Ludwigshafen. (hab) Bernd Vogler, Hauptgeschäftsführer der Chemieverbände Rheinland-Pfalz nimmt kein Blatt vor den Mund. Die Zahlen des Statistischen Landesamtes und die Ergebnisse einer Befragung der chemischen Unternehmen in Rheinland-Pfalz bestätigen einen Trend, der bereits erkennbar wurde, der sich jetzt aber auch in 2018 bestätigt und offenbar verfestigt: "Der Abschwung ist da."
2018 sei der Umsatz der Branche zwar noch leicht um 1,2 Prozent gestiegen, allerdings seien die Zahlen im zweiten Halbjahr stark zurückgegangen. Und die Gewinne waren aufgrund gestiegener Energie- und Arbeitskosten geringer ausgefallen. "Der Standort wird immer teurer", so Vogler. Die Produktion ging um 2,9 Prozent zurück. "Das hatten wir lange Jahre nicht mehr. Und 54 Prozent der Betriebe meldeten uns gesunkene Gewinne gegenüber 2017", so Vogler gestern bei der Vorstellung der Jahreszahlen der Branche.
Dass die Auftragslage um drei Prozent zurückging, lässt auch Umsatzrückgänge für das Gesamtjahr 2019 befürchten. Positiv bleibt die Situation bei den Beschäftigten. Ihre Zahl stieg um 0,8 Prozent. Wie es in diesem Bereich weiter gehen könnte, sei eher unklar. "Aber bei uns gilt: Auch in schlechten Zeiten wird versucht, die Beschäftigung zu halten". Aber immerhin 28 Prozent der Firmen haben eine niedrigere Beschäftigtenzahl anvisiert. Und 39 Prozent der Unternehmen planen mit geringeren Investitionen.
Hautpflegemittel für Hongkong, Parkettversiegelung für NBA-Spielfelder in den USA oder Eisenphosphate für moderne Lithium-Ionen-Akkus. Die rheinland-pfälzische Chemieindustrie liefert Endprodukte aber oft auch Zwischenprodukte oder Inhaltsstoffe, die im Endprodukt nur noch schwer auf den ersten Blick identifizierbar sind. Insgesamt belegt die Rheinland-Pfälzische Industrie mit 56 Prozent Exportanteil unter allen deutschen Flächenländern nach Baden-Württemberg den zweiten Platz.
Die chemische Industrie kann sogar auf einen Exportanteil von 70 Prozent verweisen. Für 11,7 Milliarden Euro wurden 2016 chemische Erzeugnisse ins Ausland verkauft, neuere Zahlen sind nicht bekannt. Gemessen am Umsatz ist die Chemiebranche in Rheinland-Pfalz der größte Industriezweig.
Die schwächelnde Automobilindustrie trage zu der Abwärtsentwicklung bei. Auch das Niedrigwasser am Rhein habe die Produktion negativ beeinflusst. 94 Prozent der Unternehmen sorgen sich um die politische Entwicklung. Vor einem Jahr waren das noch acht Prozent gewesen. Insbesondere der Brexit und die daraus resultierende Unsicherheit lasten auf den Firmen, was Christian Metzger, Vorsitzender der Chemieverbände Rheinland-Pfalz, dazu veranlasste ein klares Bekenntnis zu Europa abzulegen.
"Wer Europa stärkt, der stärkt auch die chemische Industrie bei uns. Ich fordere deshalb alle auf, bei der Europawahl ihre Stimme abzugeben und die EU damit zu unterstützen", sagte er. Deutschland sei "Nettozahler", der mehr in die EU einzahlt, als er wieder herausbekommt. Insgesamt war das ein Minusbetrag von 10,7 Milliarden Euro.
Jeder Bundesbürger zahlt also jährlich 129 Euro für die EU. Für offene Grenzen ohne Passkontrollen, für freien Warenverkehr mit Exportüberschüssen Deutschlands, für wachsenden Wohlstand und für Frieden in Europa. Man gebe viel mehr Geld für viele Dinge, aus die verzichtbarer wären.