Heidelberg

Das hat sich in einem Jahr Klimaschutz-Aktionsplan getan

Einige der 30 Punkte wurden bereits umgesetzt - Doch die teuren und unbeliebten Maßnahmen muss der Gemeinderat erst noch beschließen - Eine erste Bilanz

02.12.2020 UPDATE: 03.12.2020 06:00 Uhr 3 Minuten, 18 Sekunden
Verkehr, Ernährung, Wärmeversorgung und Stromerzeugung: In diesen Bereichen wurden bereits erste Maßnahmen im Rahmen des Klimaschutzaktionsplanes umgesetzt – viele weitere sollen folgen. Foto: Rothe

Von Denis Schnur

Heidelberg. Ein Jahr ist es her, dass der Gemeinderat seinen Klimaschutz-Aktionsplan (KAP) verabschiedet hat. Ende November 2019 brachte er 30 Punkte auf den Weg, die dazu beitragen sollen, dass die Stadt bis spätestens 2050 klimaneutral wird. Doch was hat sich seitdem getan? Nach zwölf Monaten zogen Stadt und Gemeinderat im Klimaschutzausschuss eine erste Bilanz. Dabei zeigte sich, dass zwar einige Bausteine umgesetzt oder zumindest auf den Weg gebracht wurden. Aber auch, dass gerade die Maßnahmen, die am meisten zur CO2-Reduktion beitragen könnten, noch auf sich warten lassen. Die RNZ gibt einen Überblick, was seit November 2019 umgesetzt wurde und was in Zukunft noch ansteht.

Foto: Rothe

> Wärmeversorgung: Hier wurde das erste Etappenziel erreicht. Es sah vor, dass die Stadtwerke noch in diesem Jahr 50 Prozent CO2-neutrale Fernwärme zur Verfügung stellen. Diese Schwelle wurde mit dem Anschluss an die Müllverbrennungsanlage auf der Friesenheimer Insel im Februar überschritten. Das ist jedoch keine Konsequenz des KAP, sondern war vorher geplant. Schwieriger dürfte es werden, ab 2030 keine Wärme aus Steinkohle mehr zu beziehen. Denn das Großkraftwerk Mannheim, aus dem ein Großteil der Heidelberger Fernwärme stammt, wird vermutlich bis 2033 Steinkohle nutzen. Optimistisch ist man dagegen, dass die Stadtwerke – wie beschlossen – bis 2025 ein Drittel der Fernwärme selbst erzeugen. "Das wird ebenfalls erreicht", ist Ralf Bermich vom Umweltamt sicher.

> Stromversorgung: In diesem Bereich ist bisher am meisten geschehen. Hier sind im KAP jedoch auch hohe Ziele festgeschrieben. Unter anderem soll die Photovoltaik-Leistung in Heidelberg bis 2025 von 18 auf 43 Megawatt erhöht werden. Zudem sollen alle Neubauquartiere zu "Plusenergie-Quartieren" werden, für die mehr Energie erzeugt als verbraucht wird. Weil für beide Ziele eigentlich der Platz fehlt, um genügend erneuerbare Energien zu erzeugen, sind Stadt und Stadtwerke einen Umweg gegangen und haben in die Trianel GmbH – einen Zusammenschluss aus 58 Stadtwerken – investiert. Diese baut nun außerhalb der Stadt Solar- und Windanlagen für Heidelberg, die bis 2024 insgesamt 14 Megawatt Leistung erbringen sollen. Die restlichen elf Megawatt sollen innerhalb Heidelbergs erzeugt werden. Dafür hat die Stadt ihren Zuschuss zu privaten Photovoltaik-Anlagen ausgeweitet und bei Neubauten eine Solarpflicht beschlossen.

Foto: Rothe

> Nahverkehr: Auch hier schreibt der KAP gleich mehrere Ziele vor – etwa eine Steigerung der Fahrgastzahlen bis 2025 um 20 Prozent. Dazu sollen Stadt, RNV und VRN an zwei Punkten ansetzen: Vor allem müsse das Angebot attraktiver werden. Eine erste Taktverdichtung an Abenden und Wochenenden ab 2021 ist bereits beschlossen. Zudem sollen vier Sonderbuslinien künftig Pendler zügig in die Stadt bringen. Auch hier könne man bald Fortschritte verkünden, so Bermich: "Wir wollen die Vorlage für die Ausschreibung der Linien noch in diesem Jahr präsentieren", versprach er. Daneben setzen mehrere Punkte des KAP beim Preis an. So soll der ÖPNV am Wochenende kostenfrei sein. "Die Vorbereitungen dazu laufen", erklärte Bermich. Der Gemeinderat müsse die Maßnahme – mitsamt der Kosten – dann nochmal beschließen.

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> Autoverkehr: Um die Pendler zum Umstieg zu bewegen, soll nicht nur der Nahverkehr attraktiver, sondern auch das Auto unattraktiver werden. Dazu will man das – meist illegale aber geduldete – Gehwegparken stadtweit verhindern und Zuwiderhandlungen konsequent ahnden. "Wir haben die Kontrollen signifikant erhöht und schleppen deutlich mehr ab", betonte Bermich. Das Gehwegparken verbiete man pro Jahr in ein bis zwei weiteren Straßen. Gleichzeitig sollen Auto- zu Fahrradabstellplätzen werden. Dazu habe man bereits Flächen identifiziert, aber die Umsetzung stehe noch aus. Wo die Autofahrer ihr Fahrzeug auch weiterhin im öffentlichen Raum abstellen, sollen sie stärker zur Kasse gebeten werden. Dazu bereite man gerade eine neue Parkraumbewirtschaftung vor. Dadurch dürfte der Preis für das Anwohnerparken von aktuell 36 Euro im Jahr deutlich steigen – auf rund 200 Euro.

> Radverkehr: Neben Bus und Bahn soll das Fahrrad als Verkehrsmittel gestärkt werden. Damit mehr Pendler zur Arbeit nach Heidelberg radeln, sieht der KAP vier Schnellverbindungen ins Umland vor. Zwei davon – nach Mannheim und nach Schwetzingen – sind in Arbeit, die beiden in Richtung Darmstadt und Bruchsal werden noch geplant. Mit dem Pilotprojekt nach Neckargemünd komme sogar eine fünfte Verbindung hinzu, so Bermich. Innerhalb der Stadt soll eine weitere "Fahrradhauptachse" das Velo attraktiver machen. Sie soll vom Süden über die beiden neuen Brücken zwischen Bahnstadt und Bergheim sowie über den Neckar ins Neuenheimer Feld führen. Bis zur vollständigen Umsetzung dürfte es jedoch noch einige Jahre dauern.

> Grünflächen: Mehr Wiesen, mehr Bäume – darauf zielen mehrere Punkte des KAP ab. Und tatsächlich sollen 2021 die ersten beiden Klimawäldchen in der Stadt angelegt werden. Um aber die vorgesehenen 3000 neuen Bäume bis 2025 zu schaffen, müssten Verwaltung und Gemeinderat hier das Tempo anziehen. Gleichzeitig weitet die Stadt auch ihr Engagement aus, um bestehende Streuobstwiesen zu erhalten. Auf den drei größten – am Kohlhof, Bierhelderhof und Speyererhof – werden dazu gerade neue Bäume gepflanzt.

Foto: Katzenberger-Ruf

> Ernährung: Da die Nahrungsproduktion für einen großen Anteil der CO2-Emissionen verantwortlich ist, soll auch hier ein Wandel vollzogen werden. Heidelberg soll dabei mit gutem Beispiel vorausgehen und etwa den Bio-Anteil beim Mittagessen in Schulen und Kitas von derzeit 30 Prozent auf 50 Prozent steigern. Das sei prinzipiell auch kein Problem, so Bermich. "Das wird bei der nächsten Ausschreibung berücksichtigt." Er betonte jedoch auch: "Es wird zusätzliche Mittel erfordern." Darüber hinaus sollen in der Stadt mehr regionale und nachhaltige Produkte verkauft werden. Dazu hatte sich die Stadt im Sommer an der Gründung einer Regionalvermarktungsgesellschaft beteiligt.

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