Funkenflug vernetzter Forschung
Jahresfeier der Heidelberger Akademie der Wissenschaften in der Alten Aula

Am schönsten sichtbar wurde die Fruchtbarkeit des interdisziplinären Austauschs, wie ihn die Heidelberger Akademie der Wissenschaften pflegt, in der Festrede des Akademiemitglieds Jürgen Debus zum Thema "Strahlenheilkunde: eine multidisziplinäre Herausforderung". Denn der Mediziner Debus, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Klinische Radiologie/Strahlentherapie am hiesigen Universitätsklinikum, unterstrich in der Alten Aula, dass das Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) - ein Aushängeschild des gesamten Wissenschaftsstandortes - ohne den Funkenflug durch vernetzte Forschung nicht vorstellbar ist. Im Jahr 2013 konnten im HIT gut 600 Patienten behandelt werden, und derzeit entstehen in ganz Europa ähnliche Einrichtungen, etwa in Wien, Mailand, Stockholm oder Lyon.
Einen deutlich europäischen Akzent erhielt die gesamte Jahresfeier durch das Grußwort von Anton Zeilinger, des Präsidenten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der seine Institution verstellte. Wichtig Punkte waren hier die Erschließung neuer Forschungsgebiete, die Verbindung von Wissenschaft und Politik sowie die Einbeziehung junger Leute. Darin erkannte Paul Kirchhof, seit 2013 Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, gemeinsame Perspektiven, die auch die kulturelle Lage in Europa betreffen. Freilich hatte Kirchhof zuvor in Anwesenheit von Oberbürgermeister Eckart Würzner auch die Bedeutung des Wissenschaftsstandortes Heidelberg mit seiner Tradition, der Kulturoffenheit und dem attraktiven Ambiente hervorgehoben.
Trotz dieser positiven Grundbedingungen hofft Kirchhoff angesichts nahezu stagnierender Landesmittel in Zeiten des Wirtschaftswachstums auf finanzielle Zuwächse. In seinem Rechenschaftsbericht machte der Präsident zudem deutlich, dass die Heidelberger Akademie bei der Durchdringung der Welt auch an den Grenzen Europas keineswegs Halt macht. So wurde die Edition "Europa Humanistica", die für die Zeit zwischen 1500 und 1630 den Gesamtbereich der literarischen Rezeptionsgeschichte der Antike und des Mittelalters erfasst, inzwischen abgeschlossen. Hinzu kam jedoch das neue, auf 15 Jahre Förderzeit angelegte Forschungsvorhaben "Religions- und rechtsgeschichtliche Quellen des vormodernen Nepal". Es erschließt historisches Material, das im Spannungsfeld zwischen Indien und Tibet sowie Hinduismus und Buddhismus entstanden ist.
Zu den auswärtigen Aktivitäten der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, welche die Landesakademie Baden-Württembergs ist, zählte auch ein Energie-Symposium in Prag, das in Kooperation mit der Gelehrten Gesellschaft der Tschechischen Republik stattfand und Themen wie Atomkraft, Wind- und Wasserkraft, fossile Brennstoffe, Solarenergie oder Geothermie aufgriff. Und schließlich wehte Internationalität auch durch die Werdegänge der Nachwuchswissenschaftler, welche die jeweils mit 6000 Euro dotierten Preise erhielten.
So ging der Akademiepreis an den französischen Physiker Mathieu Le Tacon für seine Arbeit "Lichtstreuexperimente. Korrelationseffekte in komplexen Materialien". Den Karl-Freudenberg-Preis bekam Michael Floßdorf, der ein Jahr an der Michigan State University verbrachte, für seine Dissertation über Immunzellen. Tobias Dangel, der für seine Arbeit "Hegel und die Geistmetaphysik des Aristoteles" mit dem Walter Witzenmann-Preis geehrt wurde, hat in Heidelberg sowie Siena studiert. Patrick Jochem schließlich, mit seiner Arbeit über positive Klimabeeinflussung durch Verkehrsentwicklung und -lenkung Träger des Ökologiepreises der Sigrid-und-Viktor-Dulger-Stiftung, war am Deutsch-Französischen Institut für Umweltforschung tätig.