"Am Weihnachtsmarkt werden wir festhalten"
Bürgermeister Schmutz spricht über die mögliche Energiemangellage. Schaltet Ladenburg nun nachts wieder Straßenlaternen aus?



Bürgermeister von Ladenburg
Von Katharina Schröder
Ladenburg. Der Winter kommt näher, und die Energiepreise steigen. Darauf müssen auch die Kommunen reagieren. Bürgermeister Stefan Schmutz erklärt im Interview, wie Ladenburg sich auf eine mögliche Energiemangellage vorbereitet. Im Raum steht unter anderem wieder eine nächtliche Abschaltung der Straßenbeleuchtung.
Herr Schmutz, es geht von einer Krise in die nächste. Auch in Sachen Energie sind wieder die Kommunen gefragt. Wie bereitet sich Ladenburg darauf vor?
Die Energiemangellage ist eine weitere Krise, die wir als Kommune in kurzer Abfolge bewältigen müssen. Der Vorteil ist, dass wir zwischenzeitlich krisenerprobt sind. Wir sind ja im Prinzip seit mehr als zwei Jahren in einer Ausnahmesituation – erst kam Corona, dann kam der Krieg gegen die Ukraine dazu – und jetzt die Energiekrise. Die Gewissheit, dass Unvorstellbares möglich ist, die haben wir jetzt schon ein paar Mal durchlebt. Wir gehen da jetzt sehr gefestigt ran.
Das heißt?
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Wir gehen erst einmal weniger von der Krisenbewältigung als von der Krisenvermeidung aus. Wir waren unter den ersten Kommunen, die direkt reagiert haben. Schon Anfang Juli haben wir die Außenbeleuchtung prominenter Gebäude ausgeschaltet und Kaltduschen im Freibad und in den Sportstätten initiiert. Der Gemeinderat hat vor der Sommerpause außerplanmäßige Ausgaben in Höhe von 150.000 Euro genehmigt, für Investitionen in die Verbesserung von Heizungssteuerungstechnik und die Beschaffung eines Notstromaggregats für den Fall der Fälle. Wir haben also, seit die ersten Berechnungen veröffentlicht wurden, die besagten, dass es je nach Speicherkapazität zu einer Mangellage kommt, reagiert. Und wir werden weiter versuchen, Energie einzusparen.
Das heißt, Sie fühlen sich gut vorbereitet und nicht so alleingelassen in dieser Krise, wie es bei der Corona-Pandemie der Fall war?
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir – was unsere politischen Entscheidungsebenen angeht – nur bedingt krisenfest sind. Bei Finanzierungsfragen haben uns der Bund und das Land sicher geholfen. Aber wenn es um die konkreten praktischen Fragen geht, wie die Vorgaben umgesetzt werden sollen, sind wir als Kommune weitestgehend auf uns gestellt, da hilft uns niemand. Die Vergangenheit hat uns daher bestärkt, dass es auf die Kommune und unsere Mitarbeitenden entscheidend ankommt.
Vor allem die Chemiebranche wurde als gasintensivste Branche eingestuft. Ladenburg hat einen Chemiepark. Sind Sie in Gesprächen mit den Unternehmen?
Ja, ich führe mit allen Großverbrauchern proaktiv Gespräche. Ich frage, wie sie vorbereitet sind, wie sie reagieren können und was ihnen besonders wichtig ist. Denn klar ist doch: 90 Prozent des Gasverbrauchs verursachen in Ladenburg Industrie und Gewerbe. Nur zehn Prozent entfallen auf die privaten Haushalte. Die Unternehmen bereiten sich bereits intensiv auf den anstehenden Winter vor, und das müssen sie auch. Es gibt aber auch die klare Botschaft, dass es, wenn es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, Gas einzusparen, seitens der Industrie keine Rechtssicherheit besteht. Mit anderen Worten: Die Unternehmen sind ihren Kunden gegenüber verpflichtet, zu liefern. Einsparungen erfolgen daher bislang nur aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen.
Wie sieht es mit privaten Haushalten aus?
Bei knapp 4000 Haushalten und 1700 Gasanschlüssen sind gut 50 Prozent der Haushalte in unserer Stadt im Winter auf den Gasbezug angewiesen, um ihre Wohnung zu heizen und das bei drastisch steigenden Preisen. Ich will an dieser Stelle aber betonen, dass die Strategie, alternativ auf Heizlüfter zu setzten, schwierig bis fatal ist. Weil man davon ausgehen muss, wenn alle ihre Heizlüfter anschalten, Teile des Stromnetzes überlastet werden und dieses dann abgeschaltet werden müsste. Deswegen ist es einmal mehr wichtig, zu appellieren, so viel Energie einzusparen wie irgend möglich, damit es in unserem Land gar nicht erst zu einer Mangelsituation kommt.
In städtischen Gebäuden und auch den Schulen ist eine Absenkung der Raumtemperatur im Gespräch. Provokant könnte man fragen, ist das jetzt wieder eine Krise, die Kinder ausbaden müssen. Wenn aufgrund der Pandemie noch verstärkt gelüftet werden muss, müssen die Kinder dann frieren?
Die Lage ist nicht vergnügungssteuerpflichtig. Ähnlich wie bei der Pandemie geht es um gesamtgesellschaftliche Verantwortung, wo jeder einen Beitrag leisten muss. Wir reden nicht über Frieren, wir reden über eine Einsparung von 10 bis 20 Prozent des Energieverbrauchs gegenüber dem Vorjahr. Das sind ein beziehungsweise zwei Grad. Das hat einen Effekt, bedeutet aber nicht, dass Kinder und Jugendliche bei 20 Grad in den Klassenzimmern und Einrichtungen der Kinderbetreuung frieren müssen.
Das bedeutet aber natürlich, dass zielgerichtetes Lüften einen wichtigen Stellenwert bekommt. Wir haben in allen Klassenzimmern CO₂-Ampeln, die anzeigen, wann schlechte Luft und welche Raumtemperatur vorherrscht. Die Aufgabe wird daher gezieltes Stoßlüften und keine dauerhaft gekippten Fenster sein, denn sonst wird es teuer und kalt zugleich, und das gilt es zu vermeiden.
Die Rede war zuletzt noch von weiteren Maßnahmen zum Energiesparen. Welche Vorschläge gibt es noch?
Wir werden die Raumtemperatur in öffentlichen Einrichtungen entsprechend der bundesweiten Vorgaben auf 19 Grad Celsius absenken, Flure nicht beheizen und das Rathaus zwischen den Jahren nur mit einer Rufbereitschaft ausstatten, um Energie zu sparen. Hierfür bitte ich Bürgerinnen und Bürger schon jetzt um Verständnis.
Am Weihnachtsmarkt werden wir festhalten. Aber wir werden auch hier die Weihnachtsbeleuchtung einschränken. Es wird daher nicht wie gewohnt leuchten, sondern nur in der Altstadt, und es wird auch nur einen beleuchteten Weihnachtsbaum geben. Diskutieren müssen wir noch über die Nachtabschaltung der Straßenbeleuchtung.
Das hat in Ladenburg ja eine Geschichte.
Ja, es gibt eine gewisse Tradition und Diskussionskultur. Diesmal geht es aber um Einsparungen nicht im Finanziellen, sondern Energetischen. Aber dadurch, dass wir schon auf LED umgestellt haben, das Licht in den Nachtstunden bereits leicht gedimmt wird, und uns eine gezielte Abschaltung einzelner Masten nicht möglich ist, sehe ich hier wenig Potenzial.
Wir haben lediglich die Wahl zwischen schalten wir alles ab oder gar nichts. Ich bin da aber eher zurückhaltend, was die vollständige Abschaltung anbelangt, da Aufwand und Nutzen sich für mich in einem sehr schwierigen Verhältnis befinden. Ich glaube, das macht mehr Unmut, als dass es was bringt.
Und es kommt hinzu, dass die Rechtslage vorsieht, dass jede Laterne, die nachts stundenweise abgeschaltet wird, markiert werden müsste. Da wir in der Altstadt aber keine Laternenmasten haben, da die Leuchten öfters an der Hauswand hängen, müssten wir aus Gründen der Rechtssicherheit unter jeder dieser Lampen ein Schild aufstellen und darauf hinweisen, dass sie nicht dauerhaft an ist. Damit ist, glaube ich, alles gesagt.