TSG Hoffenheim gegen Freiburg

Torjäger rügt als Kapitän mangelnde Professionalität

Hoffenheim bleibt beim 3:4 gegen Freiburg zum siebten Mal ohne "Dreier".

01.05.2022 UPDATE: 01.05.2022 20:15 Uhr 2 Minuten, 44 Sekunden
Interims-Kapitän Andrej Kramaric (l.) durfte endlich mal wieder jubeln, doch es half nichts. Weil u.a. bei Hölers Kopfball-Tor zum 3:2 für Freiburg die TSG-Abwehr nicht gut aussah. Fotos: APF

Von Nikolas Beck

Sinsheim. "Countdown to Kick-off" steht über dem minutiösen Ablaufplan, von dem ein ganzer Stapel auf dem Podium im Medienraum der PreZero-Arena liegt. Offenbar schon ein bisschen länger. Denn was bereits um 16.15 Uhr mit dem Ende der "Desinfektion von Zone 1" beginnt und u.a. vorsieht, dass genau zehn Sekunden nach 20.43 Uhr der Münzwurf auf dem Rasen stattzufinden hat, bezieht sich auf das Länderspiel zwischen Deutschland und Israel – vom 26. März.

Zwar unbeachtet, aber in Reichweite von Sebastian Hoeneß lag der Bulletin-Stapel am Samstagabend immer noch am Platz des "Hoffe"-Trainers, als dieser versuchte, die 3:4 (1:1)-Niederlage gegen den SC Freiburg zu erklären. Sozusagen ein Relikt der Vergangenheit. Ein Andenken aus vergangenen Zeiten. Aus besseren Zeiten.

Interims-Kapitän Andrej Kramaric (l.) durfte endlich mal wieder jubeln, doch es half nichts. Weil u.a. bei Hölers Kopfball-Tor zum 3:2 für Freiburg die TSG-Abwehr nicht gut aussah. Fotos: APF

Denn als die TSG Hoffenheim ihre Heimspielstätte kurzzeitig dem DFB überließ, hatte sie zwar gerade ein 0:3 in Berlin zu verdauen. Doch die Hoeneß-Elf stand auf Rang sechs, mit nur einem Zähler Rückstand auf Champions-League-Platz vier. Und keiner konnte sich vorstellen, dass das Derby gegen die Breisgauer das siebte sieglose Spiel in Serie werden würde.

Was ist also passiert in den vergangenen Wochen, in denen "Hoffe" die Europapokal-Ambitionen verspielte?

Hoeneß glaubt, das Momentum sei verloren gegangen. Manager Alexander Rosen räumte am Sonntag bei Sport 1 ein: "Wir haben es uns selbst vermasselt." Grundsätzlich habe man "viel geleistet, wenn man am Ende einer Saison über Platz acht als Krise oder Mittelmaß reden kann". Anderseits: "Wir waren voll dabei, hatten richtig guten, begeisternden Fußball gespielt, viele Tore geschossen – natürlich sind wir unzufrieden und selbstkritisch."

Nicht alle Auftritte seit dem letzten Sieg (Anfang März gab’s ein 1:0 in Köln) waren so schwach wie das Debakel bei der Hertha, die Heimschlappe gegen Bochum oder die Nullnummer gegen Fürth. Aber aus dem Spektakel gegen den SC sprang erneut einfach zu wenig Ertrag heraus. "Dieser Abend war ein Abbild der Saison", haderte Andrej Kramaric: "Wir haben wieder gut gespielt, es war ein aufregendes Match, auch für die Fans, aber am Ende haben wir keine Punkte."

Obwohl bei Sorgenkind Kramaric endlich der Knoten platzte. Auf Initiative des Trainers durfte der Vizeweltmeister sein Team als Kapitän aufs Feld führen. Binden-Balsam für den Ballermann, dem zuvor erst vier Tore geglückt waren. Nach Sallais 0:1 (23. Minute) gelang dem Kroaten erst technisch anspruchsvoll sein fünftes (32.), dann bereitete er nicht minder sehenswert die zwischenzeitliche Führung durch Angelo Stiller vor (49.).

Hintergrund

Es sagten ...

> "Diese Mannschaft hätte es verdient, in den Top 6 der Bundesliga zu sein. Wir haben so viel Potenzial, aber jetzt sind wir Achter. Es tut einfach weh." – TSG-Stürmer Andrej Kramaric über die

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Es sagten ...

> "Diese Mannschaft hätte es verdient, in den Top 6 der Bundesliga zu sein. Wir haben so viel Potenzial, aber jetzt sind wir Achter. Es tut einfach weh." – TSG-Stürmer Andrej Kramaric über die Europapokal-Ambitionen.

> "Es war ein verrücktes Spiel, es wäre ein verdienter Punkt gewesen. Wir sind tief enttäuscht. Aber es sind noch zwei Spiele zu gehen. Es ist nicht vorbei." – "Hoffe"-Trainer Sebastian Hoeneß über die Rest-Hoffnung auf Rang sechs.

> Freiburg hat die Chancen heute wie eine Spitzenmannschaft eiskalt ausgenutzt. Wir hauen jede Woche alles rein, leider lief fast alles gegen uns zuletzt. Die Fehler, die wir machen, werden einfach sofort bestraft." – HoffenheimsDavid Raum über die Gründe der Niederlage. nb

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Die Blauen unter den 23.627 Zuschauer feierten die Rückkehr der Hoffenheimer Comeback-Könige, die schon mehr Punkte nach Rückstand geholt haben als alle anderen Bundesligisten (22). Und auch schon die Vorentscheidung gegen Freiburger, die bis dato noch gar kein Spiel hatten drehen können? Mitnichten!

Günter glich postwendend aus (Hoeneß: "Das war ein wenig der Knackpunkt"). Höler (70.) und Jeong (73.) drehten das Spiel. Sebastian Rudy gelang noch mal der Anschluss (84.). Die Joker Kasim Adams per Kopf und Georginio Rutter im Nachschuss verpassten in der Nachspielzeit die Chance aufs mögliche Remis.

"Selbstverständlich kann dieses Spiel aus Hoffenheimer Sicht auch Unentschieden ausgehen – oder dass sie sich vielleicht ein bisschen vorne sehen", gab SC-Trainer Christian Streich nach dem vierten Auswärtssieg der Breisgauer im Kraichgau hintereinander zu.

Kaufen können sich Hoeneß und "Hoffe" davon nichts. Immerhin: Es scheint, als habe man Ansätze gefunden. Einen ganz offensichtlichen, nämlich die Wackel-Abwehr, die bereits 51 Gegentreffer in 32 Spielen zuließ. Aber auch einen alarmierenden: mangelnde Professionalität.

Kramaric sagte in die TV-Kameras, was Oli Baumann unter der Woche bereits angedeutet hatte: dass man sich von manchem Kollegen eine etwas professionellere Einstellung wünsche. Hoeneß während der Pressekonferenz. "Ich habe eine Ahnung, was er damit meint, aber ich werde die Diskussion jetzt nicht in diesem Rahmen führen."

Es bleibt also Raum für Interpretationen. Geht es den Führungsspielern nur um die bereits zehn (Ligahöchstwert) – teilweise mehr als unnötigen – Gelbsperren? Tut der eine oder andere im mal wieder von zahlreichen Verletzungssorgen geplagten Kader nicht genug für seinen Fitness? Oder geht es gar um einen zu laxen Umgang mit Corona? Der Virus hatte die TSG-Kicker wie schon im Vorjahr überdurchschnittlich oft heimgesucht.

"Unterm Strich bekommen wir unsere Leistungsträger zu selten auf den Platz", haderte Hoeneß: Daher gelte es für den ganzen Klub, dieses Thema anzugehen: "Es ist ein guter Kader, aber er muss zur Verfügung stehen."

Stapelweise Arbeit liegt also bei Rosen, Hoeneß und Co. auf dem Tisch. Auch im übertragenen Sinn. Nicht nur in Form von einem nicht entsorgten wochenalten Ablaufplan.

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