Hintergrund - Jagen ist auch Umweltschutz

Wildbestände so hoch wie nie - Rehe schaden Klimastabilität

22.05.2020 UPDATE: 22.05.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 35 Sekunden

Jagen ist auch Umweltschutz

"Die Jägervereinigung verzeichnet seit Jahren einen extremen Zuwachs", sagt Forstingenieur und Waldpädagoge Daniel Weissgärber (siehe Artikel rechts). "Auch immer mehr Frauen und junge Leute interessieren sich dafür." Im Gespräch mit der RNZ erklärt Weissgärber, warum die Jagd auf Wild nicht nur ein Hobby ist, sondern vor allem eine wichtige ökologische Funktion erfüllt.

"Wir hatten hierzulande noch nie so hohe Wildbestände", betont der 46-Jährige. Dies sei letztlich auf den Menschen zurückzuführen, der Tiere wie den Luchs und den Wolf als "natürliche Beutegreifer" von Wild ausgerottet habe. Dies habe ermöglicht, dass auch immer mehr Rehe in den Wäldern leben. "Ein Reh frisst täglich bis zu 2,5 Kilogramm Pflanzenmasse", erklärt Weissgärber. Besonders beliebt seien die Knospen von Bäumen. "Das sind geballte Nährstoffe." Jedoch bedeute das Abfressen einer Triebknospe, beispielsweise einer kleinen Buche, für deren Wachstum bereits einen Rückschlag um mindestens ein Jahr – "wenn der Baum nicht sogar abstirbt."

Entsprechend schädlich seien hohe Rehwildbestände für das Vorhaben, auch im Sinne des Klimaschutzes den Anteil an Laubbäumen in den Wäldern wieder zu steigern. "Und die Ansprüche an den Wald sind ja auch noch mal größer geworden", ergänzt Weissgärber mit Blick auf weitere Funktionen wie Wasser- und Emissionsschutz. Zudem sei der Forst für Waldbesitzer auch ein "Wirtschaftsfaktor", so der Fachmann. Das Gleichgewicht zwischen Pflanzenfressern und Pflanzenwachstum sei also erst durch das Ausrotten der "Beutegreifer" gestört worden. Das Jagen könne dieser Entwicklung entgegenwirken. "Wo Wald nachwachsen soll, muss man die verstärkte Jagd fördern", so Weissgärber.

Auch die Zahl der Wildschweine sei so hoch wie nie, sagt er. Dies sei auch damit zu erklären, dass die Tiere in "Rottenverbänden" leben und sich teilweise bereits im Alter von neun Monaten vermehren können. Dabei bekomme ein Weibchen bis zu zwölf Frischlinge "auf einen Schlag". Im Gegensatz zu Rehen richte Schwarzwild eher Schäden außerhalb des Waldes an. Häufig sorgen Wildschweine auf landwirtschaftlichen Flächen und Gärten für Verwüstungen. Kürzlich etwa war Wild in Schönau am Brunnen im Oberen Tal und am Altneudorfer Friedhof eingedrungen, sodass jeweils neue Zäune gebaut werden mussten.

Beim Thema Fleischkonsum wirbt Weissgärber übrigens für den Verzehr von regionalem Wild. "Es heißt ja immer, man sollte aus Klimaschutzgründen auf Fleisch verzichten, aber da wird meist nur an Massentierhaltung gedacht." Tatsächlich könne man zur Gestaltung "klimastabiler Wälder" beitragen, indem man Wildfleisch aus der eigenen Region isst. (luw)