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"Das Verkehrssystem stößt an seine Grenzen" - Mobilitätskonzept für den Raum Walldorf/Wiesloch schreitet voran

Staus und starker Verkehr sind auf den Straßen in der Region (wie auf unserem Bild gestern auf der L 723 bei Wiesloch) leider an der Tagesordnung. Der Mobilitätspakt Walldorf/Wiesloch soll Abhilfe schaffen. Foto: Pfeifer
Wiesloch/Walldorf. Mobilitätspakte sind nach Auffassung des baden-württembergischen Verkehrsministeriums eine innovative Möglichkeit, um die Verkehrsprobleme einer Wirtschaftsregion zu analysieren und gemeinsam Lösungsvorschläge zu entwickeln. "Gemeinsam" bedeute dabei, im Zusammenspiel der Verantwortlichen aus Wirtschaft, Verkehrsbetrieben, Kommunen und Land. So geschieht es derzeit im Bereich der Städte Wiesloch und Walldorf.
Laut Landesverkehrsminister Winfried Hermann stößt das bisherige Verkehrssystem im Raum Walldorf/Wiesloch vielfach an die Grenzen der Leistungsfähigkeit. Die hohen Belastungen im motorisierten Individualverkehr mit regelmäßigen Staus hätten negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Bevölkerung in der Region und seien mit dem Ziel einer nachhaltigen, zukunftsfähigen und klimaverträglichen Verkehrsabwicklung nicht vereinbar.
Um die Mobilität in der Region Walldorf/Wiesloch zu verbessern, wurde am 25. Oktober 2018 in Walldorf das "Zukunftsorientierte Mobilitätskonzept für den Wirtschaftsraum Walldorf/Wiesloch" unterzeichnet. Unter Leitung des Verkehrsministeriums sind das Regierungspräsidium Karlsruhe, der Rhein-Neckar-Kreis, die Städte Walldorf und Wiesloch, die IHK Rhein-Neckar, der Verkehrsverbund Rhein-Neckar, die Metropolregion Rhein-Neckar, die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg sowie die Unternehmen Heidelberger Druckmaschinen, MLP und SAP beteiligt.
Der Mobilitätspakt Walldorf-Wiesloch ist auch für Landrat Stefan Dallinger "ein gutes Beispiel dafür, wie durch die konstruktive Zusammenarbeit der beteiligten Akteure eine zukunftsorientierte Mobilitätsentwicklung eingeleitet werden kann." Die verkehrliche Belastung auf der Straße sei derzeit enorm und werde weiter steigen, auch weil die baulichen Maßnahmen in der Straßeninfrastruktur erst noch umgesetzt werden müssten und dies weitere Engpässe mit sich bringe. Daher gelte es einerseits den Umweltverbund zu stärken und alternative Mobilitätslösungen zu entwickeln. Andererseits müssten diese Mobilitätsalternativen den Nutzern auch vermittelt werden. Dies bekräftigten auch Wieslochs OB Dirk Elkemann und Walldorfs Bürgermeisterin Christiane Staab.
Laut Volkhard Malik, Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar, verfügt der Wirtschaftsraum Walldorf/Wiesloch bereits heute über ein sehr gutes ÖPNV-Angebot. In den nächsten Monaten sollen jedoch verschiedene Maßnahmenvorschläge auf ihre Umsetzbarkeit geprüft werden. Der Mobilitätspakt bilde eine hervorragende Grundlage, um teilweise auch ältere Themen wie die Verlängerung der Straßenbahnlinie von Heidelberg nach Leimen bis zum Bahnhof Wiesloch-Walldorf erneut und ergebnisoffen zu prüfen.
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Die teilnehmenden Wirtschaftsunternehmen äußern sich ebenfalls positiv: Eine zeitnahe Realisierung und Koordination der angedachten Straßenbauarbeiten rund um Walldorf ist aus ihrer Sicht für den reibungslosen Ablauf des Arbeitsbetriebs unabdingbar. Zugleich nutze man die Chancen der Digitalisierung und bestärke die Mitarbeiter, flexibel oder im Home Office zu arbeiten, um so Verkehrsspitzen zu reduzieren, so Peter Rasper, kaufmännischer Leiter der SAP SE. Der Ausbau des Radwegenetzes und des ÖPNV sei aber ebenso wichtig wie die Verbesserungen des Straßennetzes, so Rasper weiter.
Umweltfreundliche Alternativen hält auch Christian Böttger (Heidelberger Druckmaschinen) für notwendig. "Seit letztem Jahr dürfen unsere Mitarbeiter mit ihren registrierten Fahrrädern in das Werk bis zu ihrem Gebäude einfahren. Dieses Angebot wurde sehr gut angenommen." Auch MLP sieht sich in der Verantwortung. So unterstütze und fördere das Unternehmen ÖPNV-Nutzung, E-Mobilität und Fahrradnutzung aktiv, so Dr. Hans-Joachim Letzel (MLP).
Bislang wurde ein ganzes Bündel von Ideen entwickelt, von denen einige auch bereits umgesetzt werden: Sie betreffen Verbesserungen der Bus-Linien 705,707 und 721, deren Umsetzungsmöglichkeiten in den nächsten Monaten geprüft würden. Im Gespräch sei auch die vom Land geförderte Einrichtung neuer Regiobusverbindungen, etwa vom Bahnhof Wiesloch-Walldorf nach Sinsheim. Auch die Verlängerung der Straßenbahnlinie Heidelberg - Leimen bis zum Bahnhof Wiesloch/Walldorf solle erneut geprüft werden. Im betrieblichen Mobilitätsmanagement der Firmen hat sich ebenfalls einiges getan (von der Förderung von Fahrgemeinschaften über ein neues Jobticket-Konzept des VRN bis hin zu Carsharing-Angeboten). Beim Fahrradverkehr gibt es bereits Lademöglichkeiten für E-Bikes, Parkraum für Fahrräder oder Umkleidekabinen, als nächstes sollen VRNnextbike-Stationen folgen. Der Ausbau von Radverbindungen und Radschnellwegen sei geplant.
Auch verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Straßenverkehrsinfrastruktur befinden sich dem Ministerium zufolge bereits in der Umsetzung. Neben einigen Fahrbahndeckenerneuerungen (B 3 Wiesloch-Frauenweiler, B 291 Walldorf, A 5 bei St. Leon-Rot) werde an der Autobahn-Anschlussstelle Wiesloch-Rauenberg Ende des Jahres 2020 die zweite Rechtsabbiegespur zur L 723 in Fahrtrichtung Walldorf-Wiesloch gebaut. Der Zwischenausbau des Knotens B 3/L 723 werde voraussichtlich ebenfalls Ende 2020 erfolgen. Auch der sechsstreifige Ausbau der A 5 zwischen der Anschlussstelle Walldorf/Wiesloch und dem Autobahnkreuz Walldorf werde voraussichtlich im Jahr 2022 kommen.
Die Maßnahmen des Mobilitätspaktes kann die Bevölkerung online einsehen. Ab Anfang Juli wird ein Online-Portal freigeschaltet, in dem Bürger über die Maßnahmen des Mobilitätspakts informiert werden und einen Monat lang die Möglichkeit haben, selber Ideen einzubringen. Informationsblätter zu den jeweiligen Maßnahmen beschreiben das Projekt und dessen Stand. Geplant sei zusätzlich eine kartenbasierte Onlineumfrage zur eigenen Mobilität, um weitere Maßnahmen zielgenau entwickeln zu können. Das Online-Portal findet man hier: www.mobipakt-wa-wi.de (Freischaltung ab 1. Juli). Die Auswertung der Einträge erfolgt im Sommer 2019. Im September wird dann die sechste Sitzung des Arbeitskreises stattfinden.