Großaktionär Wolfgang Marguerre will Verwaltungsrat auflösen
Dem Softwarespezialisten steht am übernächsten Dienstag eine turbulente Hauptversammlung bevor.

Von Matthias Kros
Heidelberg. Bei dem Heidelberger Softwarespezialisten SNP SE, Namenssponsor der Großsporthalle der Stadt, steht eine turbulente Hauptversammlung bevor. Die Tagesordnung zu dem Aktionärstreffen am 23. Mai in Wiesloch enthält einen Antrag des größten Einzelaktionärs Wolfgang Marguerre, den Verwaltungsrat des Unternehmens aufzulösen und durch einen Aufsichtsrat zu ersetzen. Die Umwandlung würde das Ausscheiden von drei der vier Mitglieder des Verwaltungsrats bedeuten.
Der Verwaltungsrat von SNP unterstützt den Antrag allerdings nicht und rät den Aktionären, ihn bei der Hauptversammlung abzulehnen. Ein solcher Showdown ist bei börsennotierten Unternehmen unüblich. Normalerweise verständigen sich Unternehmensleitung und Großaktionäre hinter den Kulissen.
Die SNP hat derzeit ein sogenanntes monistisches Leitungsmodell. Zentrales Leitungsorgan ist der Verwaltungsrat, den Marguerre abschaffen möchte. Dieses Gremium trifft die grundlegenden Entscheidungen. Den geschäftsführenden Direktoren obliegt lediglich die Leitung des Tagesgeschäfts.
Im Gegensatz dazu gibt es das in Deutschland übliche dualistische Leitungsmodell mit Vorstand und Aufsichtsrat, das Marguerre auch bei SNP einführen will. Hier hat der Vorstand das Sagen, dem Aufsichtsrat bleibt die Kontrolle.
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Marguerre – Heidelberger Unternehmer und Mäzen – hält 29 Prozent der SNP-Aktien. Er begründet seinen Antrag damit, dass das monistische Leitungssystem sehr auf den im November 2020 verstorbenen SNP-Gründer Andreas Schneider-Neureither zugeschnitten gewesen sei. Bis zu seinem Tod war er Vorsitzender des Verwaltungsrats und zugleich geschäftsführender Direktor (CEO). Seither passe dieses Leitungsmodell für die Gesellschaft nicht mehr, findet Marguerre.
Der Verwaltungsrat möchte dagegen an dem bisherigen monistischen Leistungsmodell festhalten. Die aktuellen geschäftsführenden Direktoren (CEO und CFO) seien erst vor kurzem rekrutiert worden, heißt es zur Begründung. Sie seien in ihren Bereichen zwar exzellente Manager, hätten aber nur wenig Kapitalmarkterfahrung. Hier könne der Verwaltungsrat die fehlende Kompetenz einbringen.
Die von Marguerre vorgeschlagenen Kandidaten für den Aufsichtsrat verfügten nach vorliegenden Informationen dagegen über keine ausgewiesene Kapitalmarktkompetenz, heißt es in der Stellungnahme. Der Verwaltungsrat kritisiert zudem, dass die Bezahlung, die die Aufsichtsräte nach dem Wechsel in das dualistische System erhalten sollten, weitgehend der aktuellen Verwaltungsratsvergütung entspreche. Diese halte man angesichts des geringeren Aufgabenumfangs des Aufsichtsrats für zu hoch. Und schließlich sei keiner der von Marguerre in Spiel gebrachten Kandidaten weiblich, was mit dem geltenden Diversitätskonzept bei SNP nicht vereinbar sei.
Unterstützung erhält der Verwaltungsrat von der Beteiligungsgesellschaft Luxempart, die zehn Prozent der SNP-Aktien hält. SNP stecke mitten in der Transformation, heißt es in einem offenen Brief. Und in dieser kritischen Phase ein fast vollständig neues Aufsichtsgremium zu installieren, "würde jegliche Kontinuität auf der Leitungsebene eliminieren". Zudem stehe man hinter dem Verwaltungsrat und seinen erbrachten Leistungen. "Auf lange Sicht" gebe es aber gute Argumente für den Wechsel des Leitungsmodells.
Marguerre hatte im Herbst vergangenen Jahres einen ähnlichen Antrag gestellt und die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung gefordert. Nach rechtlicher Prüfung hatte die Unternehmensleitung diese Forderung wenige Wochen später jedoch als "unzulässig" abgelehnt. Es gab offenbar auch formale Mängel bei der Antragstellung.