Schriesheim

"Deutscher Hof" ist nach Großbrand einsturzgefährdet

Das Gebäude ist derzeit unbewohnbar. Einer ersten Schätzung zufolge könnte der Schaden an der ehemaligen Gaststätte bis zu eine Million Euro betragen.

26.10.2025 UPDATE: 27.10.2025 11:24 Uhr 3 Minuten, 18 Sekunden
Foto: PR-Video

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Am frühen Sonntagabend hat ein Großbrand ein historisches Wirtshaus am Rande der Schriesheimer Altstadt zerstört. Die Polizei gab am Montag den Sachschaden mit bis zu einer Million Euro an. Menschen kamen nicht zu Schaden. Die zwei Bewohner konnten sich in Sicherheit bringen.

Eine ihrer Katzen wurde gerettet, rannte aber gleich davon; die zweite wird immer noch vermisst. Das knapp 200 Jahre alte Gebäude, das bis vor etwa einem Jahr das Gasthaus "Deutscher Hof" beherbergte, ist einsturzgefährdet und nicht bewohnbar. Wie es mit dem Gebäude weitergeht, konnte sein Besitzer nicht sagen: Erst würden Brandsachverständige eingeschaltet, dann werde man weitersehen. Die Brandursache ist also weiterhin unklar.

Der „Deutsche Hof“ (M.) auf einer Postkarte von 1899. Foto: zg
Hintergrund

> Der "Deutsche Hof" ist in die Liste der Kulturdenkmale eingetragen. Das Gebäude wurde 1838 erbaut und von Anfang an als Gasthaus genutzt. Damals lag die damalige Hauptstraße (heute Heidelberger Straße) direkt an dem alten Handelsweg von Heidelberg nach Frankfurt. In der

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> Der "Deutsche Hof" ist in die Liste der Kulturdenkmale eingetragen. Das Gebäude wurde 1838 erbaut und von Anfang an als Gasthaus genutzt. Damals lag die damalige Hauptstraße (heute Heidelberger Straße) direkt an dem alten Handelsweg von Heidelberg nach Frankfurt. In der Denkmalliste heißt es: "Das Gebäude ist zeittypisch für den Ausbau der Hauptstraße zu Beginn der Biedermeierzeit und dokumentiert als altes Wirtshaus die Bedeutung Schriesheims als Etappenort an der Bergstraße." Im Saal des Gasthauses wurde 1919 das erste Kino Schriesheims, das "Astoria" eingerichtet.

Allerdings liegen die goldenen Jahre des Lokals schon etwas zurück. Wirtin Marianne Holzmann, die 1995 mit ihrem Sohn Andreas eingestiegen war, sah sich in der Tradition eines Arbeiterlokals – hier durfte noch lange geraucht werden – und war für ihre Hähnchen bekannt; der "Deutsche Hof" war auch ein wichtiger Ort für Vereinsversammlungen. Seit gut einem Jahr hat er geschlossen, es gab wohl Probleme mit der Konzession, nachdem Marianne Holzmann ins Altersheim gekommen war. Seitdem fragte die RNZ öfter bei Andreas Holzmann nach, ob er eine Wiedereröffnung plane, erhielt aber keine konkrete Auskunft. Das hat sich nun nach dem Großbrand wohl erledigt. hö

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Das Feuer, das am Sonntag kurz vor 17.30 Uhr im ersten Stockwerk ausgebrochen war, sah auch für Laien beeindruckend aus: Aus allen Fenstern schlugen Flammen. Der Schriesheimer Wehr war sofort klar, dass sie auf Hilfe aus der Nachbarschaft angewiesen sein würde: Man brauchte angesichts des Großfeuers jede Menge Atemschutztrupps und mindestens noch eine weitere Drehleiter. Denn für die Feuerwehrleute wäre es zu gefährlich gewesen, von innen zu löschen. Vor allem weil sich die Strohmattendecke mit Löschwasser vollgesogen hatte und einzustürzen drohte.

Also konnte man nur von der Drehleiter aus löschen: Dazu wurden die Fensterscheiben eingeschlagen und die Dachziegel abgedeckt. Unterdessen hatten die Flammen bereits das Dach erreicht. Deswegen bestand in der dicht bebauten Altstadt die Gefahr, dass das Feuer auf Nachbargebäude übergreifen könnte. Das wurde erfolgreich verhindert. Und so waren schließlich drei Drehleitern vor Ort: "Einer der größten Einsätze der letzten Jahre in Schriesheim", bilanzierte Feuerwehrkommandant Oliver Scherer.

Am Ende waren weit über 200 Einsatzkräfte von Feuerwehr, THW, Rettungsdiensten und Polizei vor Ort; allein die Wehren aus Schriesheim, Dossenheim, Edingen-Neckarhausen, Heddesheim, Hirschberg, Ilvesheim und Ladenburg kamen auf fast 170 Mann und 32 Fahrzeuge. Die Löscharbeiten beschrieb Kommandant Scherer als "sehr schwierig, aufwändig und personalintensiv".

Vor allem dauerten sie lange: Erst knapp drei Stunden nach dem Alarm war gegen 20.20 Uhr der Brand unter Kontrolle, "Feuer aus" hieß es erst um 22.56 Uhr. Inklusive Brandwache dauerte es bis um 6 Uhr am Montagmorgen, bis nach geschlagenen zwölfeinhalb Stunden die Feuerwehren den Einsatz beenden konnten.

Er hätte möglicherweise noch länger gedauert, hätte Scherer nicht beim ASB Mannheim eine Drohne mit einer Wärmebildkamera angefordert: Diese entdeckte noch einige versteckte Brandherde, über die dann ein Teppich aus Löschschaum gelegt wurde. Auch bei den Nachlöscharbeiten wurden immer wieder neue Glutnester entdeckt. Während des Einsatzes erlitt ein Feuerwehrmann einen Schwächeanfall, aber nach ambulanter Behandlung ging er gleich wieder zurück zum Einsatz.

Der Großbrand ist seit Sonntagabend Stadtgespräch in Schriesheim. Einerseits beklagten etliche den Verlust eines weiteren Gasthauses in der Innenstadt – hier schlossen die letzten innerhalb von nur sechs Wochen. Andererseits löste die Straßensperrung in der Heidelberger Straße ein Verkehrschaos aus. Denn seit dem frühen Montagmorgen hatte der städtische Bauhof die Unglücksstelle mit einem Bauzaun abgesperrt, die Straße war also dicht.

Doch bis Redaktionsschluss fehlte ein entsprechendes Hinweisschild für die Autofahrer: Der Bauhof hatte keins auf die Schnelle zur Hand, und die Verkehrsbehörde des Rhein-Neckar-Kreises musste auch erst eine verkehrsrechtliche Anordnung über die Straßensperrung erlassen – erst dann durfte das Rathaus ein Schild in Auftrag geben. Die Folge: Die Autos strandeten direkt vor dem Bauzaun und mussten mühsam wenden.

Update: Montag, 27. Oktober 2025, 18.54 Uhr


Großbrand im "Deutschen Hof"

Teile der ehemaligen Gaststätte sind nach dem Brand einsturzgefährdet.

Schriesheim. (hö) Das war einer der schwersten Brände in der Altstadt seit Langem: Auch nach drei Stunden war das Feuer in der ehemaligen Gaststätte "Deutscher Hof" immer noch nicht gelöscht; die Arbeiten dauerten bis Redaktionsschluss noch an. Es gab immerhin keine Verletzten.

Die zwei Bewohner des Hauses, die ehemaligen Pächter, konnten sich vorher ins Freie retten und wurden vom Notarzt untersucht. Schließlich wurde auch noch deren Katze gerettet. Noch steht nicht fest, ob die Hausbewohner eine Notunterkunft benötigen oder ob sie anderweitig unterkommen.

Die Schriesheimer Feuerwehr war am Sonntag um 17.31 Uhr alarmiert worden. Am Ende waren drei Drehleitern aus Schriesheim, Ladenburg und Edingen-Neckarhausen im Einsatz, denn es war zu gefährlich, in das brennende Gebäude zu gehen – auch weil sich die alten Stroh-Lehm-Decken mit Löschwasser vollgesogen hatten und daher einsturzgefährdet waren.

"Wir sind noch nicht tief hineingegangen", so Kommandant Oliver Scherer, "wir können dem Boden nicht trauen." Zumindest scheint sich der Schaden auf die Wohnung in der ersten Etage zu konzentrieren. Hier brach aus vermutlich ungeklärter Ursache der Brand aus.

Insgesamt waren über 150 Einsatzkräfte im Einsatz – deswegen so viele, weil mehrere Trupps unter Atemschutz bereitstehen mussten, um ins Haus gehen zu können. Doch zu diesem Zeitpunkt war es noch nicht so weit: Es brannte weiter lichterloh im ersten Stock. Die Schriesheimer Wehr schlug von der Drehleiter aus mit einem Widerhaken die Fenster ein und löschte. Inzwischen hatten sie auch etliche Dachziegel herausgelöst, um von ganz oben an die Flammen zu kommen.

Auch Bürgermeister Christoph Oeldorf war vor Ort, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Er zeigte sich vom Brandgeschehen sehr beeindruckt: "Das habe ich selten gesehen, dass die Flammen aus allen Fenstern schlagen." Für die Wehren hatte er nur großes Lob: "Deren Arbeit lief wie ein gut geöltes Uhrwerk ab."

Ort des Geschehens

Update: Sonntag, 26. Oktober 2025, 21.21 Uhr