Der beste Song

Auch mit fast 80 ist das für David Crosby Ansporn

Der Sänger und Songschreiber mit dem Walrossbart wird Mitte August 80 Jahre alt und beschenkt sich selbst mit dem Soloalbum "For Free".

15.07.2021 UPDATE: 22.07.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 41 Sekunden
David Crosby. ​Foto: Anna Webber

Von Olaf Neumann

David Crosby ist einer der bedeutendsten Vertreter der Generation Woodstock und Autor von Songklassikern wie "Wooden Ships","Almost Cut My Hair" oder "Guinnevere". Die Kämpfe innerhalb seiner Band mit Stephen Stills, Graham Nash und Neil Young alias CSNY und seine Verhaftungen wegen Drogen und Schusswaffen sind legendär. Der Sänger und Songschreiber mit dem Walrossbart wird am 14. August 80 und beschenkt sich selbst mit dem Soloalbum "For Free". Olaf Neumann sprach mit Crosby über Pot als Kreativdroge und den Verkauf seiner Songrechte.

Mr. Crosby, Sie haben in den vergangenen fünf Jahren vier Soloalben veröffentlicht. Wie erklären Sie sich diesen kreativen Schub?

David Crosby: Wissen Sie, mein Sohn James Raymond ist ein fantastischer Produzent und Songschreiber. Auf "For Free" ist er mindestens so gut wie ich, vielleicht sogar besser. Und dann sind da noch Michael League und die Lighthouse Band mit Becca Stevens und Michelle Willis. Die Chemie dieser Gruppe ist ganz besonders. Das Songschreiben ist bei uns der Schlüssel. Solange das der Fall ist, will ich Platten aufnehmen, auch wenn ich damit in Zeiten von Streaming nichts mehr verdiene.

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Was treibt Sie als Songschreiber an?

Ich habe einfach das Gefühl, meinen besten Song noch nicht geschrieben zu haben. Da schlummert noch einiges in mir. In den vergangenen sechs Jahren habe ich fünf Alben aufgenommen, weil ich es liebe, Kunst zu machen. Das ist ein sehr guter Grund. Es ist auch die einzige Art von musikalischer Anstrengung, die mir noch erlaubt ist. Ich liebe es, in meinem Schlafzimmer, das ich Ihnen nicht zeigen werde, neues Material zu schreiben. Es ist ein wirklich toller Ort.

Sie haben einmal gesagt: "All diese Hits, jeden einzelnen, habe ich mit Cannabis geschrieben."

Ich rauche immer noch Marihuana, Mann. Natürlich auch im Studio beim Musikmachen. Das funktioniert sehr gut. Meine Frau und ich bauen unser eigenes Gras an. Das macht echt Spaß, weil es gutes Zeug ist. (Anm. d. Red.: Gemeinsam mit seinem langjährigen Freund und Unternehmer Steven Sponder entwickelte Crosby eine Cannabis-Marke namens "Mighty Croz".)

Erkennen Sie sich in Ihrem Sohn James Raymond wieder?

Nein, er ist schlauer als ich es in seinem Alter war.

James Raymond hat auch bei Crosby, Stills & Nash mitgespielt. Inwieweit hat er Ihre Karriere wiederbelebt?

Er hat eine ganze Menge für mich getan, Mann! James Raymond ist nicht nur ein Weltklasse-Songschreiber, er ist auch ein großartiger Keyboarder und Sänger. Mit "I Won’t Stay For Long" hat James Raymond den besten Song auf meinem Album geschrieben. Ich musste weinen, als er ihn mir das erste Mal vorspielte. Ich bin natürlich sehr stolz auf meinen Sohn.

"For Free" ist ein Cover eines Joni Mitchell-Klassikers. Bereits 1973 haben Sie diesen Titel mit den Byrds aufgenommen. Was reizte Sie erneut an dem Song?

Ich liebe die Aussage dieses Liedes. "For Free" habe ich jetzt zum dritten Mal aufgenommen, was irgendwie verrückt ist, aber ich konnte einfach nicht widerstehen. Als ich hörte, wie das Lied mit meiner Band klang, war das einfach so richtig. Ich konnte nicht anders, ich wollte es auf der Platte haben, die ich dann auch "For Free" genannt habe. Ob das jetzt die ultimative Version ist, weiß ich nicht. Ich werde es vielleicht wieder tun.

"For Free" ist ein Lied über einen Straßensänger, der für die Leute umsonst singt und nicht in teuren Hotels absteigt oder in schwarzen Limousinen zu Auftritten gebracht wird. Haben Sie selber mit Straßenmusik angefangen?

Meine Karriere begann mit Auftritten in einem Café in New York, wo man am Ende den Hut herumgehen ließ. Das war ein bisschen so wie auf der Straße zu singen. Mein allererstes Konzert spielte ich in Santa Barbara in einem Café, wo ich gearbeitet habe. Für den Auftritt selbst wurde ich nicht bezahlt, aber fürs Tellerwaschen.

Warum ist Joni Mitchell für Sie die größte lebende Singer-Songwriterin?

Ich weiß nicht, warum sie so gut ist, sie ist es einfach. Joni Mitchell kreiert bessere Songs als jeder andere, den ich kenne. Als Poetin steht sie auf einer Stufe mit Bob, wenn nicht höher. Als Sängerin und Musikerin ist sie sogar zehnmal besser als Dylan. Und ich sage das als Freund und Bewunderer von Bob, ich liebe seine Lyrik.

Wie geht es Joni Mitchell gesundheitlich?

Sie ist sehr zäh, Mann. Sie hatte einen Schlaganfall und hatte deshalb Probleme beim Gehen und so weiter.

Und wie geht es Ihnen?

Ziemlich gut. Ich komme hier ganz gut zurecht. Derzeit ist nichts gebrochen. Glauben Sie mir, ich versuche gesund zu bleiben! Meine Impfungen habe ich auch schon bekommen.

Haben Sie vor, mit dem Album auf Tour zu gehen?

Ich glaube nicht, dass ich noch einmal mit einem Bus herumtouren werde.

Kürzlich haben Sie Ihre Musik- und Verlagsrechte verkauft und einen Deal mit Irving Azoffs Iconic Artists Group für Ihre Soloarbeit sowie Ihre Arbeit mit den Byrds, Crosby, Stills & Nash und CSNY abgeschlossen. Warum haben Sie sich von Ihrem Lebenswerk getrennt?

Weil die Streamingdienste mir so gut wie nichts bezahlen. Sie verdienen Milliarden mit Musik, aber an die Urheber schütten sie fast nichts aus. Spotify ist eine Bande von Dieben! Das war ein Grund. Und als die Coronapandemie ausbrach, war ich plötzlich nicht mehr in der Lage, auf Tour zu gehen und musste die ganze Zeit zu Hause bleiben. Damit war meine zweite Einkommensquelle versiegt. Nur weil ich jetzt diese Rechte verkauft habe, bin ich in die Lage versetzt worden, mein Haus abzubezahlen. Ich hatte keine andere Wahl, andernfalls hätte ich mein Zuhause verloren.

Sie werden am 14. August 80 Jahre alt. Auf welche Ihrer zahlreichen Platten sind Sie am meisten stolz?

Jesus, das ist, als würden Sie mich fragen, welches mein Lieblingskind ist! Ich liebe sie alle. Am stolzesten bin ich eigentlich immer auf die Platte, die als nächstes kommt. Ich kann sie bereits in meinem Kopf hören.


Info: Das neue Soloalbum "For Free" erscheint am 23. Juli. David Crosby hält er für eher unwahrscheinlich, dass er noch mal auf Tour geht.

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