Ärger um den Friedhof Dilsbergerhof geht weiter
Die Kirche will ihren Gottesacker abgeben. Die Stadt hat kein Interesse an einer Übernahme. Auch nach über drei Jahren gibt es noch keine Lösung.

Von Christoph Moll
Neckargemünd-Dilsbergerhof. Vor über drei Jahren kochten im idyllischen Neckargemünder Ortsteil Dilsbergerhof die Emotionen hoch. Von einem Skandal war die Rede. Die Kirche beendete damals die jahrzehntelange Praxis, dass ein Teil des Friedhofs in ihrem Eigentum von Bürgern selbst organisiert wurde. Zuletzt sprießte – zum Ärger der Einwohner – das Unkraut auf dem Gottesacker kniehoch, doch Gras ist noch lange nicht über die Sache gewachsen. Im Gegenteil: Nach wie vor gibt es keine Lösung, aktuell kocht der Ärger wieder hoch. Die RNZ gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Um was geht es? Der Friedhof im Dilsbergerhof wurde im Jahr 1948 errichtet. Zuvor musste die Trauergemeinde stets mit dem Sarg eines Bewohners des Dilsbergerhofes bei Wind und Wetter in die drei Kilometer entfernte Dilsberger Bergfeste zum Friedhof an der katholischen Kirche ziehen. Auch weil der dortige Gottesacker kaum mehr Platz bot, überließ ein Einwohner aus dem Dilsbergerhof seine kleine Wiese hinter der Herz-Jesu-Kapelle der katholischen Kirchengemeinde als Friedhof für Bewohner des kleinen Ortsteils mit nicht einmal 200 Einwohnern. Sie liegt neben dem heutigen städtischen Friedhof. Schriftlich festgehalten wurde die Schenkung nicht. Eine von Pfarrgemeinde und Bürgern erstellte Friedhofsordnung regelte, dass drei Bürger und der Pfarrer eine Friedhofskommission bilden. Diese entschied stets, wer auf dem Friedhof beerdigt werden darf, was eine Grabstätte kostet und wie der Friedhof gepflegt wird. Die Kirche gab gelegentlich Zuschüsse, doch die Bürger kümmerten sich um den Friedhof. Die Kosten für die Bestattung – also zum Beispiel das Ausheben von Gräbern – stellte die Stadt in Rechnung. Der Preis für ein Grab war besonders niedrig, weil die Einwohner den Friedhof pflegten. Vor über drei Jahren beendete die Katholische Kirche diese Praxis der "Selbstverwaltung" – und sorgte damit für viel Ärger.
Was war das Problem? Alles fing mit der Zusammenlegung zahlreicher Kirchengemeinden zur Seelsorgeeinheit Neckar-Elsenz an. Der neue Stiftungsrat wusste lange Zeit nichts von der privaten Verwaltung des Friedhofes – bis es Mitte 2018 um die Sanierung eines Weges ging. "Der Staat will, dass Friedhöfe nur noch von Kommunen oder Kirchen betrieben werden", erklärte der damalige Pfarrer Karl Endisch. "Wir müssen alles auf rechtlich klare Füße stellen – da führt kein Weg daran vorbei." Kurz nach Weihnachten 2018 erhielten die Mitglieder der Friedhofskommission ein Schreiben der Kirchenverwaltung. Sie wurden aufgefordert, das vorhandene Geld an die Kirche zu übergeben. Von einer Unterschlagung kirchlicher Gelder war sogar die Rede. Außerdem sollten die dank der Pflege des Friedhofs durch die Einwohner niedrigen Grabgebühren an jene der städtischen Friedhöfe angepasst werden. Ein Doppelgrab beispielsweise sollte nicht mehr 600, sondern über 2000 Euro kosten. Die Kommissionsmitglieder beendeten daraufhin ihr Engagement.
Was ist seither geschehen? Zwei Jahre erst einmal gar nichts. Georg Ruhland, der an der Spitze der Kommission stand, berichtet nun auf RNZ-Nachfrage, dass die Kirche im vergangenen Jahr vorgeschlagen habe, den Friedhof und die Kapelle durch die Einwohner als Verein zu betreiben oder ganz stillzulegen. Eine Abstimmung der Bürger des Dilsbergerhofs habe ergeben, dass der Friedhof durch die Stadt weiter betrieben werden sollte. "Die Kapelle ist denkmalgeschützt und für die Einwohner des kleine Ortes nicht tragbar", so Ruhland. Der Vereinsvorstand könne nämlich haftbar gemacht werden. Ende April fand nun ein Dorffest mit der Verabschiedung der Kommission statt. "Wir haben uns innerlich schon vom Friedhof verabschiedet", sagt Ruhland. "Es sollte aber langfristig gesichert sein, dass der Friedhof schön und gepflegt ist."
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Was ist die Position der Kirche? Der neue und junge Pfarrer Tobias Streit hat das Thema sozusagen von seinem Vorgänger "geerbt" und sich in den vergangenen Wochen eingearbeitet. "In den vergangenen Jahren haben mehrere Gespräche mit den Bewohnern von Dilsbergerhof oder Vertretern der Bewohner stattgefunden", berichtet er. "Ziel dieser Gespräche war es immer, zu einer guten gemeinsamen Lösung für den Friedhof zu kommen, sodass dieser weiterbetrieben werden kann und zugleich die Kirchengemeinde aus der Trägerschaft ausscheidet." Streit bedauert, dass der Friedhof zuletzt nicht mehr gepflegt wurde und das Gras hoch sprießte. Die bisherige Pflegefirma habe ihre Dienste gekündigt. Trotz intensiver Suche sei bisher kein Ersatz gefunden worden. Auch um ein Zeichen zu setzen, hat Streit vor Kurzem mit Unterstützern den Rasen gemäht. "Für die Zukunft hoffen wir, die Arbeiten wieder an eine Firma übertragen zu können", erklärt er und betont: "Weiterhin ist es das Ziel der Kirchengemeinde, dass der Friedhof erhalten bleibt." Allerdings sei es auch das Ziel der Kirchengemeinde, die Trägerschaft abzugeben. "Nach wie vor wollen die Verantwortlichen der Kirchengemeinde gemeinsam mit den Bewohnern von Dilsbergerhof nach der besten Lösung suchen", so Streit. Dies soll bei einem gemeinsamen Treffen am Mittwoch, 13. Juli, um 18 Uhr in der Kapelle des Friedhofs Dilsbergerhof geschehen.
Was sagt die Stadt? "Das Dilemma ist, dass hier von Seiten der Katholischen Kirche in ein eigentlich funktionierendes Konstrukt eingegriffen wurde", sagt Stadtsprecherin Petra Polte. "Es war das klare Ziel der Verwaltung, den Status quo zu erhalten, gegebenenfalls unter Gründung eines Vereines." Leider sei die Situation nun in der Tat verfahren. "Die Bereitschaft der Ehrenamtlichen, sich weiter einzubringen, wurde durch eine – vorsichtig ausgedrückt – unglückliche Kommunikation seitens der Kirche zerstört", so Polte. Eine Übernahme durch die Stadt würde bedeuten, dass diese "an einem Standort zwei verschiedene Friedhöfe habe, an die gegebenenfalls unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich der Grabnutzungskosten bestehen", so die Stadtsprecherin. Die Friedhofsgebühren auf einem kommunalen Friedhof würden jedoch umfangreichen Kalkulationen folgen. "Wir sehen klar die Katholische Kirche am Ball, denn es ist deren Grundstück mit deren Gebäuden und auch unter deren Verwaltung", so Polte.