Weinheimer Wohnsitzlose: Hier die Winterromantik, dort der Kältetod

Wenn Flüsse und Seen zufrieren, werden Weinheims Hilfseinrichtungen voll. Der Appell: "Keine Frierenden in der Kälte lassen".

23.01.2017 UPDATE: 24.01.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 49 Sekunden

Von Philipp Weber

Weinheim. Weschnitz und Schlossparkteich sind zugefroren, auf den Äckern rund um die Stadt liegen Schneereste, darüber geht die Sonne unter: Weinheimer Winterromantik pur. Die sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Eiseskälte auch zur Gefahr werden kann, warnen nicht zuletzt die Sozialverbände.

"Seien Sie aufmerksam!", appelliert die "Bundesgemeinschaft Wohnungslosenhilfe" (BAG W) an die Bürger. Angesichts des draußen drohenden Kältetods sei jeder dazu verpflichtet, Menschen in Not beizustehen - und zum Beispiel beim, Anblick hilflos Daliegender Polizei (110) oder Rettungsdienste (112) zu informieren. Darüber hinaus müsse jede Kommune Wohnungslose unterbringen, unabhängig von deren Nationalität und Aufenthaltsstatus.

Auch in Weinheim gibt es entsprechende Vorrichtungen. In den Wintermonaten unterhält die Stadt eigens ein so genanntes "Erfrierungsschutzzimmer", es befindet sich in einem Gebäude in der Viernheimer Straße. Die Belegung wird von der Weinheimer Caritas organisiert. "Bei Kälteeinbrüchen ist diese Einrichtung extrem nachgefragt", so Andreas Jordak, der jahrelang die Wohnungslosenhilfe geleitet hat und sich jetzt um das Thema "Allgemeine Sozialberatung" kümmert. "Bei den derzeitigen Temperaturen haben die Hilfseinrichtungen viel zu tun. Das gilt auch für größere Aufnahmestellen in der Region, etwa das Heidelberger Wichernheim", sagt er.

Insgesamt aber, so Jordak, würden wohnungs- oder hilflose Menschen in Weinheim gut aufgefangen. Das liegt nicht zuletzt an Solidaritätsaktionen wie dem Weinheimer Mittagstisch, der letzte Woche zum ersten Mal in diesem Jahr gedeckt war. Die Betroffenen fänden beim Essen in den Räumen der Kirchengemeinden Ansprechpartner - oder würden von den ehrenamtlichen Helfern an solche vermittelt, schildert Jordak.

Auch interessant
: Weinheim hat ein besonderes Angebot für Wohnsitzlose
: Damit auch Obdachlose weihnachtliche Wärme erleben dürfen

Dennoch seien die Minustemperaturen nicht zu unterschätzen, ist er sich mit dem BAG W einig. Nicht nur wohnungslosen, sondern auch alten und vereinsamten Menschen könne die Kälte unter Umständen zum Verhängnis werden, so der Caritas-Mitarbeiter. Erst kürzlich habe er eine Betreuung für einen 72-Jährigen organisieren müssen, weil der in seiner Wohnung zu verwahrlosen drohte. Aber auch für die Feuerwehr ist die Kälte eine zusätzliche Herausforderung. Erst am Wochenende fanden Feuerwehrkräfte einen Mann, der sich am Rande eines Sulzbacher Sportgeländes auf den kalten Boden gelegt hatte. Nach RNZ-Informationen handelte es sich dabei keineswegs um einen Wohnungslosen: Der Mann hatte schlicht zu viel getrunken und war dann müde geworden.

Auch Feuerwehrsprecher Ralf Mittelbach empfiehlt, beim Anblick von Menschen in hilfloser Lage die 112 zu wählen und zum Beispiel eine Decke zu besorgen - oder den Betroffenen (sofern es die Umstände zulassen) in den Arm zu nehmen. Für die Flüchtlinge, die in Weinheim leben, sei die Kältewelle dagegen kein großes Problem, sagt Verwaltungssprecher Roland Kern. Zwar habe es Anfang des Monats Probleme mit den Wasserleitungen in der neuen Containersiedlung gegeben, inzwischen seien die Rohre aber ausreichend isoliert. Ein Großes Glück ist, dass der Winter 2015/16 wärmer war als der diesjährige: Nicht auszudenken, wenn die Heizung in der früheren Notunterkunft "Winzerhalle" bei den jetzigen Temperaturen ausgefallen wäre.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.