Wasserverbrauch

Ein Steak? Macht 5000 Liter Wasser!

Stadtwerke-Geschäftsführer Peter Krämer erklärt im RNZ-Interview realen und virtuellen Wasserverbrauch - Anstieg durch Corona

17.07.2020 UPDATE: 18.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 37 Sekunden
Das Wasserwerk ist Hemsbach: Von hier aus werden Weinheim sowie mehrere Nachbarkommunen mit Trinkwasser versorgt. Das Wasser liegt eher tief, sodass sich Problematiken wie der Klimawandel (noch) nicht bemerkbar machen. Fotos: Kreutzer

Von Philipp Weber

Weinheim/Hemsbach. Peter Krämer, langjähriger Geschäftsführer der Stadtwerke Weinheim (SWW), tritt keineswegs nur als Experte für Strom-, Wärme- oder Wasserversorgung in Erscheinung. Er und sein Betrieb rufen regelmäßig zu umweltschonendem Verhalten und einem sparsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen auf. Unsere Redaktion hat ihn zum RNZ-Tagesthema befragt. Fazit: Wasserknappheit wird in Weinheim so schnell nicht zum Problem. Weltweit ist das aber ganz anders – und auch die Weinheimer sind dafür verantwortlich.

Geschäftsführer Peter Krämer. Foto: zg

Herr Krämer, Es gehört schon beinahe zur Standard-Erzählung von Umwelt- und Klimaschützern, dass es früher oder später "Kriege um Wasser" gebe. Für wie realistisch halten Sie ein derartiges Szenario?

Wasser ist das Lebensmittel Nummer eins – überall auf der Welt. Der Zugang zur Ressource Wasser ist jedoch in den Regionen der Welt sehr unterschiedlich. Zwar sind 71 Prozent der Oberfläche unseres Planeten mit Wasser bedeckt, aber davon sind nur zweieinhalb Prozent Süßwasser, wobei zwei Prozent dauerhaft im Eis von Gletschern, Polkappen oder in der Erdatmosphäre gebunden sind. Somit ist nur ein halbes Prozent für eine stetig wachsende Erdbevölkerung nutzbar. Hinzu kommen steigende Umweltverschmutzung und sich ändernde Klimaverhältnisse. Dass dies zu Konflikten führt, ist bereits heute erkennbar. So hat zum Beispiel Ägypten eine militärische Option in den Verhandlungen mit Äthiopien, das derzeit einen Staudamm am Oberlauf des Nils in Betrieb nimmt, nicht ausgeschlossen. Mit steigender Weltbevölkerung und dem sich weiter verändernden Zugang zur Ressource Wasser sind Konflikte nicht auszuschließen.

Hintergrund

Fakten zur Wasserversorgung:

Woher kommt das Wasser, das Verbraucher in Weinheim beziehen, und wer betreibt die Leitungen?

Das Wasser Weinheims wird über den Wasserzweckverband Badische Bergstraße bezogen. Das Leitungsnetz einschließlich der

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Fakten zur Wasserversorgung:

Woher kommt das Wasser, das Verbraucher in Weinheim beziehen, und wer betreibt die Leitungen?

Das Wasser Weinheims wird über den Wasserzweckverband Badische Bergstraße bezogen. Das Leitungsnetz einschließlich der Hauptleitung vom Wasserwerk in Hemsbach nach Weinheim betreiben die Stadtwerke Weinheim.

Welche Städte und Dörfer sind an den Wasserzweckverband Badische Bergstraße angeschlossen?

Über diesen Zweckverband erhalten rund 75.000 Menschen jeden Tag Trinkwasser. Neben Weinheim und Hemsbach ist die Gemeinde Laudenbach angeschlossen. Die hessische Kommune Gorxheimertal erhält ihr Wasser über das Leitungsnetz der Stadtwerke Weinheim. Zusätzlich liefert der Verband Trinkwasser an den Zweckverband Gruppenwasserversorgung Eichelberg. 80 Prozent des Wassers in den Gemeinden Wilhelmsfeld und Heiligkreuzsteinach sowie in den Schriesheimer Ortsteilen Altenbach und Ursenbach stammen aus dem Wasserwerk in Hemsbach. Über die Leitungen des Eichelbergverbands werden die Ortsteile Ritschweier, Rippenweier, Rittenweier und Oberflockenbach versorgt, die zur Stadt Weinheim gehören. Da Kommunen im Notfall zusammenstehen müssen – etwa wenn ein Wasserverband kein oder zu wenig Wasser bereitstellen kann – ist der Wasserzweckverband Badische Bergstraße zur Not- und Spitzenversorgung von Birkenau und Hirschberg verpflichtet (Quelle: wzv-bb.de).

Stieg oder sank der Verbrauch innerhalb der letzten Jahre?

Der Verbrauch ist leicht ansteigend. Nach Angaben der Stadtwerke ist dies im Wesentlichen auf den Bevölkerungszuwachs zurückzuführen. Der Verbrauch pro Kopf ist dagegen leicht fallend.

Wie viel Wasserverbrauch verursachen Rohrbrüche und ähnliche Schäden?

Man spricht von "Verlustmengen". Diese beinhalten jedoch nicht nur Schäden an Rohrleitungen, sondern alle "nicht erfassten" Mengen. Dies können Mengen für Spülungen sein, die nach Störungen zur Desinfektion nötig sind, Löschwassermengen der Feuerwehr oder eben Verluste durch Rohrbrüche. Diese liegen bei um die zehn Prozent.

Wann gab es die letzte große Investition ins Wasserversorgungsnetz?

Nach eigenen Angaben investieren die Stadtwerke kontinuierlich in ihr Wassernetz. In diesem Jahr sind dies rund zweieinhalb Millionen Euro. Das hängt mit einem Leitungssanierungsprogramm sowie den Aufbau einer zweiten Hauptleitung von Hemsbach nach Weinheim zusammen. (web) 

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Droht Wasser auch in Weinheim zur Mangelware zu werden?

Eine Wasserknappheit in Weinheim ist nicht erkennbar.

Erhöht die Corona-Krise den Wasserverbrauch – und wenn ja: Ist es eine signifikante Erhöhung, die etwa durch Händewaschen zustande kommt?

Die Corona-Pandemie hat den Wasserverbrauch ansteigen lassen. In Hemsbach stieg der Verbrauch um etwa zwölf Prozent, in Laudenbach um 22 Prozent, im Eichelbergverband um 17 Prozent und in Weinheim um 2,8 Prozent. Die Zahlen stammen aus den Abgabemengen des Wasserzweckverbands Badische Bergstraße und zeigen die Abgabemengen bis einschließlich Mai. Den geringeren Anstieg in Weinheim führen wir auf die Struktur der Kunden zurück: So gibt es in Weinheim mehr Gewerbekunden, die vermutlich weniger Wasser in der Krise brauchten, da das Geschäft geschlossen oder die Produktion heruntergefahren wurde. Natürlich waren auch die ersten Monate des Jahres eher trocken. Wir sehen jedoch einen Zusammenhang von Corona und häuslichem Wasserverbrauch.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen lokalem Klimawandel und der Förderung von Trinkwasser? Wenn nein: Warum nicht? Wenn ja: Wie manifestiert sich dieser Zusammenhang in Weinheim?

Das Wasser in Weinheim stammt aus einer Tiefe von 70 bis 120 Metern. Die Pegelstände weisen aber bislang keine Auffälligkeiten auf, die außerhalb des natürlichen Hubs, also natürlicher Schwankungen liegen. Dies betrifft die Pegelstände der Mittleren Grundwasserleiter. Je mehr man sich jedoch der Erdoberkante nähert, desto stärker sind die Schwankungen erkennbar. Da die Grundwasserneubildung in diesen Grundwasserleitern durch die Niederschlagsmengen beeinflusst werden, zeigen sich diese Schwankungen früher und stärker.

Was können Verbraucher tun, um die Wasser-Ressourcen zu schonen?

Unsere Lebensweise bestimmt den Gesamtverbrauch der weltweit knappen Ressource Wasser. Es sind nicht nur die Mengen, die am Wasserzähler ablesbar sind, die wir verbrauchen. Jeder Bürger in Deutschland verbraucht nach einer Studie des World Wide Fund For Nature (WWF) unter Berücksichtigung des virtuellen Wassers rund 5300 Liter Wasser täglich! Zur Erklärung: Verglichen mit dem Wasser aus dem Wasserhahn ist ein wesentlich größerer Teil des von uns genutzten Wassers in unseren Lebensmitteln, der Kleidung oder anderen Produkten versteckt, die wir im Alltag ver- und gebrauchen – und zwar in Form von virtuellem Wasser. Ich nenne Ihnen einige Beispiele: Zur Herstellung von einem Kilo Weizen bedarf es 1300 Liter Wasser, zur Herstellung eines Baumwoll-T-Shirts braucht es 2700 Liter Wasser, für ein Steak werden sogar 5000 Liter Wasser benötigt. Der durchschnittliche Verbrauch der Wasserversorger liegt in Deutschland bei 120 bis 140 Liter pro Person. Daraus wird deutlich erkennbar, dass wir mit unserem Konsumverhalten auch Einfluss auf den Wasserverbrauch in anderen Ländern nehmen.

Zur Person: Peter Krämer hat die Aufgabe der Geschäftsführung bei den Stadtwerken Weinheim im Jahr 2007 von seinem unmittelbaren Vorgänger Egon Menzel übernommen. Zuvor war Peter Krämer über 20 Jahre lang in unterschiedlichen Funktionen in der Energiewirtschaft tätig.

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