Weinheim ehrt die verstorbene Jahrhundert-Fußballerin Heidi Mohr
Vor ihrem Haus im Kurbrunnenweg - Folgt eine weitere Ehrung? - "Heidi ist immer bescheiden geblieben"

Von Günther Grosch
Weinheim. "Sobald Heidi den Ball am Fuß hatte, wurde es für die Verteidigerinnen gefährlich. Ihr Markenzeichen: Soli durch die gesamte gegnerische Abwehrreihe. Und nicht selten umkurvte sie als Krönung auch noch die Torfrau": So beschreibt Franz-Josef Schalk die Jahrhundert-Fußballerin Heidi Mohr. Schalk ist heute Ehrenvorsitzender des TuS Niederkirchen an der pfälzischen Weinstraße, den die Weinheimerin Heidi Mohr im Jahr 1993 zur Deutschen Meisterschaft führte - mit zwei Treffern beim 2:1-Sieg gegen die haushohen Favoritinnen des TSV Siegen.
Im Februar dieses Jahres war Mohr, erst 51 Jahre alt, in ihrer Heimatstadt an den Folgen einer unheilbaren Krankheit verstorben. Auf Initiative von "Multi Kulti Zirkusdirektor" Friedrich Scheurich enthüllte Oberbürgermeister Manuel Just im Andenken an die 104-fache Nationalspielerin kürzlich vor dem Wohnhaus von Heidi Mohr im Kurbrunnenweg 3 eine Gedenktafel.
Hintergrund
Heidi Mohr wurde am 29. Mai 1967 in Weinheim geboren und ist am 7. Februar 2019 in ihrer Geburtsstadt gestorben. Aufgewachsen war sie mit zwei Schwestern und vier Brüdern. Zunächst als Handballerin aktiv, entdeckte sie ihre Leidenschaft für Fußball, als ihre
Heidi Mohr wurde am 29. Mai 1967 in Weinheim geboren und ist am 7. Februar 2019 in ihrer Geburtsstadt gestorben. Aufgewachsen war sie mit zwei Schwestern und vier Brüdern. Zunächst als Handballerin aktiv, entdeckte sie ihre Leidenschaft für Fußball, als ihre Eltern sie beim SV Unterflockenbach anmeldeten. Ein Jahr später wurde das nur 1,67 Meter große Talent Mittelstürmerin und Torjägerin beim SV Laudenbach.
Als 18-Jährige wurde sie vom damaligen Frauen-Bundestrainer, Gero Bisanz, im Rahmen eines Testspiels der Nationalmannschaft gegen eine Badische Auswahl entdeckt. Es war der Beginn einer beispiellosen Karriere, die nie von einer Gelben oder Roten Karte getrübt wurde. (keke)
Zahlreiche private Sponsoren hatten die Anfertigung und Erstellung der Gedenktafel ermöglicht. Auch Stadtführer Franz Piva und Weinheims singender Erster Bürgermeister Torsten Fetzner hatten bei musikalischen Streifzügen durch die Stadt ihr ersungenes Scherflein dazu beigetragen.
"Wer die Mohr hat, hat die Tor", titelte seinerzeit die Tageszeitung "taz" grammatikalisch zwar nicht ganz richtig, aber zutreffend in einem Artikel über die "Frau mit dem sensationellsten Torquotienten seit ,Bomber‘ Gerd Müller". Alleine 83 Tore im schwarz-weißen Nationaltrikot schlugen am Ende ihrer Karriere 1996 für die Fließband-Torschützin aus der Zweiburgenstadt zu Buche.
Dreimal Europameisterin, einmal Vize-Weltmeisterin, Deutsche Meisterin und Supercup-Gewinnerin in der 1990 gegründeten Bundesliga der Frauen, Pokalsiegerin mit dem FFC Frankfurt, von 1991 bis 1995 fünfmal in Folge Torschützenkönigin und als Krönung "Europas Fußballerin des Jahrhunderts" sowie "Mitglied in der Hall of Fame des Deutschen Frauenfußballs": Das alles listet die Gedenktafel auf. Hinzu kommen die Auszeichnung mit dem Silbernen Lorbeerblatt und der dritte Platz bei der Wahl zur Weltfußballerin.
"Dabei ist Heidi immer bescheiden und bodenständig geblieben", sagt Mutter Frieda, die im Kurbrunnenweg des Weinheimer "Stahlbadviertels" alle nur "Fried" nennen. Abgehoben sei Heidi Mohr nie gewesen, bestätigt Franz-Josef Schalk, der die Instinktfußballerin während der meisten Zeit ihrer Laufbahn beim TuS Niederkirchen begleitet hat. Anstehende Vertragsverlängerungen wurden meist innerhalb von nur zehn Minuten erledigt: "In meinem Wohnzimmer". Mohr selbst hatte einmal geäußert, sie sei ziemlich heimatverbunden. Sonst hätte sie sicherlich auch einmal ein Angebot von ausländischen Erstliga-Vereinen angenommen.
Dass möglicherweise eine neue "weibliche Fußballergeneration Mohr" heranwächst, beweisen Frieda Mohrs Enkel, die Zwillinge Lara und Lea, die während der Zeremonie in der Hofeinfahrt des idyllisch gelegenen Hauses mit ihrem Papa kickten. Gleichfalls mit Feuereifer am Ball sind auch die beiden anderen Mohr-Enkel, Felix und Elias. "Und wenn ab und zu einmal eine chinesische Besuchergruppe vorbeikommt, fragen sie immer nach der ’Residenz von Heidi Mohr’", erzählt Frieda Mohr voller Stolz.
Als Heidi Mohr erstmals als Europameisterin nach Weinheim zurückkehrte, sei er selbst gerade einmal elf Jahre alt gewesen, sagte OB Manuel Just. Namen wie Silvia Neid oder Gero Bisanz seien ihm bis heute geläufig. Dass er an diesem Tag die Gedenktafel enthüllen dürfe, bedeute ihm eine große Ehre, so Just.

Aber dass dieses Gedenken nur posthum stattfinde, bedauere er sehr, so Just. "Irgendwie und irgendwo" werde man mit Sicherheit noch eine Gelegenheit finden, eventuell auch eine Straße, einen Platz oder eine Sporthalle nach der "Arbeiterin auf dem Rasen mit dem Herz auf der Zunge und dem Ball am Fuß" zu benennen. Auch damit soll die städtische Wertschätzung für das Arbeiterkind - Heidi war beruflich als Lageristin beschäftigt - als bleibendes Andenken für eine der Wegbereiterinnen des deutschen Frauenfußballs zum Ausdruck gebracht werden.
Trotz ihres Ruhms sei Heidi Mohr "eine von uns" geblieben, beschrieb Stella Kirgiane-Efremidou für den Verein "Pro West" das "Kurbrunnen-Mädel". Und verhehlte auch eine gewisse Enttäuschung nicht: "Wäre Heidi Mohr, die als Botschafterin den Namen Weinheims über die Grenzen der Stadt hinausgetragen hat, ein Mann gewesen, hätte sie eine andere Ehrung erfahren." Auch aus diesem Grund hofft man nicht nur im "Stahlbadviertel" demnächst auf einen "noch größeren Schritt" von Seiten der Stadt. Geradezu anbieten würde sich die derzeit im Bau befindliche neue Sporthalle innerhalb des Weststadt-Schulzentrums.