In der Moltkestraße in Neuenheim soll der rechte Teil des Villenkomplexes zu Ferienwohnungen werden. Foto: Hentschel
Von Micha Hörnle
Zum ersten Mal soll ein ganzes Haus für Medizintouristen umgebaut werden: Die Neuenheimerin Gudrun Schüssler benachrichtigte die RNZ, dass das Haus in der Moltkestraße 7 verkauft worden sei. Hier plane der neue Besitzer, die vier großen Fünf-Zimmer-Wohnungen - Schüssler: "Die sind doch ideal für Familien" - zu Kurzwohnappartements zu machen. Im Antrag der neuen Besitzer heißt es: "Unser Konzept richtet sich an: 1. Gastprofessoren, 2. Patienten, die einer längeren Behandlung in der Klinik unterzogen werden, 3. Angehörige dieser Patienten, 4. Menschen, die mehrere Wochen an einer Aus- oder Weiterbildung teilnehmen" - Mindestaufenthalt soll übrigens vier Wochen sein. Schüssler ärgert sich, dass hier Wohnraum in bester Lage vernichtet werde - und sie unterstellt dem neuen Besitzer Profitinteresse: "Hier wird ja dann ein Vielfaches des alten Mietpreises eingenommen."
Auch in der Nachbarschaft habe sich, so Schüssler, mittlerweile massiver Unmut gerührt: Gemeinsam will man sich nun gegen diese neue Nutzung der herrschaftlichen Villa wehren. Zumal man in Neuenheim um den Charakter des Areals fürchtet: Man weiß nicht, was auf die Nachbarschaft zukommt, wenn es dort ein ständiges Kommen und Gehen geben wird - und schon gar nicht von Leuten aus einem anderen Kulturkreis.
Was Schüssler am meisten wurmt: Das soll alles rechtens sein. Und tatsächlich: Das Baurechtsamt sieht keine andere Möglichkeit, als diese Nutzungsänderung zu genehmigen, wie dessen Leiter Volker Fehrer berichtet: "Ferienwohnungen, wie sie hier geplant sind, sind die schwächste Form eines Beherbergungsbetriebs und daher in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig." Der einzige, der daran etwas ändern könnte, wäre der Gemeinderat: Er müsste eine kommunale Wohnraum-Zweckentfremdungssatzung beschließen - und dabei auch ganz genau angeben, wo die zu gelten habe: "Man kann nicht die ganze Stadt unter diesen Schutz stellen", weiß Fehrer. Allerdings sei eine solche Satzung nicht ganz einfach, denn gegen sie werde oft geklagt, so Fehrer: "Das ist schließlich ein schwerer Eingriff ins Eigentum."
An dem vorliegenden Antrag könne er nach Rechtslage nichts Verwerfliches erkennen: Das sei alles formal korrekt - und immerhin wurde er gestellt: "Ich will gar nicht wissen, wie viele uns nicht gefragt haben und Wohnungen in Appartements für Medizintouristen umgewandelt haben", so Fehrer. Er könne höchstens einen Nachweis über Stellplätze verlangen - auch vom Denkmalschutz her gebe es nichts zu beanstanden: "Es wird ja nichts umgebaut, nur möbliert."
Bisher, so sagt Fehrer, wurden gelegentlich Wohnungen zu Appartements für Langzeitgäste umgebaut. Aber das betraf eher verkehrsreiche, unattraktive Gegenden, wo eine normale Vermietung fast unmöglich war - beispielsweise in der Schlierbacher Landstraße (nahe der Orthopädie), die Römer- oder die Rohrbacher Straße. Dass nun ein solches Ansinnen nach Neuenheim getragen werde, sei neu: "Bis jetzt war das ein untergeordnetes Problem, da es sich ja im Stadtgebiet verteilte - auch wenn von gelegentlichen Lärmbelästigungen berichtet wird. Aber ich bin mir sicher, dass angesichts der Expansion der Uniklinik da noch einiges auf Neuenheim zukommen wird." Fehrer sieht das durchaus mit gemischten Gefühlen: "Der zunehmende Medizintourismus kann einen Stadtteil schon verändern, das kann dann auch eine schwierige Entwicklung sein." Deswegen hielte er es für keine schlechte Lösung, wenn die Uniklinik ihre alten Pläne für ein Gästehotel an der Berliner Straße wiederbeleben würde, um den Druck vom Wohnungsmarkt zu nehmen.
Der Nachbarin Schüssler greift das alles zu kurz: "Wieso erlassen wir nicht wie Freiburg ein Nutzungsänderungsverbot? Nur so könnte man den Ausverkauf an Wohnraum stoppen."
Das klingt gut, hat aber seine Tücken: Tatsächlich gibt es in der südbadischen Metropole, deren Wohnungsmarkt sogar noch angespannter ist als in Heidelberg, seit Februar 2014 ein Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum - das übrigens für das gesamte Stadtgebiet ohne Einschränkungen gilt. Ein halbes Jahr später ermittelte die Stadt 45 Fälle, davon 27 aufgrund von Anzeigen. Doch die Nachprüfung erwies sich als extrem zäh und konfliktreich: Nicht immer waren die Eigentumsverhältnisse klar, manche Eigentümer drohten mit dem Anwalt, andere sehen sich um ihre Erlöse gebracht. Und vor allem: Es gibt eine große Dunkelziffer von Nutzungsänderungen, von denen die Stadt Freiburg nie erfahren wird, weil sie nicht beantragt werden.