Beim Fußverkehrs-Check hagelte es Kritik
Walldorf. (seb) Der Auftakt zum "Fußverkehrs-Check" in Walldorf begann zivil und ruhig. Im Auftrag des Landesverkehrsministeriums erläuterten Raphael Domin und Moritz Müller vom Städte- und Verkehrsplanungsbüro "Planersocietät", was dieses Projekt ist: ein Impuls für vielerlei Verbesserungen für die schwächsten Verkehrsteilnehmer.
Die Planer wollen dabei nicht nur mit Gemeinderat und Verwaltung arbeiten oder sich auf eigene Analysen beschränken, die Bürgerschaft wird eng eingebunden: "Sie sind die Experten", so Domin. Typische Themen seien die Qualität der Wege und die Schlüssigkeit des Wegenetzes, sichere, übersichtliche Straßenquerungen, Barrierefreiheit, Beleuchtung oder auch Sitzgelegenheiten.
Das Motto des Fußverkehrs-Check laute "Miteinander", sagten Domin und Müller, Ziel sei ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Bedürfnissen aller Verkehrsteilnehmer. Vor diesem Hintergrund skizzierten die Planer eine ideale Stadt, in der Sicherheitsabstände einhaltbar, Gehwege begehbar, reichlich Ampeln, Zebrastreifen oder Mittelinseln verfügbar, Schulwege sicher und Autos weniger dominant sind.
Und plötzlich waren die Besucherinnen und Besucher wie entfesselt: Anhand von Schautafeln, auf denen die Planer Routen durch die Stadt mit möglichen Problemstellen eingezeichnet hatten, hagelte es Kritik. Die reichte von äußert detaillierten Betrachtungen bis zum ganz großen Wurf. Schon für die Drehscheibe gab es Dutzende Verbesserungsvorschläge, die Platz für Fußgänger, Barrierefreiheit, Orientierung, Übersichtlichkeit, Sitzgelegenheiten und die Platzgestaltung generell betrafen.
Die Lage der Parkplätze "ist absurd", lautete ein Vorwurf. Ein Gast hätte Hauptstraße, Drehscheibe und nähere Umgebung am liebsten komplett verkehrsberuhigt. Innenstadt und auch Nebenstraßen, sogar sehr schmale, seien "auf Autos ausgelegt", stimmte ein anderer zu, alles andere müsse sich ihnen unterordnen.
Dem Gedanken, Fahrzeuge zu verbannen und auf Kosten von fahrenden und stehenden Autos Platz für Fußgänger zu schaffen, setzte eine Frau mit schwerer Behinderung ihr Bedürfnis entgegen, Ärzte und Läden in der Innenstadt gut zu erreichen. Eine sehbehinderte Frau mahnte stärkere Kontraste und weitere mit dem Langstock ertastbare Orientierungshilfen an.
Es wurde deutlich, dass Barrierefreiheit viele Facetten hat: Lösungen für Menschen mit Rollator, Männer mit Kinderwagen, Frauen mit Gips und so weiter bedürfen Kreativität und Platz, der mitunter erst noch geschaffen werden muss. Zahlreiche Probleme, betonten mehrere Teilnehmer, allen voran Wildparken, könnten durch regelmäßige Kontrollen durch die Stadt gelöst werden.
Stadtbaumeister Andreas Tisch, der sich viele Notizen machte, bestätigte den Einwand, dass Walldorfs Gestaltungsmöglichkeiten im Ortskern begrenzt sind: Bahnhofs- und Nußlocher Straße mitsamt Drehscheibe seien Kreisstraßen.
Bürgermeister Matthias Renschler hatte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingangs begrüßt und aus eigener Erfahrung Schwachstellen wie Gehwegbreite und -zustand sowie die Bedeutung der Wege zu Kindertagesstätte oder Schule angesprochen.
Domin und Müller warben für die rege Teilnahme an den Ortsbegehungen mittwochs, 20. und 27. Oktober, jeweils ab 17.30 Uhr. Start ist jeweils die Drehscheibe, von dort geht es auf Rundwegen zuerst durch die Innenstadt und die Woche später ins Industriegebiet bei SAP.