Weinheimer Mittagstisch

Einfach nur abgespeist wird hier niemand

Solidaritätsaktion Weinheimer Mittagstisch ist gestartet - Anonyme Spender versorgten Ehrenamtliche mit neuer Ausrüstung

09.01.2018 UPDATE: 10.01.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden

Dieses Jahr macht der Mittagstisch zuerst in den Räumen der katholischen Gemeinde Herz Jesu Station. Als "Chefköchin" versorgt Irene Schwenkschuster (l.) circa 80 Bedürftige mit einem reichhaltigen Mittagsmenü. Foto: Kreutzer

Von Günther Grosch

Weinheim. "Heute gibt es geröstete Griessuppe als Vorspeise, Bratwürste mit Kartoffelbrei und Sauerkraut als Hauptgericht - und zum Nachtisch Joghurt mit Obst": "Chefköchin" Irene Schwenkschuster ist ganz in ihrem Element. Mehr als 80 Frauen und Männer sind jetzt zum Auftakt des diesjährigen "Weinheimer Mittagstischs" in den Gemeindesaal von Herz Jesu gekommen, um in den Genuss einer warmen Mahlzeit zu kommen, die ehrenamtliche Mitglieder der katholischen Herz Jesu- und der Liebenzeller Gemeinde zubereitet haben.

Bereits zum 19. Mal und auch noch die kommenden sieben Wochen lang bis zum 24. Februar laden die in der Weinheimer "Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen" (ACK) zusammengeschlossenen Gemeinden wechselweise in ihre Häuser ein, um neben der leiblichen Versorgung Wohnsitzloser und bedürftiger Menschen zusätzlich auch deren Hunger nach mitmenschlicher Zuwendung zu stillen.

"Die zu uns Kommenden sollen nicht nur abgespeist werden, sondern auch Aufmerksamkeit und Hilfestellungen bekommen", so Diakon Günter Huth. "Das Leben auf der Straße und in Armut macht krank", sagt der Geistliche. Aus diesem Grund stehen zusätzlich Helfer von Caritas und Diakonie wie Heide Dannenberg, Santi Leonardi und Andreas Jordak für Auskünfte, Ratschlägen oder zur Vermittlung von Kontakten bereit: "Über die Essen erreichen wir die Leute."

Einen besonderen Fokus legen Gertrud Oswald und Christine Gassmann als "Mittagstisch"-Organisatorinnen in diesem Jahr auf von Altersarmut betroffene und dadurch in große Not geratene Menschen. "Auch für sie gilt unser tägliches Angebot einer kostenlosen Mahlzeit", versuchen sie vorhandene Hemmschwellen zu überbrücken.

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Armut führe oft zu einem ungesunden Lebenswandel und dies wiederum zu Krankheiten, verdeutlichten die Experten: "Ganz klar besteht zwischen Armut und Krankheit ein Zusammenhang." Wieder haben Bäckereien, Metzgereien und Läden Lebensmittel sowie "viele treue Privatspender" Geld zur Verfügung gestellt. Ein namhafter Geldbetrag kam in diesem Jahr dabei zusätzlich von einem Ehepaar, das nicht namentlich genannt werden wolle, so Diakon Huth. "Unter der Bedingung, dass das Geld nicht zum Einkauf von Lebensmitteln, sondern zur Anschaffung materieller Dinge verwendet wird, die den Helfern ihre Arbeit erleichtern und der Verbesserung der Arbeitsplatzqualität dienen."

So wurden unter anderem ein 40 Liter fassender Wasserkochtopf und Schöpflöffel angeschafft. Hinzu kamen ein Trittstuhl, "damit die Damen beim Rühren von oben besser in die Töpfe schauen können", sowie zwei Müllsackständer, um das Trennen und Einsortieren von Wertstoff- und Biomüll zu erleichtern. Zurück noch einmal zu dem 77-jährigen "Kochengel" Irene Schwenkschuster und ihrem fast 81-jährigen Ehemann Hans. Viele Jahre lang haben beide für die Liebenzeller Gemeinde, bei Freizeitaktivitäten und auf Zeltlagern gekocht. "Seit fünf Jahren stehen wir nun auch für den Weinheimer Mittagstisch am Herd", so die beiden rüstigen Senioren.

Glockenschlag 12 Uhr zündet der Diakon die "Mittagstischkerze" an, die in den kommenden Wochen in die jeweiligen Gemeindesäle mitwandert. Nach einem gemeinsam gesprochenen "Vater unser" wünscht Huth ein "gutes Miteinander im Gespräch". Dann klappern die Löffel, Messer und Gabeln. 14 Frauen und fünf Männer waren es zum Auftakt, die nicht nur kochten, sondern die Mahlzeiten auch an die Tische brachten. "Sogar einen ’Stammtisch’ gibt es hier", schmunzelt Huth. "Kann ich noch einen Nachschlag haben?" Kurt, der früher stolzer Besitzer eines eigenen Gartenbaubetriebs war, fragt nicht vergebens. Wer aufbricht, bekommt von Marianne Huth noch ein "Vesperpäckchen".

Sein "Danke schön" für das Essen vergisst kaum jemand. Mancher steckt auch noch freiwillig einen Euro in die Spendendose am Ausgang. Deren Erlös kommt am Ende des sieben Wochen währenden Weinheimer Mittagstischs dem Seniorenfonds Neckar-Bergstraße zugute.

Info: In der kommenden Woche, 15. bis 20. Januar, wird der "Mittagstisch" im Gemeindehaus Johannis, Hauptstraße 127, gedeckt.

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