Hoffenheim hat sein Saisonziel verfehlt!

Was vor der Saison wie Tiefstapelei klang haben die Profis in dieser Saison bereits fünf Spieltage vor Schluss weit verfehlt  

06.04.2010 UPDATE: 06.04.2010 14:44 Uhr 3 Minuten, 19 Sekunden
Hoffenheim hat sein Saisonziel verfehlt!

Was vor der Saison wie Tiefstapelei klang haben die Profis in dieser Saison bereits fünf Spieltage vor Schluss weit verfehlt

Es klang vor der Saison wie Tiefstapelei: "Wir wollen besser abschneiden als in der vergangenen Saison", Das gaben Manager Jan Schindelmeiser und Trainer Ralf Rangnick im Juli 2009 im idyllischen Leogang (Österreich) einhellig als Saisonziel aus. Besser als Rang sieben in der Premierensaison? Das wollte ihnen damals keiner abnehmen.

Die Herbstmeister und Überflieger der Saison 2008/2009, ohne Abgänge aus der ersten Elf. Ein zurückgekehrter Topstürmer Vedad Ibisevic und noch dazu ein mit satten 16 Millionen Euro verstärkter Kader (damit lag Hoffenheim auf Rang vier der Transferausgaben aller Bundesligisten). Die Abwehr wurde für sieben Millionen Euro mit dem besten Innenverteidiger der Bundesliga, Josip Simunic, verstärkt und mit Christian Eichner ein weiterer Führungsspieler geholt. Im Mittelfeld sicherte man sich für je 4,5 Millionen Euro Maicosuel und Franco Zuculini. Im Angriff sollte durch den ghanaischen Nationalspieler Prince Tagoe der Druck auf die Stammkräfte erhöht werden und auch das Sommertheater um Demba Ba schien überstanden. Obendrein blickte man erwartungsvoll auf das für mehr als 16 Millionen Euro erbaute Trainingszentrum mit Schwimmbad, Bibliothek, eigener Kantine, Lounge etc. in Zuzenhausen, das im Januar fertiggestellt werden sollte.

Im Sommer 2009 roch es nach Europapokal - oder mehr. Und so ließen sich auch einige Spieler von den Erwartungen anstecken. "Viele können um die Meisterschaft mitspielen - vielleicht auch wir", träumte damals Torhüter Timo Hildebrand und Mittelfeldspieler Carlos Eduardo wähnte sich schon unter den Top-Drei der Liga. Sejad Salihovic gab als persönliches Ziel aus, er wolle "mindestens zehn Tore machen".

Im April 2010 ist die Bilanz ernüchternd: Fünf Spieltage vor Schluss hat Hoffenheim sein von vielen Seiten als Understatement belächeltes Saisonziel verfehlt. Bei noch fünfzehn zu vergebenden Punkten scheint es unmöglich, noch an Wolfsburg, Mainz, Frankfurt und Stuttgart vorbeizuziehen. Wenig ist übrig vom einst so verheißungsvollen Sturm um Obasi, Ba und Ibisevic, die zusammen erst sechs Tore in der Rückrunde erzielten. Auf der Rückrundentabelle stehen die Kraichgauer mit nur 9 Punkten aus 12 Spielen auf dem 16. Platz.

Auch Maradonnas Liebling Zuculini und "Maicoshow" (Maicosuels Spitzname in Brasilien wegen seiner aufsehenerregenden Spielweise) blieben meist blass. Der Führungsspieler Eichner gehört, genauso wie Kapitän Nilsson, nicht zur ersten Elf, ganz zu schweigen von Prince Tagoes beispielloser Odysse im Jahr 2009. Und die Abwehr um Simunic und Compper wirkte häufig verunsichert, blieb nur neunmal (von 29 möglichen Spielen) ohne Gegentor.

Torjäger Vedad Ibisevic liegt mit neun Saisontreffern (immerhin noch bester Hoffenheimer) im Vergleich mit Stürmern wie Kuranyi, Kießling oder Dzeko weit zurück. Seine Kollegen Demba Ba (für den die Saison persönlich auch bereits gelaufen ist) und Chinedu Obasi kommen zusammen nur auf sechzehn Pflichtspiele über 90 Minuten (von 58 möglichen).

Unter dem Strich konnten die vor der Saison Hochgelobten ihre Leistung kaum stabilisieren, geschweige denn weiterentwickeln, ein schier endlose Verletzungswelle trug ihren Teil zum Saisonverlauf bei und die getätigten Transfers hatten nicht die Wirkung, die man von 16 Millionen Euro erwarten durfte. Statt Tagoe, Zuculini oder Raitala kamen Herdling, Jabiri, Gulde oder Ludwig aus Hoffenheims Oberligamannschaft zu Bundesligaeinsätzen.

Die Zukunft lässt ebenfalls leise Zweifel anklingen.

Der gerade genesende Chinedu Obasi dürfte gerade rechtzeitig zur WM für Nigeria wieder fit werden und deshalb praktisch ohne Sommerpause zurück nach Hoffenheim kommen um sich auf die nächste Saison vorzubereiten. Auch Andreas Beck, Prince Tagoe und der momentan noch verletzte Isaac Vorsah werden wohl nach Südafrika reisen. Leise Hoffnungen macht sich auch noch Carlos Eduardo.

Stürmer Demba Ba hofft hingegen darauf, dass ein Eingriff an der Patellasehne sich so glücklich entwickelt, dass er zum Saisonstart wieder fit ist. Um wenigstens die Heilung nach der Operation zu fördern, steht in diesem Jahr kein Urlaub in Las Vegas, sondern vom Arzt beaufsichtigte Reha in Donaustauf an.

Torwart Timo Hildebrands Vertrag wird erst verlängert, wenn er von den letzten fünf Meisterschaftsspielen noch drei absolviert. Derzeit ist Hildebrand wegen Rückenproblemen außer Gefecht. Die Verträge von Ersatztorhüter Daniel Haas und Boris Vukcevic sind ebenfalls noch nicht verlängert.

Es ist eindeutig, dass Veränderungen im Kader vorgenommen werden müssen. "Zwei Stürmer" fordert Rangnick noch, aber auch im Mittelfeld und in der Abwehr muss etwas getan werden, damit man schwächelnden Leistungsträger wie Compper oder Salihovic Pausen auf der Ersatzbank zugestehen kann und der Konkurrenzkampf im Training nicht ausschließlich von aufstrebenden, aber unerfahrenen Teenagern, sondern auch von gestandenen Bundesligaprofis, die unbedingt in die Startelf wollen, wiederbelebt wird.

Bezahlen muss dafür wohl, sollten die Hoffenheimer nicht bereit sein ihr Tafelsilber wie Carlos Eduardo oder Demba Ba tatsächlich zu verkaufen, wieder Mäzen Dietmar Hopp, dessen Spendierlaune nach Fehlgriffen wie Wellington (5 Millionen Euro), Zuculini (4,5 Millionen Euro) und Co wohl kaum gestiegen sein dürfte. Von der Entscheidung des Mäzens wird es abhängen, ob Hoffenheim sich für höhere Aufgaben rüsten darf, oder das Feststecken im Bundesligamittelmaß droht. Ralf Rangnick wird seine Entscheidung, ob er im Kraichgau bleibt oder nicht von dieser Entwicklung abhängig machen und seinen Vertrag frühestens im Sommer, eher sogar in der Winterpause 2010, verlängern.

Trotz der verpatzten Saison 2009/2010 und dem bereits jetzt verfehlten Saisonziel bleibt den Verantwortlichen von Hoffenheim wenigstens eins: die Gewissheit und Planungssicherheit, dass sie auch im nächsten Jahr erstklassig spielen werden. Diese Chance gilt es jetzt zu verwerten.

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