Dürre und Klimaerhitzung

Trockenheit setzt Wald und Feldern zu

Experten sprachen in der Klima Arena über Dürre und Klimawandel

17.07.2020 UPDATE: 18.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden
Die Waldbrandgefahr in trockenen Sommern ist auch in der Region ein Thema. Die Schriesheimer Feuerwehr übt daher regelmäßig im Forst. Schriesheim an der Bergstraße zählt zu den Städten mit der größten Waldgemarkung im Land. Foto: Dorn

Von Harald Berlinghof

Sinsheim. "Mit dieser Pandemie der zunehmenden Trockenheit müssen wir leben. Das wird unseren Alltag verändern", meint Professor Johann Goldammer, Leiter des Zentrums für globale Feuerüberwachung in Freiburg. Er lenkt damit den Blick weg vom Waldsterben und von den Ertragseinbußen in der Landwirtschaft aufgrund der Trockenheit hin zu einem ganz anderen Problem, das in der Folge der zunehmenden Trockenheit immer häufiger auftauchen könnte – auf die Gefahr, die von Waldbränden ausgeht. Griechenland und Australien waren in jüngerer Zeit erheblich davon betroffen. Aber alljährlich brennen auch Wälder in den USA, Spanien oder Frankreich.

Auch in Deutschland war das extrem trockene Jahr 2018 ein Jahr der Waldbrände. Es waren mit etwa 1700 mehr als in den Jahren zuvor. Allerdings verglichen mit südlicher gelegenen Ländern, ist Deutschland eher selten von diesem Katastrophenszenario betroffen. Die letzten großen Waldbrände in Deutschland gab es 1975 in Niedersachsen, wie Goldammer jüngst bei einer Diskussion in der Sinsheimer Klima Arena erklärte. Zum "brandaktuellen" Thema "Klimawandel, Wetterextreme, Dürre" befragte Moderator Thomas Miltner drei Experten: den Waldbrandexperten Goldammer, den Kreisforstamtsleiter Rhein-Neckar Philipp Schweigler und den Amtsleiter Landwirtschaft und Naturschutz im Rhein-Neckar-Kreis Gerrit Kleemann.

"Wir sind in vielerlei Hinsicht besser aufgestellt als andere Länder. Wir leben in einem gemäßigten Klima, unsere Wälder sind auf Forstwegen viel besser erreichbar durch Feuerwehren als in anderen Ländern und wir haben in Deutschland 1,3 Millionen Floriansjünger in den Freiwilligen Feuerwehren. Sie bilden das Rückgrat der Feuerbekämpfung", meint Goldammer. "Feuer ist ja global gesehen nichts Neues. Für uns sind solche Brände aber neu, für andere Länder und Menschen nicht - von der russischen Taiga bis zu Zonen in Afrika. Aber aufgrund der wachsenden Trockenphasen wächst die Gefahr."

Philipp Schweigler sieht die Bedrohung des Waldes nicht in erster Linie bei Bränden, sondern im Absterben seiner Bäume wegen der geringen Niederschläge. Erstmals 2018 seien aufgrund der Trockenheit und der extremen Hitze Buchen in unserer Region abgestorben. Abgängige Kiefern habe man auf den sandigen Böden der Rheinebene schon seit 2003 gesehen. Auslöser sind die langen Trockenphasen und die Tatsache, dass die tieferen Bodenschichten auch nicht mehr genug Wasser liefern können, weil der Grundwasserspiegel abgesunken ist. Man bräuchte einen gemächlichen Landregen von zwei bis drei Monaten am Stück, um die Grundwasserspiegel wieder aufzufüllen, schätzt Kleemann. Mit anderen Worten, einen total verregneten Sommer. Denn kurze Starkregenereignisse nutzen dem Wald und dem Landwirt wenig. Das Wasser fließt oberflächlich ab und den Fließgewässern zu. Und trägt damit auch noch zur Bodenerosion bei.

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Der Wald der Zukunft wird ein anderes Aussehen haben als heute, glaubt Schweigler. "Klimatisch bewegen wir uns in Richtung Mittelmeerraum", sagt er. Man stellt beim Forst deshalb auf trockenresistente Arten um, als da sind Hainbuche, Elsbeere und Feldahorn. In Freiburg habe man mit der nordamerikanischen Douglasie gute Erfahrungen gemacht, so Goldammer. Auch die Libanon-Zeder könnte in Frage kommen. Es geht darum, den Wald in ein zukünftiges Klima hinüber zu retten. Aber es scheint ein Krieg an vielen Fronten zu sein. Man müsse auch auf Schadorganismen achten, die neu auftreten, betont Kleemann. Und wenn erst einmal Nützlinge absterben, weil die den Klimawandel nicht mitmachen können, dann habe man ein ganz neues Problem.

In der Landwirtschaft reagiere man mit veränderten Bodenbearbeitungsmethoden mit neuer Technologie bis hin zu Radarsensorik. Im Rhein-Neckar-Kreis setze man seit vielen Jahren schon eine Minimalbodenbearbeitung ein, um die Erosion in den Griff zu bekommen. Die Züchter seien gefragt, trockentolerantere Feldfrüchte zu züchten. Auch die konventionelle Landwirtschaft nehme die klimatischen Gegebenheiten wahr und versuche sich dem anzupassen, so Kleemann. Die Bauern müssten aber stets auch die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten. "Ohne das geht es nicht".

Deshalb werde sich auch die Landwirtschaft in den nächsten 10 bis 15 Jahren verändern. "Zitronen, Orangen oder Melonen werde man nicht anbauen. Gott sei Dank. Aber auch bei herkömmlichen Feldfrüchten lässt sich kaum vorhersagen, wie sich die Erträge unter den neuen Bedingungen entwickeln werden."

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