Etablierte Hoteliers wollen Neubau am Weinheimer Bahnhof verhindern
Sie werfen der Stadt vor, problematische Zahlen zu verbreiten

Von Philipp Weber
Weinheim. Ein neues Hotel mit 100 oder gar 125 Zimmern? Das wäre zu viel für Weinheim. Dies jedenfalls ist die feste Überzeugung der drei Hoteliers Charly Ofenloch, Wolfgang Grinberger und Udo Stark. Die Chefs der Hotels Tafelspitz, Ottheinrich und Goldener Pflug haben sich am gestrigen Dienstag im NH-Hotel versammelt. Gastgeber ist Jörn Weißberg, General Manager dieses Hotels. Auch er hofft, dass sich die Stadträte die Inhalte von Tagesordnungspunkt vier der heutigen Gemeinderatssitzung noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Der Hotel- und Gaststättenverband "Dehoga" steht an seiner Seite.
In der Beschlussvorlage wirbt die Verwaltung für das Konzept eines Investors, der auf dem heutigen Freudenberg-Parkplatz unterhalb der Mannheimer Straße ein Hotel mit 100 Zimmern plant. Unter der Rubrik Alternativen führt die Verwaltung die Ideen eines weiteren Investors, der einen Bau mit 125 Zimmern vor Augen hat. Beide Konzepte sehen Tagungsräume, einen Fitnessbereich sowie Gastronomie vor.
Aus der Vorlage geht zudem hervor, dass beide Investoren mit je einem potenziellen Hotelbetreiber in Kontakt stehen. Es liege je ein "Letter of Intent" vor. Das ist eine unverbindliche Absichtserklärung. Die Verwaltung verspricht unter anderem, dass alle öffentlichen Parkplätze an der Mannheimer Straße erhalten bleiben. Außerdem mindere der "Hotelriegel" die Lärmbelastung der benachbarten Anlieger. OB Manuel Just sieht zudem den Bedarf für ein neues Hotel.
Er stützt sich dabei auf ein Gutachten, das der Gemeinderat 2017 in Auftrag gegeben hatte. Die Gutachter haben "anhand eines Prognosemodells ein zusätzliches Potenzial von 30.000 Übernachtungen pro Jahr in Weinheim" ermittelt. Daraus lasse sich ein Bedarf von rund 150 bis 170 Hotelbetten ableiten, jedenfalls "rein rechnerisch". Dies entspreche in etwa dem Konzept, das die Verwaltung favorisiert. Zumal in den letzten Jahren 344 Hotelbetten vom Markt verschwunden seien, wie es in der Vorlage heißt. Die Hoteliers Ofenloch, Grinberger und Stark haben für diese Zahlen ebenso wenig Verständnis wie Hotelchef Weißenberg. Sie kommen auf rund 170 weggefallene Betten.
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Ofenloch hat zudem Kontakt zum Inhaber des G.U.P.S.-Hotels. Dieses ist zwar noch bis 2025 an den Rhein-Neckar-Kreis vermietet, könnte nach dem Auszug der letzten Geflüchteten aber auf den Markt zurückkehren. Zumindest schließe er dies nicht kategorisch aus, erklärte der Inhaber und frühere Hotelbetreiber der RNZ gestern. Er selbst werde einen etwaigen Hotelbetrieb aber nicht übernehmen.
Am allerwenigsten leuchtet den etablierten Hoteliers jedoch ein, woher die 30.000 zusätzlichen Übernachtungen im Jahr kommen sollen. "Der Kuchen wird nicht größer", sind sie sich einig. Diese Entwicklung manifestiere sich ganz konkret in den Betriebszahlen und habe ihre Ursache keineswegs allein in der abflachenden Konjunktur, wie Grinberger betont: "Verglichen mit dem Vorjahr verzeichnen die vorhandenen Hotels bei der Zimmer-Auslastung ein Minus von im Schnitt fünf Prozent." Durch neue Hotelansiedlungen in Viernheim und Mannheim werde der Kuchen sogar kleiner. "Wenn hier ein Hotel mit 100 Zimmern dazukommt, hätten wir bei einer Auslastung von 60 Prozent rund 22.000 zusätzliche Zimmervermietungen im Jahr", so Grinberger: "Da können wir zusperren."
Udo Stark sieht neben geschäftlichen aber auch atmosphärische Verluste auf Weinheim zukommen: "Gerade die kleineren Hotels sind für die Innenstadt stilprägend." Hotelmanager Weißenberg wiederum ärgert sich, weil Gerüchte um ein baldiges Pachtende im NH-Hotel die Runde gemacht haben. Fakt sei: Der Vertrag laufe bis 2030, erst in den letzten Jahren habe man rund zweieinhalb Millionen Euro ins Gebäude investiert. Zwar lägen weitere Investitionen angesichts der aktuellen Situation auf Eis, von einem Ende des Betriebs könne aber keine Rede sein.
Zum Thema "Firmentagungen" – angeblich fehlende Tagungskapazitäten sind ein zentrales Argument von Verwaltung und lokaler Industrie – hat er Interessantes beizutragen. Sein Haus kann dank 14 Konferenzsälen Tagungen mit bis zu 360 Teilnehmern beherbergen. Doch nur die allerwenigsten erreichen diese Größe. Zumal die meisten gar nicht von Weinheimer Unternehmen gebucht, sondern über die NH-Zentrale vergeben werden. Auch er sieht keine neuen Gäste-Ströme, weder im Geschäfts-, noch im Touri-Bereich.
Für Ofenloch hat die derzeitige Lage sogar familiäre Konsequenzen: Er habe Nachfolgeregelungen für seine Kinder erarbeitet. "Die würden das Hotel weiterführen. Doch jetzt überlegen sie, andere Perspektiven ins Auge zu fassen."