Der Einrichtungsleiter der Walldorfer Krippe Rockenauerpfad, Peter Hug, arbeitet mit Maske. Das sei der bestmögliche Kompromiss für gute pädagogische Arbeit im Lockdown. Repro: heb
Von Sabine Hebbelmann
Region Wiesloch/Walldorf. "Ich unterschreibe das absolut", sagt Sandra Elzer über die Petition, die drei Leiterinnen katholischer Kindergärten in Rauenberg angestoßen haben. Darin forderten sie einen bessere Infektionsschutz für Kindertagesstätten in Baden-Württemberg. "Man vergisst die Fachkräfte in den Kitas, die sich nicht schützen können", so Elzer.
Als Leiterin des Fachbereichs Bildung und Betreuung ist sie in Rauenberg für vier städtische Kitas und die verlässliche Grundschule zuständig. Die Auslastung der Notbetreuung in städtischer Trägerschaft sei aber nicht sehr hoch, berichtet sie. Pro Gruppe seien drei bis fünf, in manchen Gruppen auch zehn Kinder da. "Das ist gut zu leisten", so Elzer. Sie weiß aber auch, dass in anderen Einrichtungen 70 und mehr Kinder betreut werden. Deshalb teilt sie die Sorge um die Sicherheit in gut besuchten Gruppen der Notbetreuung.
So sind im Wieslocher Kinderhaus des Postillion-Vereins mit 39 Krippen- und 40 Kindergartenplätzen rund drei Viertel der angemeldeten Kinder in der Notbetreuung. Im Waldkindergarten Waldwichtel in St. Leon-Rot sind es von angemeldeten 16 Kindern derzeit zehn. Im Eckertsberg Kindergarten in Dielheim sind wiederum von 90 Kindern 35 in der Notbetreuung, davon einige nur tageweise.
"Eltern können ihren Bedarf einfach anmelden. Klare Vorgaben der Regierung fehlen. Eltern und Träger werden mit der Entscheidung allein gelassen", kritisiert Elzer. Sie arbeitet selbst im Homeoffice, hat ein Kindergartenkind und versteht die Eltern gut, die den Spagat zwischen Kinderbetreuung und Arbeit leisten müssen. Die Fachkräfte sieht sie in einem inneren Konflikt: Sie wollen sich schützen, wissen aber auch, wie wichtig der "Face-to-Face-Kontakt" mit den Kindern ist. Sprachförderung etwa sei mit Maske schwierig.
Um den Gesundheitsschutz sorgt sich auch Julia Berli aus Dielheim, die einen Kindergarten in Meckesheim leitet. "Man legt uns nahe, keine Maske zu tragen, dabei haben wir fast 50 Prozent Auslastung – das ist eine Mogelpackung. Das Personal fühlt sich vergessen, man hört uns nicht", kritisiert Berli.
Je kleiner die Kinder sind, desto schwieriger ist es, mit Mund-Nase-Schutz zu arbeiten, weiß auch Birgit Hemmer, Vorständin des Walldorfer Vereins Zipfelmützen. Doch die Situation sei eben eine Besondere. "Wir stellen es unseren Fachkräften frei, Masken zu tragen", betont sie und skizziert die Entwicklung seit Dezember:
Nach der kurzfristigen Schließung der Schulen und Kitas vor Weihnachten mussten Eltern für die Notfallbetreuung eine Unabkömmlichkeitsbescheinigung vorlegen. Damals waren bis zu zwanzig Kinder in der Betreuung, also rund zehn Prozent.
Als der Lockdown dann kurzfristig verlängert wurde, hat das Land eine Notbetreuung angeboten, aber hierfür keine klaren Kriterien definiert. Eltern müssen nun keine Bescheinigungen mehr vorlegen, sondern können selbst erklären, dass sie unabkömmlich sind. Das gilt auch, wenn sie im Homeoffice arbeiten. Als Mutter von Zwillingen, die in die zweite Klasse gehen, nimmt auch Hemmer selbst dieses Angebot dankbar in Anspruch. Darüber hinaus können Eltern schwerwiegende Gründe nennen, weshalb sie ihre Kinder nicht selbst betreuen können, etwa eine Krankheit oder einen Pflegefall in der Familie.
Ab dem 11. Januar waren bei den Zipfelmützen 75 Kinder in der Notbetreuung, die Woche darauf 96 und seit dieser Woche sind es 111 Kinder. "Über die Hälfte der Kinder sind wieder da, die Zahl steigt kontinuierlich an", so Hemmer. Eine Gruppe sei sogar bis auf ein Kind komplett.
"Es gibt ganz wenige Eltern, die ihre Kinder zur Sicherheit zu Hause lassen", berichtet sie und betont zugleich: "Eltern halten sich an die Hygiene-Vorgaben. Sie betreten die Kita nur mit medizinischer oder FFP 2-Maske." Kinder mit Erkältungssymptomen werden rigoros nach Hause geschickt. "Und Eltern, die nur zwei Tage die Woche arbeiten, sagen wir: Dann können Sie Ihr Kind nicht jeden Tag bringen."
Bei den Fachkräften sieht sie ein breites Meinungsspektrum. Angst, sich anzustecken, haben vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Partner oder Familienangehörige zur Risikogruppe gehören. "Sorgen bereitet auch die Ausbreitung von Mutationen, von denen man nicht genau weiß, ob Kinder ansteckender sind", berichtet Hemmer.
"Drei bis vier Stunden mit Gleichaltrigen in der Notbetreuung, das tut den Kindern so gut", schildert die Vorständin weiter. Bestrebungen nach weiterer Öffnung sieht sie jedoch mit gemischten Gefühlen: "Ich find’s ganz schwierig und möchte nicht in der Haut der Politiker stecken. Aber ich wünsche mir ein detailliertes Hygienekonzept mit einem wöchentlichen Termin im Kindergarten, an dem sich alle Fachkräfte testen lassen können", äußert sich Hemmer.