehmens, je höher der Wert liegt, desto geringer ist das Insolvenzrisiko. Die SAP kommt beispielsweise auf einen Wert von 51,1 Prozent, die BASF auf 47,7. Schon im vergangenen Geschäftsjahr stand bei Heideldruck dagegen nur ein Wert von 17,1 Prozent. Und im aktuellen Fiskaljahr, das noch bis Ende des Monats dauert, wird der Wert wohl noch weiter sinken und sogar einstellig werden. Das hatte der Finanzchef Marcus Wassenberg in der vergangenen Woche bei einer Telefonkonferenz eingeräumt. "Das ist nicht schön, aber auch nicht existenzbedrohend", meinte er.
Doch über Heideldruck stehen im Moment viele Fragezeichen. Denn anders als die meisten Unternehmen steckte Heideldruck schon vor dem Ausbruch der neuartigen Lungenkrankheit in der Krise. Die Anzahl der Druckereien geht durch eine fortschreitende Konsolidierung deutlich zurück, was Heideldrucks Auftragseingang kontinuierlich schmälert. Auch die Prognosen für das laufende Geschäftsjahr hatte der Vorstand in der vergangenen Woche einkassiert. Hinzu kommen hausgemachte Probleme, die eine dringend notwendige Neuausrichtung lange Zeit verhinderten.
Die Folge waren über Jahre rote Zahlen, die die Barmittel der Gesellschaft bedenklich abschmelzen ließen. Auch für das kommende Geschäftsjahr, das im April beginnt, rechnet der Vorstand mit einem Minus.
Vor diesem Hintergrund bemüht sich das Management nun mit aller Macht darum, das Geld zusammenzuhalten. Rund 2000 Stellen sollen noch einmal gestrichen werden, kleine Werke könnten ganz schließen, Grundstücke werden verkauft, unprofitable Produkte eingestellt. Vorläufiger Höhepunkt war die in der vergangenen Woche kommunizierte Rückführung eines 2006 ausgelagerten Pensionsfonds, aus dem die Betriebsrenten bezahlt werden.
375 Millionen Euro kommen dadurch zurück in die eigene Bilanz, für Vorstandschef Rainer Hundsdörfer ein "Meilenstein" auf dem Weg in die Zukunft. Das auch von den Arbeitnehmervertretern mitgetragene Manöver sichere die finanzielle Unabhängigkeit, freute sich auch Wassenberg. Doch das Geld aus dem Fonds ist schon größtenteils für den anstehenden Personalabbau verplant. Ohne den Fonds wird Heideldruck außerdem einen größeren Teil der Pensionen wieder selbst zahlen müssen.
Auch operativ ist der Druckmaschinenbauer im Krisenmodus: "Wir haben nun an allen Standorten in Deutschland in jeweiligen Betriebsvereinbarungen Kurzarbeit vorgesehen", sagte ein Unternehmenssprecher, teilweise würden hierfür zunächst noch Zeitguthaben abgebaut. Bis nach Ostern sei Kurzarbeit konkret eingeplant, "wir fahren sozusagen auf Sicht". Weil sich die Auftragslage sehr volatil entwickele, sind Planungen darüber hinaus nur schwer möglich, so der Sprecher. "Die bislang genehmigte Kurzarbeit lässt eine weitere Ausdehnung darüber hinaus bis Juni grundsätzlich zu. Ob und in welchem Ausmaß wir das benötigen entscheiden wir, sobald belastbare Prognosen vorliegen, die derzeit nicht möglich sind".