Hier wird Sand aus der Eiszeit freigelegt
Bei dem Naturschutz-Projekt "Brühlwegdüne" wird jetzt die obere Bodenschicht abgetragen und in den angrenzenden Wald gebracht.

Von Lukas Werthenbach
Sandhausen. Nach den "tierischen Landschaftspflegern" kommt jetzt im sogenannten Entwicklungs-Naturschutzgebiet "Brühlwegdüne" schweres Gerät zum Einsatz: Zunächst drängten Schafe und Ziegen den Bewuchs im Norden der Fläche zurück, nun wird mit Baggern und Schleppern der dortige Waldboden abgetragen und in ein angrenzendes Waldgebiet gebracht. Bekanntlich soll das insgesamt 32 Hektar große Dünengebiet an der Landesstraße L598 in einen ökologischen Zustand gebracht werden, in dem es vor über 10.000 Jahren schon einmal war – kurz nach Ende der Eiszeit. Mit den Maschinen erfolgt nun der nächste Schritt in diesem auf 25 Jahre angesetzten Projekt.
Ein wichtiges Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung nährstoffarmer Sandböden. Hintergrund ist die Besonderheit, dass die Dünen um Sandhausen nach der Eiszeit durch Windverwehungen entstanden: Der Sand stammt vom Rhein. In der "Brühlwegdüne" sollen neue Standorte für sogenannten Sandrasen entstehen, der bedrohten Tier- und Pflanzenarten eine Heimat bietet. Das für die Maßnahme verantwortliche Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) kündigt "eine der herausragenden naturkundlichen und kulturhistorischen Besonderheiten Sandhausens" an. Und weiter: "Die Schaffung nährstoffarmer Sandböden ist die Voraussetzung dafür, dass Sandspezialisten aus dem benachbarten Naturschutzgebiet ,Sandhausener Düne’ einwandern." Auf dem Sandboden kann sich demnach etwa die Sandsilberscharte gegenüber Konkurrenten durchsetzen, die auf nährstoffreichem Waldboden besser wachsen als sie. Zudem finden auch der Sandlaufkäfer und die Ödlandschrecke auf dem vegetationsarmen Sandboden Nahrung.
Doch dieser vor vielen Jahrtausenden hierher gewehte Sand muss eben an vielen Stellen erst freigelegt werden. Schließlich ist er mit der Zeit regelrecht zugewuchert. Dies ist laut RP zum einen auf "flächendeckende Einträge von Stickstoff über die Luft" zurückzuführen und zum anderen auf "die Aufgabe historischer Nutzungen wie beispielsweise das Streurechen im Wald". Letzteres bezeichnet die Praxis vergangener Jahrhunderte, in denen Landwirte herabgefallenes Laub und Nadeln im Wald einsammelten, um damit etwa die Böden ihrer Viehställe abzudecken.
So wurden bereits als einer der ersten Schritte im Jahr 2020 ausgewiesenen Naturschutzgebiet Hunderte Bäume gefällt. Nachdem Weidetiere im vergangenen Herbst Brombeeren, Büsche und krautige Pflanzen gefressen hatten und zuletzt die Wurzeln dieses Bewuchses zerkleinert wurden, ist man jenem wertvollen Untergrund nun ein bedeutendes Stück näher: "Wir wollen hier möglichst reinen Sand und kein organisches Material mehr haben", erklärt Jost Armbruster vom zuständigen RP-Referat für Naturschutz und Landschaftspflege auf Nachfrage.
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Zusammen mit der obersten zehn bis 15 Zentimeter dicken Schicht humosen, nährstoffreichen Waldbodens werden die zerkleinerten Wurzeln nun aus dem gerodeten Bereich in das angrenzende Waldgebiet außerhalb des Naturschutzgebiets gebracht. "Dort verbessert der humose Waldboden die Wachstumsbedingungen für nährstoffliebende Pflanzen", erläutert das RP. Und im Naturschutzgebiet kommt der gewünschte Sand zum Vorschein. Die gesamte Fläche werde mit Bagger und Planierschaufel eingeebnet, so Armbruster. Im Frühsommer sei dann vorgesehen, Samen vom bestehendem Sandrasen auf der Pferdstrieb-Düne zu sammeln und diese auf dem dann freigelegten Sandboden auszusäen: So soll auch hier der wertvolle Sandrasen wachsen.