Eppingen

Harsche Kritik an Gartenschau-Eröffnungsbilanz

Das Rechnungsprüfungsamt moniert unter anderem "unzureichend dokumentierte Vorgänge" und eine fehlerhafte Finanzplanung.

02.06.2023 UPDATE: 02.06.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden
Für die Gartenschau wurde viel Erde und auch viel Geld bewegt. Bei der Buchführung lief dabei nicht alles rund. Foto: Armin Guzy

Von Armin Guzy

Eppingen. Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung den Jahresabschluss der Stadt und die Eröffnungsbilanz des Eigenbetriebs Gartenschau zustimmend zu Kenntnis genommen – und zwar für das Jahr 2016, also mehr als fünf Jahre später als gesetzlich vorgesehen.

Das war nur einer der Kritikpunkte, die Alfred Keller, der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes (RPA), in der Sitzung anführte. Unverständnis angesichts der enormen Verspätung äußerte auch FDP-Stadtrat Georg Heitlinger: Jede GmbH müsse spätestens eineinhalb Jahre nach dem Jahresende eine Bilanz vorlegen, andernfalls würden Strafgelder verhängt, erinnerte er und forderte die Verwaltung zu höherem Tempo auf. Und SPD-Fraktionsvorsitzender Hartmut Kächele wollte wissen: "Woran liegt das genau?" Oberbürgermeister Klaus Holaschke erwiderte zwar, dass ein städtischer Eigenbetrieb nicht mit einer privatwirtschaftlichen Firma verglichen werden könne, räumte aber ein: "Wir sind zeitlich im Rückstand."

Kämmerei-Abteilungsleiter Manuel Günther versicherte, dass man "an der zeitlichen Aufarbeitung dran sei", voraussichtlich komme nun alle sechs Monate ein weiterer Jahresabschluss, es fehlten allerdings noch manche Daten. Und Kämmerer Tobias Weidemann warf ein, dass eine schnellere Abarbeitung mehr Personal nötig machen würde, dies allerdings, selbst wenn sich der Gemeinderat zu Neueinstellungen durchringen würde, kaum zu finden sei. Ohnehin gab es beim Personal des Eigenbetriebs in den zurückliegenden Jahren eine relativ große Fluktuation, was die Prüfung in einigen Bereichen zusätzlich erschwerte.

Insgesamt sieht Keller zwar keine Prüfungsergebnisse, die der Feststellung des Jahresabschlusses der Stadt und des Eigenbetriebs Gartenschau entgegenstehen, seine Kritik war dennoch deutlich. Zum einen waren offenkundig einige Nachbesserungen, Korrekturen und Umbuchungen erforderlich, bevor die Abschlüsse überhaupt feststellungsreif waren, zum anderen bestehe "in einzelnen Bereichen noch interner Klärungs- und Handlungsbedarf". Zudem sind Kellers Prüfungsbericht zufolge bei der stichprobenartigen Aktendurchsicht einige Sachverhalte entdeckt worden, die sich zwar nicht zu stark auf das Gesamtergebnis der Prüfung auswirkten, "für den Einzelfall" aber von Bedeutung seien.

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Außerdem erinnerte der RPA-Leiter, dessen Abteilung zwar in die Stadtverwaltung eingegliedert, aber weisungsunabhängig ist und umfangreiche Einsichtsrechte hat, an die erheblichen Folgen der zu späten Abschlüsse: "Der Jahresabschluss hat damit jegliche Steuerungsfunktion, vor allem für den Gemeinderat, verloren." Außerdem sei das RPA beim Eigenbetrieb Gartenschau "nicht in angemessener Weise" an der Buchführung beteiligt gewesen, sondern "allenfalls punktuell zu Einzelproblemen herangezogen worden". Eine wirksame örtliche Prüfung sei damit faktisch kaum noch möglich, kritisierte Keller, ganz abgesehen davon, dass sich Mängel in der Eröffnungsbilanz auch auf die Folgejahre auswirken und auch eine überörtliche Prüfung durch die Kommunalaufsicht bislang nicht möglich war. Das widerspreche "jeglichen Grundsätzen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs".

In seinem Bericht über die Prüfung der Eröffnungsbilanz führt Keller unter anderem eine mangelhafte Abgrenzung von städtischem und Eigenbetriebsvermögen auf, die Verbuchung eines mit 60.000 Euro angegebenen "Finanzierungsfehlbetrags aus Vorjahren", obwohl es in einer Eröffnungsbilanz ja kein Vorjahr geben kann, und unzutreffende Aufgabenzuordnungen in der Geschäftsordnung. Deutliche Worte fand Keller auch zur Planung des immerhin mehr als zehn Millionen Euro umfassenden Gartenschau-Etats (ohne die Kosten für Veranstaltungen). Er kommt zu dem Schluss: "Die Finanzplanung ist sowohl bei den Ausgaben als auch bei den Einnahmen fehlerhaft und unvollständig." Außerdem monierte er teilweise fehlende Akten, "unzureichend dokumentierte Vorgänge" und erinnerte die Verwaltung mit Nachdruck an ihre Dokumentationspflicht.

Keller sagte zwar auch, ihm sei bewusst, dass eine Gartenschau für jede Kommune Neuland ist, und bezeichnete auch die Zusammenarbeit mit den zuständigen Beteiligten im Geschäftsbereich Finanzen als "sehr konstruktiv", eine schallende Ohrfeige für die Verwaltung ist der Prüfbericht aber dennoch – auch wenn er darüber hinaus kaum Folgen haben dürfte: Inzwischen sind acht Jahre vergangen, und die Gartenschau wird bereits rückabgewickelt.

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