Von Harald Berlinghof
Schwetzingen/Brühl/Rhein-Neckar. Der eine sammelt Alfas. Drei hat er schon, einen aus den 1950ern, einen aus den 1960ern und einen, der einfach nicht laufen will. Er ist ein "Fahrertyp", der seine Autos in der Landschaft der Region ausführt und dabei das Leben genießt. Der andere hat einen Opel-Admiral aus den 1960ern in der Garage stehen. Der kaum einmal eine Straße sieht, weil der Besitzer weniger am Fahren interessiert ist, als am "Schrauben".
Er ist der Schraubertyp. Wo der eine mit seinen Alfas die Probleme beim Untersteuern in der Kurve löst, da löst der andere die Probleme unter dem Auto liegend. Getriebe, Kolben oder Bremsschläuche sind seine Leidenschaft. Aber beide sind Oldtimer-Enthusiasten. Bei beiden steht nicht im Vordergrund, was zunehmend das Oldtimer-Hobby verändert. Zunehmend taucht nämlich der "Anlagetyp" auf und wirft einen rein finanziellen Blick auf die Autos, die mindestens 30 Jahre alt sind.
Alte Autos werden zunehmend angesichts von Niedrigzinsen gerne als Wertanlage betrachtet. Die einen flüchten ins Gold, die anderen in Aktien, diejenigen, die es sich leisten können kaufen Immobilien. Das treibt die Preise. Auch bei Oldtimern. Doch einem echten Oldtimerfan geht das gegen den Strich. Viele Oldtimer-Enthusiasten geben im Durchschnitt für ein historisches Fahrzeug deutlich weniger als 20.000 Euro aus. Und der Wertzuwachs dieser Fahrzeuge kompensiert in der Regel nicht die stetig anfallenden Wartungs- und Unterhaltskosten, hat der Verband der Automobilindustrie VDA errechnet.
"Die steigenden Preise für gut erhaltene Oldtimer verändern unser Hobby", sagt dazu Johannes Hübner, der sich seit Jahren um die Durchführung der Concours d´Elegance im Schwetzinger Schlossgarten verdient macht. Er gilt als einer der besten Kenner alter Blechkarossen in der Region. Und er bedauert, dass angesichts der steigenden Werte viele Oldtimer-Besitzer das Auto nicht mehr aus der Garage lassen, weil sie fürchten, dass Regen, Rost, Diebstahl oder Unfall bares Geld kosten könnten. "So werden immer häufiger historische Automobile nicht mehr in der Öffentlichkeit präsentiert", bedauert er. Bleibt abzuwarten bis Multimilliardäre aus Fernost, Arabien oder sonstwo Oldtimer bei Christie’s ersteigern und sie als Geldanlage in Tresoren wegschließen. Wie Gemälde von van Gogh oder Picasso.
Doch davor kann man die reinen Geldanleger nur warnen. Denn ein automobiler Oldtimer ist kein Ölgemälde, das sich in der Klimakammer über Jahrhunderte nicht verändert. Ein Auto leidet, wenn es nicht das tun kann, wozu es gemacht ist. Mag sein, dass man es vor Rost in einer trockenen Atmosphäre bewahren kann. Andere Teile altern. Gummi verliert Elastizität, Holzarmaturen werden spröde, Öle verlieren Viskosität, Lack seinen Glanz. Ein Oldtimer will, auch wenn er nicht zum Fahren genutzt wird, gepflegt werden. Es ist ein steter Aufwand damit verbunden, den Wert des Autos zu erhalten - oder ihn zu steigern.
Wer immer die Begriffe des Goldtimers oder des Garagengoldes in die Welt gesetzt hat, hat nur die halbe Wahrheit gesagt. Papier, auch in Form von Briefmarken, ist geduldig und in einem lichtsicheren Safe gut untergebracht. Aktien sind noch anspruchsloser, denn sie existieren in aller Regel nur noch als Bits und Bytes in den virtuellen Aktiendepots der Banken. Ein Oldtimer aber ist aus metallenem Fleisch und öligem Blut. Mancher Oldie-Fan spricht davon, dass sein Auto lebt.
Doch wer sich trotzdem für die Anschaffung eines Oldtimers zur Geldanlage entschließt, sollte entweder viel Kenntnis von Autos und ihrem Zustand mitbringen oder sich die "Anlageberatung" eines erfahrenen Spezialisten sichern.
Neben Modell oder Baujahr entscheidet bei Oldtimern vor allem der Erhaltungszustand und der Originalzustand über den Preis. Und den festzustellen, dazu ist ein Laie kaum in der Lage, zumal Fälschungen von Teilen oder ganzen Karosserien immer perfekter werden.
Seit 1999 gibt der VDA einen sogenannten Oldtimer-Index heraus, in dem langfristig 88 internationale Automodelle erfasst werden. Dabei hat der Mercedes-Benz 300 SL (Flügeltürer) seit 1999 am stärksten zugelegt.
Auf Platz zwei folgt eine Ikone der Automobilgeschichte, nämlich der VW "Bulli", ein Kleintransporter. Den dritten Platz belegt ein weiterer Publikumsliebling, nämlich die "Ente" (Citroen 2CV 6) - eines der billigsten und einfachsten Autos seiner Zeit. Die Zuwachsraten des VDA-Index lagen 2013 bei acht Prozent, 2014 bei 4,5 Prozent, 2015 bei 5,6 Prozent.
Die Abwrackprämie hat dazu beigetragen, dass auch Autos aus den 1990er Jahren, die als Youngtimer bezeichnet werden, an Wert zugelegt haben, weil viele in Schrottpressen wanderten und so die Anzahl der übrig gebliebenen verkleinerten. Youngtimer sind tatsächlich noch günstig auf dem Markt zu haben. Und die Chance auf eine spürbare Wertsteigerung besteht tatsächlich.
Nachteil ist allerdings, dass heute niemand mit ausreichender Treffsicherheit vorher sagen kann, welches Modell irgendwann zum Kultauto wird. So ist die Wahrscheinlichkeit, Geld in eine Niete zu stecken, deutlich höher als bei etablierten Auto-Klassikern. Youngtimerkauf ist deshalb eher etwas für Spieler. Oder für Fans: "Wenn ich mein Geld aufs Bankkonto lege, kriege ich auch nichts dafür. Aber das Bankkonto macht mir deutlich weniger Spaß als meine Alfas", sagt der "Fahrertyp" aus Schwetzingen.