Hintergrund

Jugendhilfe warnt vor Folgen des Unterrichtsausfalls durch Corona

06.08.2020 UPDATE: 06.08.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 14 Sekunden

Aus Sicht der Sozialpädagogen Tobias Metzger und Melanie Rauth-Kästel lässt sich nicht nur das Ausmaß der traumatischen Erlebnisse vieler Kinder in ihren Familien erst in einigen Monaten überblicken. Auch angesichts der schulischen Defizite befürchten sie ein böses Erwachen im Herbst.

"Kein Kind ist super durch diese Zeit gekommen", warnt Metzger. "Viele Eltern sehen das alles noch nicht so dramatisch, aber erst mal wird ja auch jeder Schüler in die nächste Klassenstufe versetzt." Die entstandenen Lernlücken würden wohl erst in den Monaten nach den Sommerferien zutagetreten und könnten dann für enormen Leistungsdruck und Frustration sorgen. "Ich will nicht schwarzmalen, aber die Ansicht, dass das in den nächsten Monaten nach den ganzen Unterrichtsausfällen ohne Weiteres funktioniert, halte ich für nicht ganz realistisch", so Metzger weiter.

Eigene Ohnmacht eingestehen

Eltern rät er, in den nächsten Wochen ihre Kinder genau im Auge zu behalten. "Es hilft auch, sich erst mal die eigene Ohnmacht einzugestehen. Es ist gut, wenn die Kinder merken: ,Okay, auch die Erwachsenen haben so eine Pandemie noch nicht erlebt.’" Denn einige Eltern würden sich unter Druck setzen und versuchen, souverän mit einer Situation umzugehen, die in Wahrheit niemand ohne Probleme "meistern" würde. Zudem sei es auch in den Ferien "nie ein Fehler, ein Buch in die Hand zu nehmen". Jedoch sei in dieser Zeit "nicht zu retten", was den Schülern seit März entgangen sei.

Derweil hofft man auch im Friedrichstift, dass kein zweiter "Lockdown" nötig wird. "Das darf so nicht noch mal passieren", sagt Metzger. "Sonst besteht die Gefahr, dass eine ganze Schülergeneration ruiniert wird." Allgemein dürfe man nicht erneut "blindlings in so einen Lockdown reinlaufen".

Auch wenn das Friedrichstift durchgehend "vom ersten Tag des Lockdowns bis heute" erreichbar gewesen sei: Die Einrichtung will in Zukunft ihre Angebote noch offensiver an die veränderten Bedingungen anpassen; Metzger sieht sich und seine Kollegen auch hinsichtlich technischer Ausstattung inzwischen besser vorbereitet, um mit Schülern in Kontakt zu bleiben. (luw)