Das Haus der Astronomie hatte am Freitagabend zum Mondfinsternis-Gucken auf die Pfaffengrunder Terrasse geladen. Besonders faszinierend wirkte der "Blutmond" beim Blick durch die aufgestellten Teleskope. Foto: Hoene
Von Daniela Biehl
Heidelberg. Die Zeit tickt. Johannes Nowak hastet Richtung Pfaffengrunder Terrasse, holt sein Teleskop aus dem Rucksack, montiert es am Stativ und blickt nervös auf die Uhr. 21.38 Uhr. Eigentlich müsste man ihn schon sehen, den Mond - riesig und glutrot wurde er angekündigt. "Weiß jemand, ob die Straßenlaternen noch ausgehen?", fragt Nowak. Ein anderer schüttelt den Kopf.
Es ist die erste totale Mondfinsternis, die Nowak beobachtet. Das "Haus der Astronomie" hat am Freitagabend in die Bahnstadt geladen. Und es ist voll, rund 5000 Menschen tummeln sich auf der Pfaffengrunder Terrasse und entlang des angrenzenden Weges.
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"Sehen Sie ihn schon?", fragen wildfremde Menschen einander. Eine fast magische Atmosphäre herrscht, die gemeinsame Suche nach dem Blutmond verbindet die Menschen. Und überall blitzt und blinkt es. Die Himmelsgucker machen Fotos, obwohl der Mond noch gar nicht zu sehen ist.
Dann beginnt die Nacht. Der Mond schält sich aus dem Dunst, ist mit bloßem Auge jedoch zunächst kaum zu erkennen. Erst beim Blick durchs Teleskop zeigt er seine ganze Pracht: Da erscheint er groß und dunkelrot. Und der Schimmer an seiner Seite verwandelt sich in einen Sternenhaufen. "
Eine Mondfinsternis gibt es immer nur bei Vollmond", sagt Carolin Liefke vom Haus der Astronomie. "Wenn der Mond - von der Sonne aus gesehen - hinter der Erde vorbeizieht." Doch nicht immer gerate er dabei in den Schatten der Erde. Weil die Mondbahn leicht zur Erde geneigt ist, zieht er meist seitlich vorbei und wird noch von der Sonne angestrahlt.
Um Liefke herum hat sich eine Traube von Menschen gebildet - jeder will einmal einen Blick durchs Teleskop werfen. Und die Astrophysikerin erklärt: "Liegen nun Sonne, Erde und Mond genau auf einer Achse, läuft der Mond tatsächlich in den Schatten der Erde." Und das nennt man dann totale Mondfinsternis.
Blutmond 2018 - RNZ-Leser-Impressionen - Die FotogalerieDoch müsste der Mond nicht eigentlich komplett aus unserem Sichtfeld verschwinden? Verschluckt vom Kernschatten der Erde? Liefke schmunzelt. "Er leuchtet tatsächlich zehntausend Mal schwächer als zuvor, aber Streulicht aus der Erdatmosphäre färbt ihn wieder ein." Und zwar rötlich. Weil das blaue Licht in der Erdatmosphäre verweilt.
Etwas abseits von den Massen, zwischen Pfaffengrunder- und Schwetzinger Terrasse, sitzt Raja Yilmaz mit seiner Freundin auf dem Rasen. "Es ist Wochenende - und dann so ein tolles Naturschauspiel", sagt er. "Da mussten wir hin." Und weil die Nacht lang wird, hat Yilmaz ein Abendmahl vorbereitet: Lachsbrötchen, Sekt und Mousse au Chocolat.
Nur gut 50 Meter weiter hat sich Johannes Nowak mit seinem Teleskop niedergelassen. Er ist noch immer fasziniert: "Wenn man da hochschaut, hat man das Gefühl, am Eingang des Universums zu stehen. Unendliche Weiten und ab und zu glitzert ein Planet." Nur: Der Mond ist wieder verschwunden. Eine dicke Dunstschicht hat ihn eingehüllt.
Mit zusammengekniffenen Augen sucht Liefke den Himmel ab. Hoch über dem Horizont, im Süden, bleibt ihr Blick hängen. "Der Mars", sagt sie und deutet auf ein Glitzern hinter den Bäumen. An diesem Abend ist der Nachbarplanet der Erde besonders nah - und vergleichsweise groß zu sehen. "Es tobt jedoch ein Sandsturm auf dem Mars." Eine klare Sicht auf dessen Oberfläche hat man darum nicht.
"Und da - Jupiter und Venus", ruft sie und dreht sich um ihre eigene Achse. Liefke liebt die Planeten. Seit ihrer Kindheit, als im Juli 1994 ein Komet - Shoemaker-Levy 9 - auf den Jupiter fiel. "Das war ein Großereignis wie heute. Wir waren alle draußen, mit unseren Ferngläsern, und sahen die Ruß- und Aschewolken über den Rand des Jupiters aufsteigen."
Von diesem Zeitpunkt an war sie der Astronomie verfallen. "Wäre Shoemaker-Levy auf die Erde gestürzt, wäre sie jetzt wüst und leer." Darum nennt sie Jupiter auch den Beschützer der Erde.
Und dann, Punkt 23 Uhr, schält sich der Mond ein letztes Mal aus der Dunstschicht. Ehe er sich - kurz vor Mitternacht - wieder in einen gewöhnlichen, aber ziemlich großen Vollmond verwandelt. "Magisch, nicht?", meint Nowak.