Heidelberger SNP verklagt Erben des eigenen Gründers
Die umstrittene Vermietung einer Immobilie in den USA hat ein juristisches Nachspiel. Die Erbengemeinschaft des verstorbenen Firmengründers fordert Schadenersatz in Millionenhöhe.

Von Matthias Kros
Heidelberg. Der Verwaltungsrat des Heidelberger Softwarespezialisten SNP hat die Erbengemeinschaft des im Herbst 2020 verstorbenen Firmengründers Andreas Schneider-Neureither auf Schadenersatz in Millionenhöhe verklagt. Eine entsprechende Zahlungsklage über rund 5,2 Millionen Euro sei bereits im Dezember 2022 erhoben worden, ist dem jetzt erschienenen Geschäftsbericht des börsennotierten Unternehmens zu entnehmen.
SNP gehe davon aus, dass dem Unternehmen Ersatzansprüche aus vorab geleisteten Mietzahlungen zustehen, heißt es. Erste Verfügungen des Landgerichts seien bereits ergangen. Das Verfahren befinde sich aber noch am Anfang.
Hintergrund ist der langjährige Streit um eine Immobilie in der US-Stadt Dallas, die Andreas Schneider-Neureither gehörte und die er 2019 für zehn Jahre an SNP vermietet hatte. Nach seinem Tod hatte sich im Rahmen der Erstellung des Konzernabschlusses für das Geschäftsjahr 2020 herausgestellt, dass die Immobilie von Anfang an als Bürogebäude gar nicht nutzbar gewesen war. SNP hatte den Nutzungswert deshalb bilanziell abgeschrieben. Den damaligen Angaben zufolge ging es um Mietzahlungen in Höhe von umgerechnet 3,6 Millionen Euro.
Das Heidelberger Unternehmen hatte bereits im März 2021 angekündigt, die Angelegenheit "im Hinblick auf Compliance-Themen" zu überprüfen. Man wolle sich nichts nachsagen lassen, hatte der damalige Unternehmenschef Michael Eberhardt in einem RNZ-Interview gesagt. Seinen Angaben zufolge hatte sich Schneider-Neureither verstärkt um den US-Markt persönlich kümmern wollen und vorgehabt, mehrere Monate im Jahr vor Ort zu sein.
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Nicht zuletzt deshalb habe er sich für den Bau der zweigeschossigen privaten Immobilie in Dallas entschieden. Im Obergeschoss habe er seine Privaträume bezogen, das Erdgeschoss sei als Kunden- und Konferenzcenter mit Übernachtungsmöglichkeiten für eine "individuelle Betreuung und Ansprache der Kunden" ausgebaut und an die SNP vermietet worden, so Eberhardt in dem Interview.
Nach dem Tod des Gründers habe man aber keine Möglichkeit mehr gesehen, dieses Konzept fortzuführen, zumal man jedweden Anschein der Vermengung von Privatem und Beruflichem von vornherein habe vermeiden wollen.
Parallel habe der Verwaltungsrat "pflichtgemäß" die Prüfung möglicher Pflichtverletzungen von Geschäftsführenden Direktoren und von daraus möglicherweise resultierenden Ersatzansprüchen der SNP eingeleitet, heißt es im aktuellen Geschäftsbericht. Hierzu habe man eine in solchen Fragen erfahrene Anwaltskanzlei eingeschaltet. In mehreren Sitzungen habe der Verwaltungsrat mit den beauftragten Rechtsanwälten "den Umfang und Fortgang der Untersuchung" diskutiert.
Dabei sei dem Verwaltungsrat an einer außergerichtlichen Beilegung des Streits gelegen gewesen. Deshalb habe man mehrere Gesprächsangebote an die Erbengemeinschaft Schneider-Neureithers gerichtet. Diese seien "von einem Teil der Erbengemeinschaft" aber abgelehnt worden. Deshalb habe man sich gezwungen gesehen, "zur Vermeidung eines Fristablaufs" noch vor dem Jahresende 2022 eine Klage auf Schadenersatz gegen die Erbengemeinschaft vorzubereiten und vor dem Landgericht zu erheben.
Die Erbengemeinschaft Schneider-Neureithers besaß nach dem Tod des Gründers noch längere Zeit Anteile an dem Softwarespezialisten. Anfang des Jahres war sie aber vollständig ausgestiegen. Größter Einzelaktionär ist seither der Heidelberger Unternehmer und Mäzen Wolfgang Marguerre mit einem Anteil von 29 Prozent.
SNP erlebt seit dem Tod des Gründers unruhige Zeiten. In den Führungsgremien des Unternehmens – ein Anbieter von Lösungen für digitale Transformationsprozesse und softwarebasierte Datenmigrationen im SAP-Umfeld – gab es zahlreiche Rücktritte. Die SNP-Gruppe beschäftigt weltweit rund 1400 Mitarbeitende an über 40 Standorten in 15 Ländern. Das Unternehmen mit Stammsitz in Heidelberg erzielte im Geschäftsjahr 2022 einen Umsatz von rund 173 Millionen Euro.