Aufatmen nach 93:86-Sieg im Kellerduell (plus Video)
Die Heidelberger Bundesliga-Basketballer schlagen Crailsheim im Kellerduell. Tim Coleman entzaubert die Merlins spät.

Von Nikolas Beck
Crailsheim. Die einen kassierten am vergangenen Wochenende beim 58:96 in Vechta die heftigste Pleite aller Teams der laufenden Saison. Die anderen erzielten beim 54:87 gegen Würzburg die wenigsten Punkte aller Bundesligisten in dieser Spielzeit. Merlins und Academics, zwei ideale Aufbaugegner.
Die Frage, die es am Montagabend in der "Stierkampfarena" in Ilshofen zu klären galt: Wer würde die Verunsicherung des anderen im direkten Duell zwischen dem Letzten und Drittletzten für sich nutzen können?
Als die Frage beantwortet war, sprangen die Heidelberger vor Freude im Kreis. Zentnerlasten fielen von den Schultern. Und Kapitän Akeem Vargas verglich das kollektive Aufatmen noch einige Minuten nach Spielende mit einem gerade gewonnenen WM-Finale.
Mit 93:86 (46:44) bezwangen die kriselnden MLP Academics die noch viel mehr kriselnden Crailsheim Merlins. Von "großer Erleichterung" berichtete Alex Vogel hinterher. "Viel wichtiger ist heute aber vielleicht", grübelte der Sportliche Leiter der Heidelberger nach dem erst zweiten Erfolg im achten Spiel, "dass wir als Team aufgetreten sind, bei dem jeder für den anderen gekämpft hat. Hier zu gewinnen, das ist alles andere als leicht."
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Zumal unter den aktuellen Rahmenbedingungen: Ohne Aufbauspieler Mike McGuirl, von dem sich die Heidelberger am Donnerstag getrennt hatten (und auch noch ohne Ersatz), hatte Coach Joonas Iisalo zu Beginn Bennet Hundt, Elias Lasisi, Vincent Kesteloot, Isaiah Whaley und Jeff Carroll das Vertrauen geschenkt.
Letzterer, zuletzt wie McGuirl im Zentrum der Fan-Kritik, traf auf einen alten Bekannten: Unter dem neuen Merlins-Coach Jussi Laakso hatte der 29-Jährige vergangene Saison den finnischen Meistertitel gewonnen.
Die richtige Formel gegen den US-Amerikaner hatte der Lehrmeister der "Zauberer" dennoch nicht parat. Carroll versenkte gleich den für ihn so wichtigen ersten Dreier – und kam endlich richtig in Schwung.
17 Punkte waren es bereits zur Halbzeit für den US-Amerikaner. Und, viel wichtiger: Auch seine Kollegen fanden in einem Duell, in dem für beide Teams längst noch nicht alles rund lief, ihr Wurfglück.
Sieben von elf Dreipunkte-Versuchen der Academics flogen durch die Reuse. Am Brett dagegen markierte Isaiah Whaley nach schönem Anspiel von Bennet Hundt die letzten beiden Punkte in Hälfte eins. Beim Kabinengespräch lagen Whaley und Kollegen 46:44 in Front.
Anschließend ging es hin und her. Mal sah es so aus, als könnten sich die Heidelberger absetzen. Die Academics führten 57:48 (24.) – nur um einen 2:13-Lauf zu kassieren.
Dann waren plötzlich die Merlins am Drücker, lagen 75:70 in Front – ehe es die Heidelberger wie aus dem Nichts wieder Dreier regnen ließen.
Erst der wieder genesene Paul Zipser, dann gleich mehrfach Tim Coleman. Ausgerechnet Tim Coleman. "Der Typ hat Eier!", wollte Alex Vogel überhaupt nicht um den heißen Brei herumreden.
Was er meinte? Coleman hatte drei Viertel lang große Probleme, spielte aufgrund von Foulproblemen nur fünf Minuten, nahm und verfehlte nur einen Wurf, leistete sich vier Ballverluste.
Im Schlussabschnitt machte er dann im Alleingang 17 Punkte – und sicherte seinem Team den so wichtigen Erfolg. "Er mag diese Würfe, er mag diese Verantwortung", sagte Vogel über den Matchwinner. Trotz Carroll und Coleman wollte er aber betont wissen: "Das war heute ein Teamerfolg."
Zweifelsfrei. Und welch ein wichtiger.
Crailsheim: Murray-Boyles 20 (2 Dreier), Westermann 19 (5), Smith 15, Childress 11 (1), Cook 10, Stuckey 3, Baggette 2, Wulff 2, Oduro 2, Bleck 2, Kindzeka
Heidelberg: Carroll 28 (4 Dreier), Coleman 17 (3), Kesteloot 14 (1), Whaley 13 (2), Lasisi 10 (2), Zipser 4 (1), Würzner 4, Hundt 3, Vargas, Keßen.
Stenogramm: 7:7 (3.), 23:16 (8.), 26:22 (1. Viertel), 29:31 (13.), 38:39 (18.), 44:46 (Halbzeit), 48:52 (23.), 61:59 (28.), 66:65 (3. Viertel), 69:68 (34.), 75:76 (36.), 79:82 (38.), 81:89. (39.), 86:93 (Endstand).