Land plant Bau von Windrädern zwischen Schönau und Heidelberg
Forst BW will Windkraftpark auf eigenen Staatswaldflächen an der Gemarkungsgrenze ermöglichen. Es gibt kein Mitspracherecht für die Kommunen.

Von Christoph Moll
Schönau/Heidelberg. Zwischen Schönau und dem Heidelberger Stadtteil Ziegelhausen befindet sich eine der größten Flächen in der Region, die für Windkraft genutzt werden könnte. Das ist spätestens seit dem Herbst bekannt, als der Rhein-Neckar-Kreis seine Potenzialanalyse für Erneuerbare Energien vorstellte. Doch selbst als die RNZ erst vor wenigen Tagen beim Eigentümer des dortigen Staatswaldes – nämlich dem Land und namentlich dessen Betrieb "Forst BW" – nach den aktuellen Planungen fragte, teilte ein Sprecher noch mit: "Aufgrund laufender Abstimmungsprozesse können wir derzeit noch keine Angaben machen." Doch nun ging alles ganz schnell: Am Freitag gaben "Forst BW" sowie die Städte Schönau und Heidelberg gemeinsam die Pläne für einen Windpark bekannt. Zwischen Schönau und Ziegelhausen könnten die ersten Windräder des Rhein-Neckar-Kreises und auf dem Heidelberger Stadtgebiet entstehen.
Laut der Mitteilung plant der Staatsbetrieb "Forst BW", die "Potenzialfläche" bereits im Frühjahr für die Errichtung von Windkraftanlagen öffentlich zur Pacht auszuschreiben. Interessierte Betreiber könnten sich dann mit einem Angebot bewerben - so bewirbt sich auch ein Projekt für einen Bürgerwindpark. Die Auswertung des Angebotsverfahrens und der Zuschlag an einen Projektierer sollen voraussichtlich im zweiten Quartal erfolgen. Dann könnten im Jahr 2024 Gutachten erstellt werden und sich das Genehmigungsverfahren anschließen. Windräder würden sich wohl frühestens im Jahr 2026 drehen. Deren Anzahl ist noch unklar.
"Die rechtlichen und politischen Vorgaben des Landes wurden in den vergangenen Monaten in mehreren Punkten geändert, um den Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg voranzutreiben", heißt es in der Mitteilung. Eine Fläche zwischen Heidelberg und Schönau sei bereits in der Vergangenheit untersucht, vom Nachbarschaftsverband jedoch nicht weiter verfolgt worden. "Das Land kann als Eigentümerin der Waldflächen die Ausschreibung ohne Zustimmung der Kommunen oder des Nachbarschaftsverbandes vornehmen", wird klargestellt.
Die Behörden betonen jedoch, dass damit noch keine Genehmigung von Windkraftanlagen verbunden sei. Nun würden zunächst interessierte Betreiber von Windrädern gesucht. Dem Gewinner des Angebotsverfahrens obliege es dann, konkrete Umsetzungspläne auszuarbeiten und die erforderlichen Genehmigungen einzuholen. Nur wenn ihm dies gelingt, könne er – gegebenenfalls unter entsprechenden Auflagen – auf der Fläche Windkraftanlagen errichten.
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Nach Angaben von "Forst BW" handelt es sich bei dem Areal "nach eingehender Prüfung um eine für die Windkraftnutzung sehr gut geeignete Fläche" und "einen wichtigen Baustein zum Ausbau der Erneuerbaren Energien". Es wird auf den Koalitionsvertrag der Landesregierung von 2021 verwiesen. Dieser formuliert das Ziel, dass in Baden-Württemberg 1000 Windräder entstehen sollen und der Staatswald hierfür Flächen für rund 500 Anlagen bereitstellen soll. Seither wurden 19 Windkraftstandorte angeboten. Die Kammlage zwischen Heidelberg und Schönau mit dem über 400 Meter hohen Lammerskopf im Süden bietet sowohl wegen ihrer Windhöffigkeit von überwiegend über 250 Watt pro Quadratmeter, ihrer lang gestreckten Nord-Süd-Ausrichtung sowie der Größe von rund 550 Hektar "hervorragende Voraussetzungen". Sie zähle zu den Standorten des Landes, bei denen keine bekannten Hindernisse gegen eine Windkraftnutzung sprechen.
Die Fläche liege im Bereich nördlich des Weilers Hasselbacherhof in Schönau sowie in den Bereichen Münchel und Lärchengarten. Rund 400 Hektar befinden sich auf Schönauer Gemarkung, knapp 200 Hektar auf Heidelberger Gebiet. Die Areale seien vollständig im Eigentum des Landes. Im Süden endet der Staatswald an der Gemarkungsgrenze zu Neckargemünd. Hier herrscht ebenfalls viel Wind, der dortige Wald gehört aber der Stadt.
Schönaus Bürgermeister Matthias Frick sagt auf RNZ-Nachfrage, dass die Stadt seit Mitte Januar von den Plänen wisse. "Der Eingriff in das noch intakte Waldgebiet rund um das Münchel macht uns zumindest nachdenklich, da dieser Bereich ein bekanntes und geschätztes Naherholungsgebiet ist", betont er. Dennoch befürworte die Stadt konkrete Lösungen, um "mit Augenmaß Windenergie nutzbar zu machen". Frick bedauert, dass die Stadt kein Mitspracherecht hat: "Wir sind leider in der Zuschauerrolle." Dennoch wolle man versuchen, Einfluss auf die Planungen zu nehmen und die Belastung für Natur und Mensch zu minimieren – auch im Schulterschluss mit den Nachbarkommunen (siehe unten). Es gelte, eine "Umzingelung" mit Windrädern zu vermeiden. Bekanntlich drehen sich im angrenzenden Südhessen bereits einige Windräder – unter anderem am Greiner Eck bei Neckarsteinach.
Heidelbergs Klimabürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain erklärt, dass die Belange des Arten- und Naturschutzes und insbesondere das sensible Landschaftsbild im Neckartal berücksichtigt werden müssten. Die Stadt Heidelberg lege sehr großen Wert darauf, dass sich Heidelberger Institutionen und Bürger aktiv an dem Projekt beteiligen können, zum Beispiel in Form von Bürgerkraftwerken. Erste Interessenten hierfür gibt es bereits.
Erste Kritik aus dem Steinachtal
Schönau/Heidelberg. (cm) Groß war der Aufschrei im Jahr 2017 im badischen Steinachtal, als die bereits fertigen Pläne für den hessischen Windpark "Greiner Eck" bei Neckarsteinach bekannt wurden. Denn die Bürgerbeteiligung endete an der Landesgrenze. Damals waren bereits weitere Windräder in Südhessen geplant, sodass eine "Umzingelung" befürchtet wurde. Und auch zu den neuerlichen Planungen für einen badischen Windpark zwischen Schönau und Heidelberg (siehe weiterer Artikel) kommt Kritik aus Heiligkreuzsteinach, Schönau, Wilhelmsfeld und Heddesbach – diese vier Orte bilden den Gemeindeverwaltungsverband Schönau (GVV).
Bei einer Besprechung von Bürgermeisterin Sieglinde Pfahl aus Heiligkreuzsteinach, den Rathauschefs Matthias Frick aus Schönau, Tobias Dangel aus Wilhelmsfeld und Volker Reibold aus Heddesbach sowie GVV-Geschäftsführer Werner Fischer wurde kürzlich eine gemeinsame Vorgehensweise abgestimmt. Es wurde an die im Jahr 2017 von allen vier Mitgliedsgemeinden einstimmig beschlossenen Resolution zu den damaligen Planungen der hessischen Nachbarn erinnert. Damals hatte sich der GVV nicht generell gegen Windräder ausgesprochen – sehr wohl aber gegen die drohende "Umzingelung" und die viel zu große Flächenausweisung. Es sei insbesondere auf den Erhalt von Natur und Landschaft und die wichtige Naherholungsfunktion hingewiesen sowie eine Planung "mit Vernunft und Augenmaß" gefordert worden.
Außerdem sei – wie erwähnt – die nicht durchgeführte Beteiligung der Bürger und des GVV auf Baden-Württemberger Seite kritisiert worden. "Heute muss man zur Kenntnis nehmen, dass auch Baden-Württemberg offensichtlich keine Information und Beteiligung der Bürger im GVV-Gebiet vornehmen möchte", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. "Der GVV kritisiert dieses Vorgehen auf das Schärfste." In den kommenden Wochen solle das Thema in allen vier Mitgliedsgemeinden des GVV behandelt werden. Ziel sei es, den GVV zu beauftragen, sich auch weiterhin gegen eine "Umzingelung" auszusprechen sowie darauf hinzuwirken, die Anzahl von Windrädern zu begrenzen und sich für den Erhalt des Gebietes mit seiner wichtigen Naherholungsfunktion einzusetzen. "Der GVV und seine Mitgliedsgemeinden sind sich der Bedeutung der Windkraft bewusst, fordern aber weiterhin eine zurückhaltende Planung und Umsetzung", heißt es in der Erklärung abschließend.