Hirschberg

Die Achtköpfige Flüchtlingsfamilie sucht nach einer Bleibe

Aktuell lebt Familie Ahmadi mit ihren Kindern in der Gemeinschaftsunterkunft. Sie suchen vergeblich seit fünf Jahren eine Wohnung.

25.11.2022 UPDATE: 25.11.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 33 Sekunden
Yunes, Abdulmajid, Mohammad, Yasin, Sima und Khadije Ahmadi (v.l., es fehlen Elias und Farshid) vor der Gemeinschaftsunterkunft in der Ladenburger Straße. Sie benötigen dringend mehr Raum, auch für den behinderten Jungen Farshid. Foto: Kreutzer

Von Annette Steininger

Hirschberg-Leutershausen. Als Sima Ahmadi vor fünf Jahren die Container-Anlage in Leutershausen betrat, kamen ihr die Tränen. "Ich wollte sie gar nicht erst betreten", erzählt sie. Denn eigentlich hatte die heute 41-Jährige gehofft, dass es nach der Gemeinschaftsunterkunft in Meckesheim endlich eine Wohnung für sie gäbe. Doch dem war nicht so, und die Familie aus Afghanistan, die vor sieben Jahren nach Deutschland kam und inzwischen zu acht ist, musste sich erneut mit den Gegebenheiten anfreunden.

Die Gegebenheiten sind: zwei je 45 Quadratmeter durch einen öffentlich zugänglichen Flur getrennte Wohnungen. In der einen schlafen die Eltern Sima und Abdulmajid Ahmadi mit dem schwerstbehinderten Farshid und den zwei jüngsten Kindern, in der anderen die drei ältesten. Farshid, der die Ladenburger Martinsschule besucht, hat Epilepsie, sein Tag-Nacht-Rhythmus ist gestört. Oft ist er nachts wach, gibt Geräusche von sich, sodass das Schlafen schwer fällt, wie Sima Ahmadi erzählt. In der anderen Wohnung kann auch Yasin kaum schlafen. "Es ist schwierig mit zwei Brüdern." Auch der Platz fehlt: Yasin erledigt seine Hausaufgaben im dreistöckigen Etagenbett, eine feste Unterlage fehlt.

Freunde bringen die Kinder ungern mit heim, zu unangenehm ist ihnen die Wohnsituation. Weil innen kaum Platz ist, nutzt die Familie den Flur, um Wäsche aufzuhängen und Schuhe zu lagern. Auch Farshid braucht Raum und Zeit. Liebevoll kümmern sich die Eltern um ihn, er liegt auf einem Teppich, als die RNZ zu Besuch ist. Eigentlich bräuchte er einen Patientenlifter und einen Therapiestuhl, aber hierfür fehlt der Platz. Sein Vater hebt ihn zum Duschen und fürs Bett hoch; kein leichtes Unterfangen, ist der 16-Jährige doch recht groß und entsprechend schwer. Es gibt auch eine Empfehlung seitens eines Arztes in der Uniklinik Heidelberg: "Insbesondere die Versorgung mit einem Therapiestuhl ist dringend erforderlich. Aktuell wird Farshid jedoch auf dem Boden gefüttert, gewaschen und auch Medikamente werden am Boden verabreicht. (...) Aus unserer Sicht ist die medizinische Versorgung aktuell nicht gewährleistet. Wir sprechen deshalb die dringende Notwendigkeit des baldigen Umzugs in eine größere Wohnung aus."

Doch die intensive Suche sowohl der Familie selbst als auch der Gemeinde, des Runden Tisches Asyl als auch von Integrationsmanagerin Nassim Alizadeh führten bislang nicht zum Erfolg. "Ich habe in regelmäßigen Abständen alle Wohnungsbaugesellschaften in der Region angeschrieben, immer wieder im Internet nach Wohnungen geschaut und angeschrieben. Bei den Angeboten im Internet habe ich bis auf ein Mal nie eine Rückmeldung bekommen, und bei den Wohnungsbaugesellschaften war bisher nichts zur Verfügung, oder die Personenzahl war zu groß", berichtet Alizadeh. Das Jobcenter würde als Miete bis zu 1300 Euro zahlen. "Wenn man sagt, es sind acht Personen, hört man immer wieder: Es geht nicht. Und wenn man sagt ,eine Familie aus Afghanistan’, winken einige auch gleich ab", hat Renate Rothe vom Runden Tisch Asyl, der es jetzt mit Aushängen bei Geschäften probieren will, ähnliche Erfahrungen wie die Integrationsmanagerin gemacht.

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Manchmal hätten ihre Kinder auch schon ganz traurig zu ihr gesagt, sie würden sich wünschen, Farshid wäre gesund, erzählt Sima Ahmadi. "Dann würden wir vielleicht leichter eine Wohnung finden", so ihre Hoffnung. Denn diese muss natürlich auch ein Stück weit behindertengerecht sein. Sima Ahmadi leidet sehr unter der Situation, sie hat regelmäßig Kopfschmerzen und Allergien entwickelt. Daher kann sie auch die Wäsche nicht mit der Hand waschen, was sie theoretisch auch nicht müsste, wenn denn die Waschmaschinen alle funktionieren würden, aktuell sind aber nur drei in Betrieb. "Man kann sich ja vorstellen, wie das ist, wenn hier in Hochzeiten bis zu 60 Menschen wohnen", sagt Rothe.

Sima Ahmadi fühlt sich mit ihren Sorgen oft allein, ein kleiner Lichtblick für sie ist der Deutsch-Kurs, den sie nun endlich bekommen hat. Ihr größter Wunsch wäre, eine Wohnung, am liebsten in Hirschberg oder Weinheim, gerade der Kinder wegen. Der Runde Tisch Asyl hat sich nun mit einem Hilferuf an die hiesigen Abgeordneten und den Landrat gewandt (siehe weiteren Bericht).

Info: Wer eine Wohnung oder ein Haus für Familie Ahmadi hat, meldet sich bitte bei Integrationsmanagerin Nassim Alizadeh unter Tel. 06201/ 60209624 oder per E-Mail an Nassim.Alizadeh@DRK-Mannheim.de

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