Tiefgarage wird zum Kunst-Ort

Von Sabine Geschwill

Eppelheim. Um Kunst in Augenschein nehmen zu können, braucht es nicht unbedingt den Gang ins Museum. In Eppelheim geht das auch in der Tiefgarage der Rudolf-Wild-Halle. Verschiedene Graffiti-Kunstwerke laden dort seit vergangenem Jahr zum Kunstspaziergang ein. Der Graffitikünstler Askin Yilmaz hat es sich auf Anregung von Bürgermeisterin Patricia Rebmann zur Aufgabe gemacht, die tristen und teilweise mit Schriftzügen verschmierten Betonwände mit farbenfrohen Motiven zu verschönern.

Es ist nach der Aufwertung eines Stromverteilerhäuschens in der Heinrich-Schwegler-Straße und eines weiteren am interkulturellen Gemeinschaftsgarten in direkter Nachbarschaft zur Wild-Halle nicht sein erstes Graffiti-Projekt, das er im Auftrag der Stadt in Angriff genommen hat – aber das bislang größte und arbeitsintensivste. "Der Auftrag ist cool und ich bin ziemlich stolz, dass ich das machen darf", erklärt er.

Die Tiefgaragenwände wurden in der Vergangenheit verschiedentlich durch Schmierereien verunstaltet. Diesem Vandalismus und der unschönen Optik soll mit ansprechend gestalteten Blickfängen entgegengewirkt werden. "Motive von Graffitikünstlern werden in der Regel nicht übermalt oder verunstaltet – da gibt es einen Ehrenkodex", weiß Yilmaz.

Im Juli vergangenen Jahres legte er los. Immer dann, wenn er Zeit hat, nimmt er sich die nächste Wandfläche vor und gestaltet mit der Spraydose neue Blickfänge. Seit 1989 ist Yilmaz hobbymäßig als Graffitikünstler aktiv und hat bisher unter seinem Künstlernamen "Askin ROB" rund 500 Kunstwerke geschaffen. Landschaften und Zeichentrickfiguren gehören zu seinen Lieblingsmotiven. Beigebracht hat sich der heute 49-Jährige die Graffitikunst selbst nach dem Prinzip "Learning by doing".

In der Tiefgarage kann der Servicemitarbeiter des Nußlocher Unternehmens Leica Biosystems sein Hobby ausleben. In wenigen Stunden lässt er auf einer Fläche mit viel Geschick und Kreativität Kunst entstehen. Die Motive werden von ihm frei Hand und mit gutem Augenmaß auf die Wände gesprüht.

Zu den ersten Kunstwerken aus der Spraydose, die in den vergangenen Monaten entstanden sind, gehören das Wappen Eppelheims und seiner Partnerstädte Wilthen, Dammarie-lés-Lys, Vertésacsa und Montebelluna, der Wasserturm als Wahrzeichen der Stadt sowie ein Auszug aus dem Lorscher Codex, der auf die erste urkundliche Erwähnung Eppelheims im Jahr 770 hinweist. Weil früher der Beruf des Maurers in Eppelheim oft vertreten war, verewigte Yilmaz auf einer Wand das Zunftzeichen der Maurer: ein Zirkel mit Hammer und Kelle in einem Zeichendreieck. Ein Hasenmotiv, das den Spitznamen "Stallhasen" der Eppelheimer Einwohnerschaft aufgreift, durfte nicht fehlen.

Der Namensgeber und Spender der über der Tiefgarage erbauten Kultur- und Sporthalle, Rudolf Wild, wurde mit einem Porträtbild nebst Ehrungen auf einer Wandfläche verewigt. Neben dem 1995 verstorbenen Unternehmer, Ehrenbürger und Gründer der Eppelheimer Wild-Werke findet man das Porträt seiner 2005 verstorbenen Gattin Leonie, die ebenfalls eine verdienstvolle Ehrenbürgerin der Stadt war. Um die Wandfläche mit "Wild-Themen" zu komplettieren, wurden von Yilmaz die Rudolf-Wild-Halle, die Rudolf-Wild-Werke und das bekannteste Produkt aus dem Hause der Unternehmerfamilie Wild, das Erfrischungsgetränk "Capri Sun", mit der Spraydose auf die Wandfläche gesprüht.

Die verschiedenen Motive mit Bezug zu Eppelheim hat sich Askin Yilmaz selbst überlegt. Die Skizzen für seine Motivideen fertigt er zu Hause. Ideen zur Gestaltung der Tiefgaragenflächen gehen ihm nicht aus. Er möchte noch den Eppelheimer "Blaulicht-Organisationen" Polizei, Freiwillige Feuerwehr und Deutsches Rotes Kreuz jeweils eine Wand widmen und berühmte Zitate auf den Flächen verewigen. Zwei Wandelemente möchte er für eigene Kreationen nutzen.

Die Stadt trägt die Kosten zur Vorbereitung der Wände und zahlt die Auslagen für die Spraydosen. Arbeitszeit und Kunstfertigkeit stellt Yilmaz der Stadt kostenfrei zur Verfügung. Ziel ist es, nach Möglichkeit alle Wandflächen der Tiefgarage mit Graffitikunst zu verschönern.