Walldorf

In Zukunft Fotovoltaik auf jedem zweiten Dach?

Der Gemeinderat Walldorf verabschiedet einstimmig den Grundsatzbeschluss für die Klimaoffensive. Eine neue Solarstrategie soll bis Ende Juni stehen.

23.03.2022 UPDATE: 24.03.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 56 Sekunden
In Zukunft soll möglichst viel Strom direkt auf Walldorfer Gemarkung erzeugt werden, vor allem durch Fotovoltaik. Die Stadt will deshalb den Ausbau der erneuerbaren Energie in Zukunft stärker fördern. Foto: Jan A. Pfeifer

Von Timo Teufert

Walldorf. Die Stadt Walldorf will den Ausbau erneuerbarer Energien auf der eigenen Gemarkung zügig vorantreiben. Dieser Ausbau ist wichtiger Bestandteil der geplanten Klimaoffensive, über die der Gemeinderat in einer Klausursitzung am 19. Februar hinter verschlossenen Türen beraten hat. Am Dienstagabend wurde einstimmig der Grundsatzbeschluss gefasst. Demnach soll noch in diesem Jahr ein klimapolitisches Leitbild verabschiedet, eine Solarstrategie entwickelt und ein kommunaler Wärmeplan erarbeitet werden.

Bereits bis Ende Juni soll die Verwaltung eine Solarstrategie vorlegen, am kommenden Dienstag soll im Ausschuss für Technik, Umwelt, Planung und Verkehr ein städtisches Förderprogramm für Fotovoltaik vorberaten werden. Ziel des Programms: eine möglichst hohe Stromerzeugung auf Walldorfer Gemarkung. Mit einbezogen werden sollen alle Akteure, alle Arten von Anlagentypen und verschiedene Betreibermodelle. Es soll ein unabhängiges und ausführliches Beratungsangebot geschaffen werden, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Zudem "soll eine Potenzialanalyse erstellt werden, um den Fotovoltaik-Ausbau gezielt voranzubringen". Dafür stehen zwei Millionen Euro im Haushalt bereit.

Der Beschluss über die Erstellung eines kommunalen Wärmeplans soll ebenfalls in der Sitzung am nächsten Dienstag fallen. Für die Planung soll geprüft werden, ob eine Zusammenarbeit mit Nachbarkommunen in Frage kommt. "Der Schwerpunkt wird im Bestand gesehen und es muss die Frage der Zukunft des Mediums Gas und anderer Träger beantwortet werden", heißt es in der Vorlage. Bis Ende September soll zudem die Verwaltung einen Entwurf für ein klimapolitisches Leitbild erstellen, dass dann unter breiter Beteiligung der Öffentlichkeit diskutiert und noch in diesem Jahr beschlossen werden soll.

"In der Tat ist es höchste Zeit für das Anlaufen unserer Klimaschutzoffensive", sagte Mathias Pütz (CDU). Neben der CO2-Vermeidung müssten nun verstärkt auch geopolitische Entwicklungen bei der Energie- und Wärmewende berücksichtigt werden. "Richtig ist, dass wir nicht nur vor enormen Veränderungen unserer Versorgungssituation stehen, sondern auch, dass wir ehrlicherweise kurz- und mittelfristig nur die Wahl haben, die eine Abhängigkeit im Energiesektor durch eine andere zu ersetzen", sagte Pütz in Hinblick auf die Solarpaneele aus chinesischer Produktion. Die CDU bekenne sich zu einem deutlich ausgeweiteten finanziellen und organisatorischen Engagement der Stadt bei der Ertüchtigung des Gebäude-Altbestandes. Bei der Wärmeplanung sehe man eine Notwendigkeit der Geothermie-Erkundung, stehe aber vor planerischen Unsicherheiten und vagen Prognosen zur Umsetzbarkeit im Bestand.

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"Wir brauchen ein klimapolitisches Leitbild, in dem klare Ziele für uns in Walldorf formuliert werden und für deren Umsetzung wir uns selbst verbindliche Fristen setzen", erklärte Andrea Schröder-Ritzrau (SPD). Man müsse lokale Absenkpfade für das klimaschädliche CO2 definieren. Einsparungen werde man nicht erreichen, weil der Hunger nach Energie ein Teil der DNA des Wohlstands geworden sei. Deshalb müsse grüne Energie produziert werden, die dem Klima nicht schade. "Für Fotovoltaik muss deshalb ein Umsetzungskonzept erarbeitet werden, wir müssen von knapp neun Prozent auf unseren Dächern auf mindestens 50 Prozent und mehr kommen", so Schröder-Ritzrau. Aber auch die Nutzung von Freiflächen müsse Chefsache werden. Bei der Wärmeplanung müsse man sich die Frage nach der Zukunft von Gas als Energieträger stellen. "Als Geologin sage ich, auch Geothermie sollte ergebnisoffen und wohlwollend weiter verfolgt werden, denn Geothermie hat mit Abstand das größte Energiepotenzial innerhalb der erneuerbaren Energien, die man für Wärme nutzen kann."

Manfred Wolf (Grüne) sprach von einer klimapolitischen Zäsur für Walldorf. Er wies aber auch darauf hin, dass seine Fraktion es im letzten Jahr nicht geschafft habe, das Wort Klima in das städtische Leitbild aufnehmen zu lassen. Dies werde nun aber korrigiert. Er forderte für das Konzept klare Sprache und eindeutige Ziele. Die Grünen hatten bereits in den Haushalt 2021 eine Million Euro für die Solaroffensive eingebracht, die allerdings im ersten Jahr nicht richtig ins Laufen kam. "Nun wollen wir gemeinsam eine Solarförderung entwickeln, die es für Gebäudebesitzer, aber möglichst auch für Mieter ermöglicht, in einem deutlich kürzen Zeitraum eine Amortisation darzustellen", so Wolf. Er dankte Renschler und der Verwaltung für das konsequente Unterstützen und Vorantreiben des Solar-Themas.

"Im Leitbild müssen Ziele festgelegt werden, die die Bevölkerung in hohem Maße mit einbeziehen und stets den Erfordernissen der Zeit angepasst ist", sagte Günter Lukey (FDP). Ziel müsse sein, den Ausbau der Fotovoltaik exponentiell voranzutreiben, um die neuen Landesvorgaben einhalten zu können. Beim Ausbau sollten vorzugsweise nur Flächen berücksichtigt werden, die bereits bebaut sind oder brach liegen. "Acker- und Grünlandflächen müssen der Nahrungsmittelproduktion vorbehalten bleiben", betonte Lukey. Für eine erfolgreiche Wärmewende sei es essenziell, den Wärmeverbrauch durch energetische Sanierung und effiziente Wärmebereitstellung drastisch zu reduzieren. "Für die weitere Dekarbonisierung sind lokale Lösungen erforderlich", sagte Lukey und forderte, die Walldorfer Förderprogramme den gestiegenen Baupreisen anzupassen.

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