Hector Stiftung sagt Armut in Weinheim den Kampf an

Projekte gegen Alters- und Kinderarmut profitieren drei Jahre lang von den Zuwendungen der Stiftung

21.02.2017 UPDATE: 22.02.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 40 Sekunden

Vertreter der Sozialverbände und der Hector Stiftung mit den Vorständen Uwe Bleich und Ernst-Lothar Keiper (2. und 3. v. l.) wollen einkommensschwachen Menschen gezielt unter die Arme greifen. F.: Kreutzer

Von Günther Grosch

Weinheim. Ob in der Medizin- und Hochbegabtenforschung, bei der Förderung von Wissenschaft, Kunst und Kultur oder in Sachen Bildung und Erziehung: Seit mehr als zwei Jahrzehnten kümmert sich die Josephine und Hans-Werner Hector Stiftung um gesellschaftliche Themen. Dabei wird auch der soziale Bereich nicht ausgeklammert: Daher profitieren jetzt mehrere Einrichtungen in der Zweiburgenstadt von den Zuwendungen.

Gemeinsam mit Bärbel Morsch vom Diakonischen Werk, Alexandra Riester und Susanne Rohfleisch vom Caritasverband Rhein-Neckar sowie Ladenleiter Nazih Bazzi vom Sozialkaufhaus "Lichtblick" informierten die Stiftungsvorstände Ernst-Lothar Keiper und Uwe Bleich kürzlich über aktuelle Projekte, die sich auf das Feld der Kinder- und Altersarmut konzentrieren.

Im Tafelladen gibt es einen "Seniorennachmittag"

In der Bundesrepublik leben Millionen Menschen in "Einkommensarmut" oder sind unmittelbar von ihr bedroht. Das heißt, dass ihr Einkommen (zu) weit nach unten vom Mittelwert abweicht. Arbeitslose, Geringverdiener, Alleinerziehende und Rentner sind oft am unteren Ende der Skala zu finden. Dabei weisen sie sehr unterschiedliche Biografien auf. Kurz: "Armut hat viele Gesichter", so die Vorstände der Hector Stiftung.

Aus diesem Grund will die Stiftung ihr finanzielles Engagement in den kommenden Jahren auf die Bereiche "Kinderförderfonds" und "Seniorenfonds Neckar Bergstraße", den "Weinheimer Mittagstisch" sowie den Tafelladen (früher: "Appel & Ei") ausweiten: "Wir wollen eine feste Grundlage für die Fortsetzung dieser Arbeit garantieren."

Für Keiper und Bleich außerdem wichtig: Die Stiftung springt nicht als einmalige oder kurzfristige "Spenden-Feuerwehr" ein, sondern verschafft den Verantwortlichen wie den Betroffenen zunächst über drei Jahre hinweg Unterstützung - und damit ein gewisses Maß an "Sicherheit und Erleichterung".

Noch relativ jung ist der 2014 gegründete Seniorenfonds. In den Sozialberatungsstunden habe man gemerkt, dass der Bedarf an Unterstützung in der Hauptsache von älteren Menschen steil nach oben geht, so Riester: "Das Thema wird immer präsenter."

Waren es anfänglich 5000 Euro, so wurden zuletzt bis zu 12.000 Euro für rund 60 Hilfesuchende ausgegeben. Die dabei noch immer zu überwindende Hürde: "Es gilt eine noch weitaus höhere Anzahl an Bedürftigen zu ermutigen, Hilfe anzunehmen." Man müsse ihnen klarmachen, dass sie sich ihrer finanziellen Notlage wegen nicht schämen müssen.

Altersarmut und eine damit einhergehende Vereinsamung ist bei Frauen wie Männern zu beobachten. Schon die Reparatur einer Waschmaschine, die dringend benötigte Brille, das Hörgerät oder der Zahnersatz können das monatlich zur Verfügung stehende Budget sprengen, nannte Rohfleisch Beispiele. Von der "aktiven sozialen Teilhabe" am kulturellen Leben wie einem Theater- und Kinobesuch oder der Möglichkeit, sich eine "Karte ab 60" für den öffentlichen Nahverkehr zu leisten, ganz zu schweigen. Erster Erfolg der Hector-Initiative: Die Kulturgemeinde Weinheim verfügt ab sofort über ein spezielles Kartenkontingent zur freien Disposition, das dem genannten Personenkreis den unentgeltlichen Besuch von Theatervorstellungen ermöglicht.

Über einen Kühltransporter, der aus hygienerechtlichen Gründen für den Transport von Lebensmitteln ohne Unterbrechung der Kühlkette vorgeschrieben ist, freute sich Nazih Bazzi. Auch er wusste mit bedenkenswerten Zahlen aufzuwarten: "Rund 40 Prozent unserer Kundschaft kommt aus dem Kreis älterer Menschen." Durchschnittlich 140 Frauen und Männer aus einem "Berechtigungspool" von etwa 3000 Menschen, der von Laudenbach bis Dossenheim und Ilvesheim reicht, nehmen täglich das Angebot des Tafelladens in Anspruch. Jeweils mittwochs ist der Nachmittag ausschließlich Senioren vorbehalten: "Damit diese in Ruhe einkaufen können, ohne dass gedrängelt oder geschubst wird."

Kindern schon früh eine Teilhabe an Bildung und Gesellschaft zu ermöglichen und damit zu verhindern, dass sie von schulischen und sportlichen Aktivitäten ausgeschlossen werden und daraus eine soziale Diskriminierung erwächst, nennt Morsch als Ziel des vor zehn Jahren gegründeten Kinderförderfonds.

Sich ausschließlich aus Spenden finanzierend, sind jährlich zwischen 40.000 und 45.000 Euro notwendig, um bis zu 520 Kinder aus einkommensschwachen Familien zu unterstützen. Dank der finanziellen Zuwendungen können sie Schwimmkurse besuchen, Mitglied im Sportverein werden oder an Ausflügen und Schullandheimfahrten teilnehmen.

Morsch: "Dass die Hector Stiftung ab sofort sowohl den Kinderförderfonds als auch den Seniorenfonds nachhaltig unterstützt, stellt einen wichtigen Impuls für unsere Arbeit dar und zugleich ein Zeichen der Wertschätzung, auf das wir alle sehr stolz sind." Last, but not least darf sich auch der Weinheimer Mittagstisch der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in den nächsten drei Jahren über ein finanzielles Zubrot freuen.

Fi Info: Nähere Infos zum Kinderförderfonds und Seniorenfonds beim Caritasverband, Paulstraße 2, Telefon 06201/ 9 94 60, sowie beim Diakonischen Werk, Hauptstraße 2, Telefon 06201/ 9 02 90.

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