Gebiet "Sauermichel": Wie geht es in Malsch weiter?
Die Infoveranstaltung rund um das geplante Baugebiet bietet den Bürgern direkte Antworten

Lebhaftes Interesse weckte der Infoabend der Gemeinde zum Thema Baugebiet "Sauermichel". An verschiedenen Infoständen erfuhren die Bürger von den Experten alles über den aktuellen Stand des Verfahrens. Foto: Pfeifer
Malsch. (oé) Es war eine Informationsveranstaltung der etwas anderen Art: kein Podium mit Vorträgen und Fragerunden des Publikums, sondern Infostände, an denen die Experten bereitstanden, um den Bürgern im direkten Gespräch Rede und Antwort zu stehen - und das drei Stunden lang. So sollte jeder die Chance bekommen, sich zu informieren und die Information zu bekommen, die er will, erläuterte Hauptamtsleiter Frank Herrmann das Konzept. Vor allem junge Familien wollte man so ansprechen, wie Bürgermeisterin Sibylle Würfel betonte. Deshalb auch die Kinderbetreuung durch eine Erzieherin des "Kindernests". Das Thema war wichtig genug: Es ging um das zentrale Vorhaben der Letzenberggemeinde für die kommenden Jahre: die Entwicklung des Baugebiets "Sauermichel".
Das Konzept scheint insgesamt aufgegangen zu sein: Trotz der großen Hitze war die Letzenberghalle bis in den Abend hinein immer gut gefüllt (die Gemeinde schätzt die Besucherzahl auf etwa 200) und vor den einzelnen Infoständen mit Plänen, Fotos und Schautafeln bildeten sich Trauben von Bürgern, die in einen lebhaften Dialog mit Planern und Experten traten. Allerdings gab es auch kritische Stimmen. Nikolaus Bös von der Interessengemeinschaft für den Erhalt des Gebiets "Sauermichel" in seiner jetzigen Form etwa monierte, dass dies "eine Stellwandveranstaltung, aber keine Bürgerversammlung" sei. Dass es Kritik gab, verhehlt auch Bürgermeisterin Sibylle Würfel nicht. Allerdings erhielt sie auch viele positive Rückmeldungen. "Gute Gespräche" habe es gegeben. "Es war viel offener, die Leute trauten sich eher", so ihr Fazit.
Ähnlich Planer Dietmar Glup, der das Bebauungsplanverfahren für die Gemeinde betreut. "Guter Rahmen, gut besucht", resümierte der Ingenieur, dessen Infostand auf besonders großes Interesse stieß. Glup hatte den Eindruck, dass gerade viele junge Familien mit einem konkreten Bauinteresse gekommen waren. Eine Umfrage der Gemeinde an diesem Abend bestätigte diesen Eindruck. 42 Rückmeldungen zählte die Gemeinde, meist junge Familien aus Malsch.
Die Hauptfrage am Infostand von Dietmar Glup lautete denn auch: "Wann geht’s los?" Glup rechnet damit, dass noch in diesem Herbst eine Grundsatzentscheidung im Gemeinderat fallen kann. Danach werde etwa ein Jahr vergehen, bis der Bebauungsplan rechtskräftig sei. Bis der erste Bagger anrückt, kann es seinen Worten zufolge noch gut zwei Jahre dauern.
Ein zentrales Thema des weiteren Verfahrens wird sicher der Artenschutz sein. Das Heidelberger Büro "Bioplan" hatte im Auftrag der Gemeinde von März bis September 2015 eine artenschutzrechtliche Erhebung in dem geplanten Baugebiet am Fuße des Letzenbergs durchgeführt, dessen Ergebnisse der Biologe David Gustav jetzt den interessierten Bürgern vorstellte. Fazit: Es dürften erhebliche Anstrengungen nötig sein, um die Vorgaben des Naturschutzes zu erfüllen.
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So wurden in dem Gebiet elf Fledermausarten nachgewiesen, außerdem leben in dem Areal wahrscheinlich zwei oder drei Wendehalsbrutpaare, eine "Rote-Liste-Art", für die umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen erforderlich wären. Ganz besonders gilt dies dem Biologen zufolge für die ebenfalls nachgewiesenen Zauneidechsen. Auf mindestens 160 erwachsene Exemplare wird die Population dieser FFH-Art (Flora-Fauna-Habitat) in dem Gebiet berechnet. Dafür wäre eine Ausgleichsfläche von 1,6 Hektar erforderlich, wohin die Tiere umgesetzt werden müssten.
Als eine Reservefläche für Ausgleichmaßnahmen könnte das Landschafts- und Naturschutzgebiet Hochholz-Kapellenbruch nördlich von Rot-Malsch dienen. Darauf machte die Umweltbeauftragte des Gemeindeverwaltungsverbands, Dr. Brigitta Martens-Aly, an ihrem Infostand aufmerksam. Eine mögliche Option wäre die Umwandlung von Acker- in Grünland dort.
Verwaltung und Planer haben sich auch bereits Gedanken gemacht, wie der ursprüngliche Bebauungsplanentwurf entsprechend angepasst werden könnte. So sieht ein Alternativvorschlag vor, dass ökologisch besonders sensible Bereiche am Nordrand ausgespart werden könnten - etwa Hecken, an denen entlang die Fledermäuse zwischen Schlafquartieren und Jagdrevieren pendeln. Modifikationen gibt es auch hinsichtlich der Straßenführung, der Größe des Gebiets und der Zahl der Baugrundstücke. So sieht eine mögliche Variante statt der ursprünglich gut 80 Häuser nur noch 70, eine andere sogar lediglich 64 Bauplätze vor. Bei der Erschließung des Gebietes könnte die Letzenbergstraße außen vor bleiben. Außerdem wird über eine etappenweise Realisierung in drei Bauabschnitten nachgedacht. Ein Kriterium dabei, wie Dietmar Glup betonte: dass die erschlossenen Bauplätze dem Markt auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Anders als dies bei den 115 unbebauten Privatgrundstücken im Ort der Fall ist, die Bauamtsleiterin Ute Schwab in ihrem Baulückenkataster ausweist. Hier sei ein Verkauf "ganz selten".
Planer Dietmar Glup und auch Bürgermeisterin Sibylle Würfel machten deutlich, dass es sich bei den vorgestellten Varianten bislang lediglich um Gedanken der Verwaltung und um eine "Diskussionsgrundlage" handle. Darin eingeflossen seien die Anregungen, die sie aus vielen Gesprächen mit Bürgern mitgenommen habe, so die Rathauschefin. Schon im Bürgermeisterwahlkampf sei dieses Thema "total präsent" gewesen. Mit dem Planer zusammen habe sie versucht, die Ideen und Vorschläge in die vorhandene Planung einzupflegen. "Zwischen dem ’großen Ganzen’ und der Alternative ’gar nichts’ muss es noch etwas geben", so die Position der Bürgermeisterin. Nun hat der Gemeinderat das Wort. Er muss die Weichen stellen, wie es mit dem Baugebiet weiter geht.



