"Ich bin überwältigt"

Stadtdekanin zieht erste Bilanz der Reformationsfeiern

01.11.2017 UPDATE: 01.11.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 19 Sekunden

Stadtdekanin Marlene Schwöbel-Hug.

Stadtdekanin zieht erste Bilanz der Reformationsfeiern

Seit knapp neun Jahren ist Marlene Schwöbel-Hug (63) Dekanin der Evangelischen Stadtkirche Heidelberg (Foto: Rothe). Nach dem Gottesdienst in Heiliggeist zog sie eine erste Bilanz der einjährigen Reformationsfeiern in der Stadt.

Frau Schwöbel-Hug, am Dienstagabend war Heiliggeist so voll wie selten. Und dabei könnte man ja denken, die Leute sind langsam müde geworden, die Reformation zu feiern …

Ich bin überwältigt. Ich glaube, dass das, was die Gemeinden in Heidelberg auf die Beine gestellt haben, die Leute anzieht. Das ist auch ein Stück Aufbruch, und das brauchen wir. Wenn Leute vor der Kirche Schlange stehen, dann kann das für sie durchaus ein Ärgernis sein, aber Heiliggeist war mit mehr als 1200 Besuchern schlicht so voll, dass ein weiterer Einlass von noch mehr Menschen unverantwortlich gewesen wäre.

Vor knapp einem Jahr läuteten Sie, auch in Heiliggeist, die Reformationsfeiern ein. Ist das alles wahr geworden, was Sie sich damals erträumt haben?

Ja, das muss ich wirklich sagen. Sonst hätte ich bei meiner Begrüßung auch nicht gesagt: "Das Reformationsfest war und ist schön." Bei fast allen Veranstaltungen hat das Interesse der Besucher unsere Erwartungen übertroffen. Das zeigt eine große Sehnsucht nach dem, was wir als Christen weitergeben, vor allem Friede und gutes Miteinander.

Was war für Sie der Höhepunkt der Reformationsfeiern?

Da kann ich nicht nur ein Ereignis herausgreifen, es waren so viele, sei es das Obdachlosenmahl, das Chorfest, die vielen Ausstellungen. Aber so ein Gottesdienst wie gerade, das ist wirklich außergewöhnlich, und unsere Ökumenische Vereinbarung ist wirklich etwas Besonderes.

Was bringt die Vereinbarung praktisch?

Wir werden sehr viel mehr ökumenische Gottesdienste feiern - und ansonsten viel miteinander reden. Wir haben ein ernsthaftes Interesse aneinander. Und wir wollen versuchen, gemeinsam das Christentum voranzubringen - und nicht auf dem Trennenden beharren.

Konkret: Kann ein Protestant in der Jesuitenkirche das Abendmahl empfangen?

Wer dort an der Kommunion teilhaben möchte, wird nicht abgewiesen, sagt mein katholischer Amtskollege Joachim Dauer. Generell glaube ich, dass wir in Heidelberg auch von der Kirche her Anregungen geben können und in manchen Dingen auch den Mut haben, Vordenker zu sein. (hö)