Braucht Gaiberg überhaupt eine neue Ortsmitte?
Bei seinem letzten Neujahrsempfang nahm der Bürgermeister kein Blatt vor den Mund - Gärtner: Einzelne verhindern Zukunft des Dorfes

Hört 2018 auf: Bürgermeister Klaus Gärtner.
Von Agnieszka Dorn
Gaiberg. Die Amtskette saß, die Stimmung war relativ gelöst. Zum letzten Mal stand Bürgermeister Klaus Gärtner beim Neujahrsempfang im Alten Schulhaus und hielt die Neujahrsansprache. Denn nach 24 Amtsjahren geht der Rathauschef in den wohlverdienten Ruhestand, die Bürgermeisterwahl soll Mitte des Jahres über die Bühne gehen. Gärtners Nachfolger erwarten keine leichten Aufgaben, denn in Gaiberg gibt es einige brisante Themen - und aus diesen machte der Noch- Verwaltungschef keinen Hehl.
Gaiberg habe - gemessen an der Größe - von den 54 Kreisgemeinden den größten Bevölkerungsrückgang. Gärtner sieht dafür einen Hauptgrund: Der Zuzug von Familien - und somit eine zukunftsorientierte Gemeindeentwicklung - werde durch massive, geschickt verschlüsselte Eigeninteressen, die von einer Gemeindefraktion unterstützt werden, verhindert, so der Rathauschef. Denn die Weiterentwicklung des Ortes wird durch einige Gaiberger blockiert, die das geplante Neubaugebiet mit Hilfe rechtlicher Unterstützung in Frage stellen.
Die fast schon katastrophale Entwicklung lasse sich besonders gut an den Zahlen im Kindergarten Bergnest nachvollziehen: Eigentlich war die Kindertagesstätte einst für 104 Kinder ausgelegt, derzeit toben dort lediglich 51 Kinder. Daher wurde die Betriebserlaubnis bereits auf 65 Kinder reduziert. Die Entwicklung hat auch Auswirkungen auf die Grundschule: Derzeit seien 18 Kinder in der ersten Klasse, so Gärtner.
Der Rathauschef warf die Frage auf, ob Gaiberg überhaupt noch die geplanten künftigen Investitionen in Millionenhöhe brauche. So klafft gegenüber vom Rathaus im Moment noch ein riesiges Loch; dort soll der neue Ortsmittelpunkt entstehen. "Auch wenn es nicht so aussieht: Dabei handelt es sich um die am weitesten fortgeschrittene Maßnahme", sagte Gärtner und brachte alle zum Lachen. Ein weiteres, seit vielen Jahren geplantes Projekt ist das Dorfgemeinschaftshaus, das neben der evangelischen Kirche entstehen soll. Die Umsetzung komme aber nur schleppend voran. Die Gründe nannte Gärtner nicht. Er betonte aber, dass dies nicht an der Gemeinde liege.
Auch interessant
Die anstehenden Investitionen, zu denen auch die Sanierung des Rathauses gehört, reißen ein großes Loch in die Gemeindekasse. Sie summieren sich auf rund 11,2 Millionen Euro - einschließlich des geplanten neuen Ortsmittelpunkts. Etwa drei Millionen Euro fließen in die Sanierung des Rathauses, für den Breitbandausbau sind rund 1,6 Millionen Euro eingeplant und die Anschaffung eines Feuerwehrfahrzeugs soll 262.000 Euro kosten. Um all das zu stemmen, muss die Gemeinde einen Kredit in Höhe von rund 5,9 Millionen Euro aufnehmen.
Zum Neujahrsempfang waren auch Gaibergs Ehrenbürger Manfred Lautenschläger und seine Frau Angelika sowie der ehemalige Feuerwehrkommandant Alexander Seltenreich gekommen. Gärtner dankte Manfred Lautenschläger, dass er Projekte in der Region finanziell unterstütze. Und am Ende des Neujahrsempfangs sang Lautenschläger neben Rathauschef Gärtner sogar das Badnerlied.
Umrahmt wurde der Neujahrsempfang von den Kindergartenkindern, der Musikschule Neckargemünd sowie von Gitarrenschülern des Gaiberger Musikvereins.



