Zäune auf der Düne sollen Ziegen schützen
Arbeiten im neuen Naturschutzgebiet "Brühlwegdüne": Hier werden Weidetiere zu "Taxis" für seltene und wertvolle Pflanzen und Tiere.

Von Lukas Werthenbach
Sandhausen. Das "Jahrtausendprojekt" schreitet voran, Wanderer könnten hier in den nächsten Tagen auf gesperrte Wege treffen: Im Bereich des neuen Naturschutzgebiets "Brühlwegdüne" werden seit dieser Woche die ersten Zäune gebaut. Einige davon sollen die künftig hier grasenden Weidetiere von unerwünschten Ausflügen auf die angrenzende Landesstraße L598 abhalten. Bei der Entwicklung dieses ebenso stark diskutierten wie einzigartigen Naturschutzprojekts spielen Ziegen nämlich eine – auch im wörtlichen Sinne – "tragende" Rolle, wie Jost Armbruster vom zuständigen Referat für Naturschutz und Landschaftspflege im Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) gegenüber der RNZ erklärt.
Auf dem 32 Hektar großen Areal sollen in den nächsten rund 20 Jahren bekanntlich neben lichtem Kiefernwald auch 15 Hektar Sandrasen entstehen; diesen gab es hier bereits vor über 10.000 Jahren, nach dem Ende der Eiszeit. Um das Ziel dieses "Entwicklungs-Naturschutzgebiets" zu erreichen, wurden bereits Hunderte Bäume gefällt, Waldboden abgetragen und so der Sandboden aus der Eiszeit freigelegt. Damit sich darauf nun der für seltene sowie streng geschützte Tier- und Pflanzenarten attraktive Sandrasen entwickeln kann, müssen die Flächen möglichst schonend von Bewuchs freigehalten werden.
Hintergrund
> Das Naturschutzgebiet "Brühlwegdüne" in Sandhausen ist eine von vier Maßnahmen, die den Bau der Bundesstraße B 535 vor rund 30 Jahren ökologisch ausgleichen sollen. Eigentlich sollte damals die Landesstraße L 600 zwischen dem Umspannwerk bei Leimen und
> Das Naturschutzgebiet "Brühlwegdüne" in Sandhausen ist eine von vier Maßnahmen, die den Bau der Bundesstraße B 535 vor rund 30 Jahren ökologisch ausgleichen sollen. Eigentlich sollte damals die Landesstraße L 600 zwischen dem Umspannwerk bei Leimen und Sandhausen-Bruchhausen als Ausgleich zurückgebaut werden. Da es dazu aber nie kam, wurde ein Alternativkonzept aufgestellt. Neben der "Brühlwegdüne" gehören dazu die Verbindung von Sandrasenflächen im Naturschutzgebiet "Pflege Schönau-Galgenbuckel", die Herstellung von Sandrasenflächen im Schwetzinger Naturschutzgebiet "Hirschacker- Dossenwald" und die Aufwertung der Landschaft im Umfeld der beiden Straßen. Das Konzept hat ein Walldorfer Planungsbüro erarbeitet, das Regierungspräsidium Karlsruhe koordiniert das Projekt. luw
Dafür eignen sich Weidetiere wie Ziegen am besten. Auf anderen Dünen der Umgebung werden bereits seit einigen Jahren zusätzlich auch Schafe und Esel eingesetzt. "In den nächsten Jahren werden Waldbereiche aufgelichtet und zunächst von Ziegen beweidet, die aufkommende Sträucher zurückdrängen sollen", so Armbruster.
Als erste Weidefläche wurde dazu der nördliche "Zipfel" der "Brühlwegdüne" ausgewählt, der direkt südöstlich der Landesstraße liegt. "Hier besteht die geringste Entfernung zum Naturschutzgebiet ,Sandhausener Dünen’", erläutert der Fachmann vom Regierungspräsidium. Damit erhöhe man die Chancen, dass sich dort bereits lebende Insekten wie zum Beispiel der Sandlaufkäfer auch auf dem neuen Naturschutzgebiet auf der anderen Seite der Straße ansiedeln. "Das klappt zum Beispiel auch mit flugfähigen Heuschrecken, auch wenn natürlich einige an Autoscheiben landen können", sagt Jost Armbruster.
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Zudem setze man auf die Weidetiere als "Taxis" für wertvolle Pflanzen und Tiere, die sich auf der gegenüberliegenden Düne schon angesiedelt haben: Sie sollen nach der Beweidung der "Pferdstrieb"-Düne auf das neue Naturschutzgebiet gebracht werden. "Zum Beispiel im Fell können sich Samen oder auch kleine Tiere verfangen, die dann eher zufällig auf der nächsten Fläche wieder abfallen", berichtet Armbruster.
Auf einer Länge von 335 Metern wird laut RP der Wildschutzzaun errichtet. Und entlang des beliebten Wegs im Nordosten der "Brühlwegdüne" wird auf etwa 275 Metern eine "Besucherleiteinrichtung" gebaut. Dabei handelt es sich um eine Art hölzernen Handlauf, der bis zum Boden mit einem Knotengeflecht versehen ist: Neben "Erholungssuchenden" sollen Armbruster zufolge auch Hunde davon abgehalten werden, "querfeldein in das Naturschutzgebiet zu gehen". Zudem müsse das Konstrukt leider robust gegen etwaigen Vandalismus sein. Eine "sanfte Lenkung" von Besuchern des Gebiets sei vorgesehen, zumal Hunde zum Beispiel brütende Vögel wie die Heidelerche verschrecken könnten. "Es ist geplant, dass man vom Dünenkamm aus im Schatten auf die Weidefläche gucken und die Entwicklung des Gebiets erleben kann", sagt Armbruster.

Übrigens: Die wie berichtet insbesondere im Hardtwald um sich greifende Ausbreitung der invasiven Kermesbeere ist auch für das Naturschutzprojekt ein Problem, wie Fachmann Armbruster verrät. Man müsse die Fläche regelmäßig überprüfen und neu auftauchende Pflanzen – möglichst im jungen Stadium und bei feuchtem Boden – "händisch" mitsamt ihrer Wurzeln herausreißen.
Zur Bekämpfung der Kermesbeere sei in der Hopfengemeinde ohnehin eine Forstfirma beauftragt, die bei Bedarf ebenfalls auf der "Brühlwegdüne" zum Einsatz komme. "Aber es gibt auch noch andere Pflanzen dieser Art, die uns Kopfschmerzen bereiten", meint Armbruster etwa mit Blick auf den Japanischen Staudenknöterich.



