Weinheimer Liste will eigenen Kandidaten aufstellen
Grüne kritisieren das: "OB-Amt ist kein Erbhof für Parteien"

CDU und SPD wollen je einen Kandidaten für die Oberbürgermeister-Wahl im Juni 2018 aufstellen, die Weinheimer Liste mischt unter dem Slogan "Wir denken Weinheim" ebenfalls mit. Foto: Kreutzer
Von Philipp Weber
Weinheim. Gut eineinhalb Monate nach ersten Äußerungen aus CDU und SPD zu Kandidaturen für die OB-Wahl 2018 bringt sich jetzt auch die Weinheimer Liste (WL) ins Spiel. "Die WL wird zu gegebener Zeit einen eigenen Kandidaten vorstellen", teilt die fünftstärkste Fraktion im Gemeinderat mit: "Die Bürger sollen nach der Allein-Kandidatenwahl von 2010 wieder eine echte Alternative haben."
2010 hatte sich kein zweiter Kandidat gefunden, Amtsinhaber Heiner Bernhard (SPD) war mit 73,2 Prozent der Stimmen in eine zweite Amtszeit gewählt worden. Im Sommer hatte er jedoch seinen Verzicht auf eine dritte Amtsperiode angekündigt.
Bei der Kandidaten-Suche sei die Frage entscheidend, wie es nach der Ära Bernhard programmatisch weitergeht, so die WL-Aktiven: "Bernhard hat nicht nur viel bewegt, sondern auch ein gewaltiges, nicht gestopftes Haushaltsloch geschaffen, in dessen Sog Mancher und Vieles untergehen kann." Die Haushaltsstruktur-Kommission des Gemeinderats habe keine Verbesserungen erzielt, "sondern hätte nach dem Willen des scheidenden OBs neue Ämter und Amtsleiter-Positionen schaffen sollen", kritisieren die Lokalpolitiker eine von Bernhard gewollte Umstrukturierung im Rathaus.
In Sachen Haushaltspolitik müsse die nächste Stadtspitze "alles" hinterfragen, um die unter Bernhard angestoßenen Projekte vollenden zu können, fordert die WL. Dazu müsse die Stadt ihre Verwaltungskosten senken, "die Qualität steigern" und Weinheim für Bürger sowie Unternehmen als attraktiven Standort präsentieren. Neben neuen Gewerbeansiedlungen - gerade auch in den Ortsteilen - brauche es hierfür auch eine "zeitgemäße" Hotellerie, eine E-Bike-Struktur und Ersatz für "hässliche Innenstadtparkplätze". Der WL-Slogan dazu: "Wir denken Weinheim."
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Damit spricht vieles dafür, dass sich Weinheims Wähler 2018 für einen von mindestens drei Kandidaten entscheiden können: Die SPD will einen eigenen Kandidaten, die CDU will das ebenfalls und wird möglicherweise Nicole Huber aus Heidelberg ins Feld führen - und auch die WL will mit eigenem Personal mitmischen. Oder werden es vielleicht noch mehr Kandidaten? Die Freien Wähler als drittstärkste politische Kraft in der Zweiburgenstadt geben sich zurückhaltend. "Wenn sich jemand anbietet, der fachlich kompetent ist und dem wir vertrauen, sind wir nicht abgeneigt", so Fraktionsvorsitzender Gerhard Mackert. Im Moment lasse man die Wahl aber auf sich zukommen, es sei ja noch Zeit.
Die Wählervereinigung hatte 2002 den CDU-Kandidaten Stefan Dallinger unterstützt. Nachdem der spätere Landrat in Weinheim unterlegen war, konnten sich die Freien Wähler so gut mit Bernhard arrangieren, dass sie ihm 2010 keine Steine in den Weg legen wollten.
Die GAL habe eine Sondierungsgruppe ins Leben gerufen, die nach geeigneten Persönlichkeiten Ausschau hält, sagt Stadtrat und Land-tagsabgeordneter Uli Sckerl im RNZ-Gespräch: "Damit verknüpfen wir aber nicht den Anspruch, unbedingt einen Kandidaten in den eigenen Parteifarben aufstellen zu wollen." Die Bürger sollten zwar durchaus eine echte Wahl haben, so der Landespolitiker: "Es kann aber nicht sein, dass sie sich am Ende zwischen fünf Partei-Kandidaten entscheiden müssen", kritisiert Sckerl den bisherigen Diskussions-Verlauf: "Der Posten eines OBs ist kein Erbhof für Parteien, dieses Denken ist aus unserer Sicht überholt." Vielmehr sollten sich die Lager auf geeignete Persönlichkeiten verständigen. Denn auf Persönlichkeit komme es an: "Ein OB ist unmittelbar mit den Erwartungen und Enttäuschungen der Bürger konfrontiert, da gibt’s kein Entrinnen."
Die GAL schaue sich auch die Kandidaten der anderen gerne an. "Vermutlich wird diese Diskussion im Dezember an Fahrt aufnehmen, der Wahlkampf selbst sollte nicht länger als zwei, drei Monate dauern." Und was ist mit Torsten Fetzner? "Er wäre ein herausragender OB, ich schätze seine Persönlichkeit, seine Kompetenz", so Sckerl über den Ersten Bürgermeister. Man müsse aber akzeptieren, dass er dieses Amt für sich selbst ausgeschlossen habe.