Offener Machtkampf bei SNP
Die Großaktionäre des Unternehmens wollen den Rücktritt von drei Verwaltungsratsmitgliedern erzwingen.

Von Matthias Kros
Heidelberg. Beim Heidelberger Softwarespezialisten SNP kommt es zu einem offenen Machtkampf. In einer Pflichtmitteilung an die Börse teilte das als Namenssponsor der Heidelberger Großsporthalle bekannte Unternehmen mit, dass die beiden Großaktionäre Wolfgang Marguerre und SN Assets GmbH "ihre unbedingte Absicht zum Ausdruck gebracht haben", in einer außerordentlichen Hauptversammlung die Abwahl der Verwaltungsratsmitglieder Christoph Hütten, Sebastian Reppegather und Richard Roy vorzuschlagen.
Zuvor hatte bereits der Vorsitzende des Gremiums, der früherer SAP-Vorstand Claus Heinrich, seinen Posten niedergelegt – nach nur etwa einem Jahr. Ende September wird er ausscheiden.
Ein so offen ausgesprochenes Misstrauen kommt bei börsennotierten Gesellschaften in Deutschland nur selten vor. Eine Begründung lieferten die beiden Großaktionäre zunächst nicht. Marguerre ist ein bekannter Heidelberger Unternehmer und Mäzen, der erst vor gut einem Jahr seinen Anteil an SNP deutlich aufgestockt hatte.
Hinter der SN Assets GmbH stehen die Erben des im Herbst 2020 verstorbenen Gründers Andreas Schneider-Neureither. Beide Aktionäre zusammen halten etwa 28 Prozent der SNP-Aktien, für ein Durchsetzen ihrer Pläne bräuchten sie aber deutlich mehr Unterstützung. Gesetzlich vorgesehen dafür ist eine Drei-Viertel-Mehrheit der Anteilseigner.
Auch interessant
Zudem sei beabsichtigt, heißt es in der Pflichtmitteilung weiter, die Neuwahl zweier neuer Verwaltungsratsmitglieder vorzuschlagen. Der damit verkleinerte Verwaltungsrat solle als Organ aber gar nicht weiterbestehen, sondern in einen Aufsichtsrat überführt werden, dem dann per Gesetz weniger Kompetenzen zustehen würden. Einen Termin für die Hauptversammlung gibt es noch nicht.
SNP ist ein Anbieter von Lösungen für digitale Transformationsprozesse und softwarebasierte Datenmigrationen im SAP-Umfeld. Das börsennotierte Unternehmen beschäftigt weltweit 1350 Mitarbeiter, davon etwa 400 am Heidelberger Stammsitz. Nach dem tragischen Tod Schneider-Neureithers geriet der Softwareanbieter allerdings merklich durcheinander.
Bereits kurz darauf legten drei Mitglieder des Verwaltungsrats ihre Ämter vorzeitig nieder. Unvergessen bleibt auch das kurze "Gastspiel" des wohl prominentesten Ex-Mitglieds im SNP-Verwaltungsrat: Klaus Kleinfeld, früherer Chef des Münchener Siemens-Konzerns. Nach nur etwa einem Jahr im Amt trat er im Frühjahr 2020 zurück. Sein Ausscheiden soll alles andere als harmonisch abgelaufen sein.
Es scheint als mächtig zu knirschen im Getriebe des Verwaltungsrats des Heidelberger Unternehmens. Womöglich ist das auch der Grund dafür, dass die beiden Großaktionäre dieses Gremium am liebsten gleich ganz abschaffen und durch einen Aufsichtsrat ersetzen würden. Dieser ist in börsennotierten deutschen Unternehmen ohnehin verbreiteter.
Grundsätzlich können sich Unternehmen einen Verwaltungsrat geben, die sich – wie SNP – in eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) umgewandelt haben. Er muss dann mit mindestens drei Personen besetzt werden und hat im Gegensatz zum Aufsichtsrat deutlich mehr Kompetenzen.
So leitet der Verwaltungsrat eine Gesellschaft, bestimmt die Grundlinien ihrer Tätigkeit und überwacht deren Umsetzung. Nach außen wird das Unternehmen durch einen oder mehrere geschäftsführende Direktoren vertreten, die vom Verwaltungsrat bestellt werden und das Tagesgeschäft der SE erledigen. Theoretisch können sie gleichzeitig Mitglied im Verwaltungsrat sein. Man spricht in diesem Fall von einem monistischen Leitungssystem.
Mit ihrem Wunsch nach einem Aufsichtsrat streben die SNP-Großaktionäre dagegen eine dualistische Struktur an. Er soll in erster Linie die Kontrolle des Vorstands übernehmen und ist in der Regel paritätisch mit Vertretern des Kapitals und der Belegschaft besetzt. Zentrales Steuerungsorgan ist aber der Vorstand.