Das Naturbad ist ein Sanierungsfall
Die Beckenfolie musste bereits mit Sandsäcken der Feuerwehr abgedichtet werden. Tausende Kubikmeter Wasser sind ausgelaufen.

Von Christoph Moll
Neckargemünd. "Fortführen der Foliensanierung im Tiefteil des Naturbeckens": Dieser Tagesordnungspunkt der zurückliegenden öffentlichen Sitzung des Gemeinderats klang nicht gerade sehr spannend oder gar spektakulär. Doch er hatte es in sich, wie sich zeigen sollte. Weil die Uhr bereits nach 23 Uhr zeigte, hatte Joachim Bergsträsser (SPD) die Vertagung des Themas beantragt. Doch Bürgermeister Frank Volk warnte: "Dann können wir das Schwimmbad nicht im Mai eröffnen." Mit dieser Warnung in den Ohren stimmte die Mehrheit für die Fortsetzung der Sitzung. Und was dann herauskam, war wirklich erschreckend und stellenweise kaum zu glauben. Das Naturbecken des Kleingemünder Terrassenfreibads ist schlicht und ergreifend ein Sanierungsfall.
Dass es nicht gerade gut um das Naturbad steht, war längst bekannt. Erst vor zwei Jahren endete ein Prozess um Planungs- und Baufehler nach rund zehn Jahren. Die Stadt und die Beklagten – Baufirmen und Planer – hatten sich vor dem Heidelberger Landgericht auf einen Vergleich geeinigt. Demnach erhält die Stadt insgesamt 320.000 Euro. In einem Gutachten waren Planungs- und Baumängel bei der fünf Millionen Euro teuren Sanierung des Bades mit Teilumbau in ein Naturbad in den Jahren 2007 und 2008 in einer Höhe von 1,1 Millionen Euro festgestellt worden. Diese sollen zu einer erhöhten Keimbelastung geführt haben, wegen derer das Naturbecken in den vergangenen Jahren immer wieder teilweise wochenlang gesperrt werden musste. Inzwischen hat die Stadt das Problem in den Griff bekommen.
Auch damals im Rechtsstreit schon ein Thema war die Folie des Naturbeckens. Wie groß das Problem wirklich ist, erläuterte Jan Seidel von der Stadtverwaltung dem Gemeinderat. "Das Schwimmbad ist in Teilen nicht besonders gelungen geplant", meinte er. Die Folie mache schon seit Jahren Probleme, weil sie sich ausdehne. Ein Stein reiche dann schon aus und die Folie reiße ein. Das Ergebnis: Das Becken wird undicht.
"Wenn das Becken vor der Saison nicht dicht ist, können wir nicht eröffnen", machte Seidel deutlich. Eigentlich müsste die Folie alle zehn Jahre komplett für rund 300.000 Euro ausgetauscht werden, was etwa 30.000 Euro pro Jahr mache. Nur eine Firma sei bereit, die Folie teilweise zu verkleben. Hierbei sei es in der Vergangenheit auch zu einem Fehler und einem Versicherungsfall gekommen. Dabei sei es um 13.000 Euro gegangen. Näher ging Seidel darauf nicht ein.
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In der vergangenen Saison sei es zu einem besonders großen Leck gekommen. Auf einer Länge von vier Metern sei die Folie aufgerissen. Der Versuch, die Folie zu kleben, scheiterte. "Wir haben Tausende Kubikmeter Wasser verloren", betonte Seidel. Es musste viel Wasser nachgefüllt werden. "Die Stadtwerke haben schon gefragt, ob sie für uns einen eigenen Brunnen bauen sollen", sagte der Fachmann. Das entstandene Loch in der Folie war sogar so groß, dass Taucher der DLRG mit Sandsäcken der Feuerwehr einen "Flutdamm" errichten mussten. So konnte eine Komplettleerung des Beckens während der Badesaison verhindert werden. Dieser Damm sei aber keine Dauerlösung, betonte Seidel. "Wir haben keine Alternative zu der Sanierung."
So sah es auch Jens Hertel (SPD). Er fürchtete, dass das versickernde Wasser nicht nur die Wiese nass mache, sondern auch Hohlräume verursachen könne. "Dann würde das Becken irgendwann Richtung Neckar schwimmen", warnte Hertel und forderte Angebote für eine Komplettsanierung des Beckens. "Ein Edelstahlbecken wäre am besten", stimmte auch Bürgermeister Frank Volk zu. Dirk Wagner (CDU) signalisierte ebenso wie Jürgen Rehberger (Freie Wähler) Zustimmung. Letzterer pochte aber auch darauf, "in einer ruhigen Stunde" Angebote für eine Komplettsanierung einzuholen. "Es ist merkwürdig, was da alles passiert", meinte Rehberger: "Wir brauchen endlich Ruhe." Auf die Frage von Steffen Wachert (Freie Wähler), ob andere erkennbar schadhafte Stellen gleich schon mitrepariert werden, antwortete Volk, dass dies "nicht ohne Not" geschehe. Nachhaltig sei nur eine grundhafte Sanierung. Auf Nachfrage von Heike Geißler (Grüne) machte Seidel deutlich, dass sich die Reparatur der Folie nur auf den Springerbereich konzentriere: "Sonst reden wir über die fünffache Auftragssumme."
Es war 23.28 Uhr, als der Gemeinderat einstimmig den Auftrag zur Fortführung der Foliensanierung an die Firma Paul & Haudek aus Balingen zum Preis von knapp 64.000 Euro vergab. Diese hatte bereits in den Jahren 2019 und 2020 die Teichfolie im Springerbereich aufgrund von Verwerfungen, Rissen und sonstigen Verschleißmängeln großflächig repariert und in Teilbereichen ausgetauscht. Es war die einzige Firma, die sich bereit erklärte, an die vorhandene Folie ihr Produkt anzuschweißen und eine Garantie abzugeben.



